| # taz.de -- Animefilm „The Case of Hana und Alice“: Reise vom Banalen ins W… | |
| > Der leicht verrückte Animationsfilm „The Case of Hana und Alice“ von | |
| > Shunji Iwai ist die Fortsetzung eines Realfilms. Nun ist die DVD | |
| > erhältlich. | |
| Bild: „The Case of Hana and Alice“ erzählt von zwei ungleichen Freundinnen | |
| Mit vier Webisodes, die [1][Shunji Iwai] in den frühen Nullerjahren für | |
| Kitkat gedreht hat, fing alles an: Aus vier kleinen Geschichten wurde 2004 | |
| ein Spielfilm, der nach seinen Heldinnen „Hana und Alice“ hieß. Er erzählt | |
| von zwei Mädchen im Teenager-Alter, die beste Freundinnen sind, bis sie | |
| sich in denselben Jungen verlieben. Elf Jahre später schrieb Iwai eine | |
| Fortsetzung, die erst jetzt, warum auch immer, ihre deutsche DVD-Premiere | |
| erlebt, und zwar unter dem englischen Titel „The Case of Hana und Alice“. | |
| Das Problem, dass die beiden Hauptdarstellerinnen längst zu alt waren, hat | |
| Iwai auf verblüffende Weise gelöst: Er hat bei der Fortsetzung aus dem | |
| Realfilm einen Trickfilm gemacht. Es kommen die Stimmen der | |
| Originaldarstellerinnen Anne Suzuki und Yū Aoi zum Einsatz, sie klingen | |
| noch jung. | |
| Müssen sie auch, denn die Fortsetzung ist in Wahrheit ein Prequel. Erzählt | |
| wird elf Jahre später, was zuvor geschah, wie die beiden zu den Freundinnen | |
| wurden, die sie dann waren. Was „The Case of Hana und Alice“ quasi zu einem | |
| Historienfilm macht. Besonders deutlich wird es, wenn die beiden ihre | |
| Klapphandys zücken. | |
| Auf [2][detailgenauen Zeitrealismus will Shunji Iwai] allerdings gar nicht | |
| hinaus. Zwar sind die Figuren rotoskopiert, also nach mit den | |
| Darsteller*innen real aufgenommenen Szenen per Zeichnung in Bewegung | |
| gesetzt; die Bewegungen wirken entsprechend natürlich, etwa wenn Alice in | |
| den Ballettstunden tanzt, aber einfach auch beim Sitzen, Gehen und Rennen. | |
| Die Hintergründe dagegen sind bewusst und sehr oft sehr schön vertuscht. So | |
| hat man einfache, aber scharf konturierte Animewesen vor einer altmodisch | |
| gemalt wirkenden Welt, ein Verfremdungseffekt, der gar nicht stört, eher | |
| als eine Form der Verzauberung wirkt. | |
| ## Gespenst hinter dem Vorhang | |
| Was hier verzaubert wird, ist ganz alltäglich: die Schule, Erkundungen in | |
| der Stadt, das etwas peinliche Interesse von Alices Mutter am attraktiven | |
| Lehrer beim ersten Besuch in der Schule. Es geht nämlich los damit, dass | |
| Alice mit ihrer alleinerziehenden Mutter neu in die Stadt kommt und dann in | |
| die Klasse, in der Hana wäre, wenn sie denn das Haus noch verließe. | |
| Tut sie aber nicht, nur hinter dem Vorhang im ersten Stock lugt sie hervor, | |
| ein Gespenst, das auf ein Rätsel verweist, den Fall eines Jungen namens | |
| Yuda aus der Klasse der beiden, der gestorben ist oder auch nicht. (Und | |
| mehrere Frauen hatte oder auch nicht. Was kompletter Quatsch ist. Oder auch | |
| nicht.) | |
| Zumindest ist er verschwunden, er hat im Haus gewohnt, in dem Alice und | |
| ihre Mutter jetzt leben. Die Sache lässt Alice keine Ruhe, sie geht ihr | |
| resolut auf den Grund und dringt in Hanas Haus ein. So kommt man zusammen, | |
| gemeinsam macht man sich auf die Suche, es wird ein Plan ausbaldowert, mit | |
| Detektivtricks und Beschattung, allerlei Unsinn, aber der Detektiv-Aspekt | |
| interessiert Iwai zuletzt herzlich wenig. | |
| ## Tolle Filme über junge Menschen | |
| Viel mehr interessiert ihn, wie sich die Freundschaft der Mädchen | |
| entwickelt, und viel mehr noch, wie eine zunächst banale Begegnung | |
| episodisch wundersam wird. | |
| Weil sie nämlich einen alten Mann für den Vater des verschwundenen Yuda | |
| hält, beschattet ihn Alice, und zwar so dilettantisch, dass er es bemerkt. | |
| Sie kommen ins Reden, gehen in ein Café, er ist freundlich und sinniert | |
| über das Alter, zeigt ihr seinen Unterarm, denn da ist die Haut noch ganz | |
| jung. Das ist ziemlich anrührend, kommt aus dem Nichts, kleines Wunder | |
| einer Alltagsbegegnung. | |
| Iwai, der immer schon tolle Filme über junge Menschen gedreht hat, hält das | |
| fest, ein bisschen melancholisch vielleicht. Aber das bringt den leicht | |
| verrückten Überschwang von Hana und Alice nur umso besser zur Geltung. | |
| 6 Apr 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ekkehard Knörer | |
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