| # taz.de -- Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Größter Lohnverlust seit 14… | |
| > Die Reallöhne der Beschäftigten sind 2022 um durchschnittlich 4 Prozent | |
| > gesunken. Die Lohnsteigerungen machten die Inflation nicht wett. | |
| Bild: Einkaufen? Das wurde im vergangenen Jahr merkbar teurer | |
| Berlin taz | Viele Arbeitnehmer:innen haben im vergangenen Jahr | |
| Kaufkraft eingebüßt. Die [1][Reallöhne sanken 2022] um durchschnittlich 4 | |
| Prozent gegenüber dem Vorjahr, [2][berichtete das Statistische Bundesamt | |
| (Destatis) am Donnerstag]. Das war der stärkste Lohnverlust seit 2008. | |
| Trotz vergleichsweise hoher Gehaltsforderungen und etlicher [3][Streiks] | |
| ist es den Gewerkschaften bisher nicht gelungen, den Preisanstieg zu | |
| kompensieren. | |
| 2022 betrug die Inflationsrate 6,9 Prozent. Die Löhne wuchsen dagegen nur | |
| um knapp 3 Prozent. Die Differenz machte den Verlust der Beschäftigten von | |
| 4 Prozent aus. Diese Tendenz war freilich schon früher zu sehen, nun kommt | |
| aber noch eine Revision des Berechnungsverfahrens bei Destatis hinzu. | |
| Deshalb fällt das Minus für die Arbeitnehmer:innen jetzt etwas höher | |
| aus als bisher berichtet. Eine Ursache liegt darin, dass im neuen Verfahren | |
| nun beispielsweise auch die Lohnzahlungen in sehr kleinen Betrieben und die | |
| Verdienste aus Altersteilzeit einbezogen werden. | |
| In diesem Jahr könnte das Bild jedoch etwas freundlicher ausfallen. [4][Die | |
| Inflation geht mittlerweile zurück]. Die Bundesregierung rechnet mit 5,9 | |
| Prozent 2023 und 2,7 Prozent 2024. Währenddessen haben die Gewerkschaft | |
| Verdi und der Deutsche Beamtenbund gerade eine Gehaltssteigerung von | |
| durchschnittlich 11 Prozent im öffentlichen Dienst durchgesetzt. | |
| Der Bahngewerkschaft EVG reicht ein Angebot der Bahn AG über 8 bis 10 | |
| Prozent Lohnsteigerung nicht aus, weshalb sie mit weiteren Streiks droht. | |
| So ist es nicht auszuschließen, dass die jetzt verhandelten | |
| Verdienstzuwächse die Inflationsraten der kommenden Jahre übersteigen, | |
| wodurch viele Beschäftigten ihre Verluste teilweise wettmachen könnten. | |
| Dabei ist der Reallohnverlust 2022 ein Durchschnittswert, von dem nicht | |
| alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen betroffen sind. So geben Wohlhabende | |
| und Reiche einen kleineren Teil ihrer Einkommen für den notwendigen Konsum | |
| aus als Menschen mit niedrigen Verdiensten. | |
| Die starken Preisanstiege für bestimmte Lebensmittel, Heizenergie und | |
| Benzin schlagen bei Niedrigverdienern mehr zu Buche, ebenso beispielsweise | |
| bei Pendler:innen, die alte Autos fahren. Umgekehrt können Leute, die | |
| Einnahmen aus Kapital, etwa Immobilien, generieren, besser davonkommen als | |
| Erwerbstätige, die ausschließlich auf ihren Lohn angewiesen sind. | |
| Und wo geht das Geld hin, das die Arbeitnehmer:innen für höhere Preise | |
| ausgeben mussten? Zum guten Teil an die Unternehmen und deren | |
| Eigentümer:innen. Handelt es sich also um ungerechte Umverteilung? Oft | |
| nicht, denn die Firmen mussten ja auch höhere Preise für den Einkauf ihrer | |
| Produkte oder Vorprodukte entrichten. | |
| In manchen Fällen allerdings dürfte es doch zu einer Verschiebung zwischen | |
| hiesigen Arbeits- und Unternehmenseinkommen anlässlich der Inflation | |
| gekommen sein. „Mehr als ein Drittel des jüngsten Anstiegs der | |
| Lebensmittelpreise“ in Deutschland könne nicht mit den traditionellen | |
| Treibern wie den Rohstoffkosten oder der Entwicklung der Energiepreise | |
| erklärt werden, berichtete der Inflationsexperte des Kreditversicherers | |
| Allianz Trade, Andy Jobst, in einer kürzlich veröffentlichte Studie. „Es | |
| scheint zunehmend Anzeichen für Gewinnmitnahmen zu geben.“ | |
| 27 Apr 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Realloehne-sind-deutlich-gesunken/!5930950 | |
| [2] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/04/PD23_166_62321… | |
| [3] /Warnstreik-am-Montag/!5921277 | |
| [4] /Schaetzung-zur-Preisentwicklung/!5925236 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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