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# taz.de -- Russische Sportler bei Olympia: Einladung für Schleichwege
> Die Bedingungen des IOC für die Teilnahme an Olympia sind vage. Fest
> steht, dass Sporterfolge politisch instrumentalisiert werden können.
Bild: IOC-Chef Bach empfiehlt die Wiederzulassung russischer und belarussischer…
Der Zerfall des internationalen Sportsystems steht auf dem Spiel, hatte der
oberste Sportfunktionär Thomas Bach gewarnt. Die nun formulierte Empfehlung
des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Sportler:innen aus
Russland und Belarus wieder zu den Wettkämpfen zulassen, verhindert diesen
Zerfall nicht, sie dokumentiert ihn. Es ist der untaugliche Versuch, die
Welt des Sports nachträglich zu vakuumieren, um sie vor den zersetzenden
Einflüssen der politischen Realität zu schützen.
In den Laborräumen des IOC hat man sich überlegt, wie man die
Vorzeigeathleten der brutalen Invasionsmacht Russland möglichst unbeschadet
in die olympische Fantasiewelt des friedlichen Miteinanders transferieren
kann, wo sie im Wettstreit mit ukrainischen Konkurrenten bestenfalls noch
die verbindende Kraft des Sports symbolisieren sollen.
Die Bedingungen, die man dafür ausformuliert hat, sind gewiss weitgehender,
als viele zuvor gedacht haben. Um als [1][neutraler Athlet] zugelassen zu
werden, müssen Belaruss:innen und Russen nicht nur auf nationale
Fahnen, Hymnen und Teamwettbewerbe verzichten. Mitmachen dürfen sie
lediglich, wenn sie den Krieg nicht „aktiv“ unterstützen und nicht beim
belarussischen oder russischen Militär „unter Vertrag stehen“.
Nach jetzigem Stand wäre damit die große Mehrheit der russischen
Olympiakandidat:innen ausgeschlossen. Doch wer definiert, was aktive
Unterstützung heißt? Wie wird das mit welchem Aufwand überprüft? Und ist
der Ausschluss von Militärangehörigen nur eine formale Klausel fürs gute
olympische Gewissen, die durch einen kurzfristigen Eintritt in einen
vorgeblichen Zivilberuf fix ausgehebelt werden kann?
## Eine nationale Angelegenheit
Derart unscharfe Voraussetzungen klären wenig, sie sind vielmehr eine
Einladung für Schleichwege und weitere Debatten. Und sie sind ein Ergebnis
der auch im internationalen Sport bestehenden weltweiten Uneinigkeit
darüber, wie auf Russlands Invasion reagiert werden soll. Das Grundproblem
der IOC-Empfehlung besteht darin, dass der olympische Sport sich der
polarisierten politischen Lage nicht entziehen kann, indem er das
Individuum und seine Rechte in den Mittelpunkt rückt.
Der internationale Sport ist schon immer ein Instrument nationaler
Selbstvergewisserung gewesen. Medaillen werden als Währung nationaler
Stärke gelesen. [2][Sport ist eine nationale Angelegenheit.] Per
Gremienbeschluss kann man ihn zwar zur Privatangelegenheit umetikettieren,
nur hilft das wenig. Die politische Instrumentalisierung russischer
Sporterfolge lässt sich nicht verhindern.
Selbst das IOC scheint von seiner eigenen Empfehlung nicht überzeugt zu
sein. Ausdrücklich wies man daraufhin, dass dadurch noch keine
Vorentscheidung darüber getroffen worden sei, ob Sportler:innen aus
Russland und Belarus an den [3][Olympischen Spielen 2024 in Paris]
teilnehmen können. Man werde erst einmal die Umsetzungen der
vorgeschlagenen Maßnahmen beobachten und diese dann bewerten. Die Tür wurde
also ein Stück weit unter dem Verweis geöffnet, dass sie vielleicht gleich
wieder zugeschlagen wird. Die Zerrissenheit im internationalen Sport könnte
kaum größer sein.
29 Mar 2023
## LINKS
[1] /Russlands-Rueckkehr-in-den-Weltsport/!5924997
[2] /Russische-Sportler-bei-Olympia/!5916630
[3] https://olympics.com/de/olympic-games/paris-2024
## AUTOREN
Johannes Kopp
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