# taz.de -- Verkehrsberuhigung in Berliner Kiezen: Klimaresiliente Sitzmöglich… | |
> In den kommenden sechs Monaten wird es drei „Sommerstraßen“ in Berlin | |
> geben. Sie sollen die Hitze erträglicher machen. Ob das gelingt? | |
Bild: Auf der Wilmersdorfer ist die Vorfreude schon groß (Symbolbild) | |
Wer südliche Städte bereist hat – so südlich, dass ihre BewohnerInnen seit | |
Menschengedenken mit der Hitze leben, die uns erst bevorstehen könnte –, | |
der hat gelernt, den Schatten zu schätzen. Nicht irgendeinen | |
Schlagschatten, in den man schnell mal flieht, sondern den luftigen, | |
lockeren, von sattem Laub auf den steinernen Boden geworfenen, in dem sich | |
auch hohe Temperaturen vortrefflich aushalten lassen. | |
Noch liegt Deutschland nicht in der Wüste oder den Tropen, auch wenn es uns | |
angesichts mancher Vorboten manchmal so scheinen mag. Aber wir haben sie ja | |
schon kennengelernt, die heißen und trockenen Wochen, in denen nicht mal | |
ein rettendes Gewitter aufziehen will. Gegen solche Wetterlagen gilt es | |
sich frühzeitig zu wappnen. | |
In Berlin sollen jetzt von Mai bis Oktober drei „Sommerstraßen“ | |
eingerichtet werden: „neue klimaresiliente Aufenthaltsräume in den Kiezen“, | |
wie sie die scheidende grüne Umweltsenatorin Bettina Jarasch nennt. Ganz | |
neu sind solche Versuche in der Hauptstadt nicht: 2020 wurde im mit wenig | |
Grün gesegneten Friedrichshainer Rudolfkiez [1][eine „Klimastraße“ | |
eröffnet], die vorläufig ein paar Bäumchen in Kübeln bekam, aber bald | |
dauerhaft entsiegelt werden soll. | |
Autos dürfen auf dieser Klimastraße natürlich nicht fahren, und das sollte | |
eigentlich auch für die „mit aufenthaltsqualitätssteigernden Maßnahmen wie | |
Pflanzbeeten oder Sitzmöglichkeiten aufgewerteten“ Sommerstraßen gelten, | |
die „insbesondere auch von Kindern zum Spielen genutzt werden“ sollen, wie | |
es in einer Mitteilung der Senatsverwaltung für Umwelt heißt. | |
## „Eingeengte Fahrbahn“ | |
Die Wirklichkeit ist dann bei genauerem Hinsehen recht ernüchternd: Gerade | |
mal drei Straßenabschnitte sind es, die da kommen und Klimaresilienz | |
erzeugen sollen. Der längste auf der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg | |
ist 75 Meter lang, der kürzeste in der Schöneberger Steinmetzstraße 30 | |
Meter. Auf dem mittleren (50 Meter, Ackerstraße, Mitte) dürfen sogar noch | |
Autos fahren, wenn auch auf einer „eingeengten Fahrbahn“. | |
Kein Wunder ist, dass die drei Straßen in Bezirken liegen, wo grüne | |
StadträtInnen das Sagen haben. Sie haben sich auf den Appell der | |
Senatsverwaltung hin gemeldet, um an dem Pilotvorhaben teilzunehmen, nur in | |
zwei Fällen schafften sie es allerdings, wie eigentlich gefordert, lokale | |
Initiativen für die Betreuung dieser Erholungszonen zu gewinnen – in | |
Charlottenburg wird nun einfach die ohnehin geplante Verlängerung der | |
Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße um einen halben Häuserblock vorgezogen. | |
Ob die Mittagshitze in den „Sommerstraßen“ besser erträglich ist, wird si… | |
zeigen müssen. Die Umweltverwaltung räumt ein, dass sie sich lediglich von | |
den Hochbeeten einen kühlenden Verdunstungseffekt „in kleinem Maßstab“ | |
verspricht – im Vordergrund stehe die Verbesserung der Aufenthaltsqualität. | |
Wie dem auch sei, die Maßnahme – eine der letzten, die die grüne | |
Senatsverwaltung auf den Weg bringt, bevor in Kürze aller Voraussicht nach | |
[2][die CDU das Ressort übernimmt] – wirkt zaghaft und unausgereift. Ob | |
solche Projekte unter Schwarz-Rot überhaupt noch gefördert werden, ist die | |
Frage, da hätte man auch mal richtig klotzen können. Ideen wie die | |
temporäre Sperrung der von den Nazis monumental verbreiterten Autoschneise | |
durch den Tiergarten (der Straße des 17. Juni) gibt es längst. Mit ein paar | |
Planschbecken und Liegestühlen würde daraus ein sommerliches Paradies. Aber | |
vielleicht muss es dazu eben erst noch ein bisschen heißer werden. | |
22 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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