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# taz.de -- Lehrermangel erreicht Hamburg: Ab jetzt wird geflickt
> Noch wird die Stundentafel abgedeckt, aber einzelne Stadtteilschulen
> haben deutlich zu wenig Lehrkräfte. Der Schulsenator setzt auf
> Einzelmaßnahmen.
Bild: Inklusion, Ganztag, Pensionierung – alle Länder müssen mehr Lehrkräf…
Hamburg taz | Wer Mitte der 1980er in Hamburg ein Lehramtsstudium begann,
erinnert vielleicht einen gruseligen Willkommens-Sketch von älteren
Kommilitonen. Botschaft: „Ihr braucht gar nicht erst zu studieren. Ihr
werdet sowieso später alle arbeitslos.“ Das hat sich nicht für alle
bewahrheitet. Viele der Boomer landeten später doch im Schuldienst. Und nun
auch noch das: Sie werden – kurz bevor sie in Rente gehen – [1][schon
vorsorglich vermisst].
Ein Lehrermangel, so schlimm wie lange nicht, soll Deutschland bevorstehen.
Der Bildungsforscher Klaus Klemm sagte jüngst [2][einen Mangel von 81.000
Fachkräften in 2030] voraus, auch weil der Bedarf durch Ganztagsunterricht,
Inklusion und Zuwanderung steigt.
Obwohl das wohlhabende Hamburg bislang von einem solchen Mangel verschont
blieb, bereitet es sich vor: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) lud am
Mittwoch ins Rathaus und stellte gleich 13 „weitere Maßnahmen zur
Lehrkräftesicherung“ vor.
Das Thema eingeläutet hatte die Linkspartei mit einer Pressemitteilung samt
schmissiger Überschrift: „Lehrkräftemangel jetzt auch in Hamburg“. Darin …
lesen ist die Nachricht, dass stadtweit 268,09 Vollzeitstellen für
Lehrkräfte unbesetzt sind, davon mit 157,56 die meisten an Hamburgs
Stadtteilschulen, jener Schulform, die alle Kinder aufnimmt. Das Hamburger
Abendblatt titelte: „So groß ist der Lehrermangel an Hamburgs Schulen“.
## Zur Not Lehrkräfte umverteilen
Nur, was heißt groß? Bei dieser Vorlage lief Rabe wieder mal zu großer Form
auf und versuchte, seinem Spitznamen „Graf Zahl“ gerecht zu werden. „Wir
reden davon, dass in Hamburg 104,5 Prozent Stellen zugewiesen werden“,
sagte er später am Tag. Von diesen seien mit den 268,09 Vollzeitstellen nur
1,74 Prozent nicht besetzt. „Ich finde, man kann immer von Mangel sprechen.
Aber man braucht auch noch mal einen Blick auf das, was in Deutschland
[3][wirklich als Mangel bezeichnet wird], damit man diese Zahlen richtig
ansehen kann.“ Ein Bundesland im Osten sei in der Not schon dabei,
Bachelor-Absolventen zu verbeamten.
Es treffe zu, dass das Defizit an den Stadtteilschulen mit umgerechnet 2,61
Prozent größer sei, fuhr Rabe fort. Dort gebe es aber immer noch eine
Versorgung von 101,9 Prozent. Der Unterricht sei also gesichert. Das
größere Defizit liege an den aktuell hohen Flüchtlingszahlen aus der
Ukraine, die sich stärker bei der Stadtteilschule wiederfänden. Hinzu
komme, dass die Stadtteilschule bewusst Anspruch auf mehr Lehrkräfte habe,
weil es dort mehr Kinder gibt, die von zu Hause „wenig Rückenwind“ hätten.
Dort kämen auf 1.000 Schüler rund 100 Pädagogen, während es an den
Gymnasien nur etwa 70 seien.
Nun gibt es einzelne Stadtteilschulen, denen gleich zehn, elf oder gar 18
Lehrkräfte fehlen. Hier versprach Rabe, würden die Schulräte versuchen,
eine Umleitung von Lehrkräften von anderen Schulen zu organisieren. Das
könne man auch anweisen.
## Ein krisensicherer Arbeitsplatz
Wunderlich ist nur, dass in Hamburg seit Jahren fast alle
Lehramtsstudienfächer extrem hohe NCs haben. Sprich: Ganz viele junge Leute
wollen diesen krisensicheren Beruf ergreifen. Hamburg müsse die
Zugangsbeschränkungen fürs Lehramt abschaffen, forderte die Linke Stephanie
Rose. „Zudem ist es wichtig, [4][der hohen Abbruchquote zu begegnen]“,
sagte GEW-Landeschef Sven Quiring.
Auch Ties Rabe geht davon aus, dass Hamburg jedes Jahr 900 neue Lehrkräfte
braucht, und kündigte an, die Stadt werde die Referendars- und
Studienplätze erhöhen. Wegen der Studienbedingungen werde mit der Uni
geredet. Außerdem will er mehr Quereinsteiger an die Schulen holen und
Pensionäre fragen, ob sie weiter unterrichten.
Die GEW forderte indes, Hamburg brauche eine [5][„antizyklische“
Strategie]. Nötig sei jetzt, massiv mehr Stellen zu schaffen, um später für
steigende Schülerzahlen gewappnet zu sein. Vielleicht müssen manche von
damals im Hörsaal noch mal ran?
13 Apr 2023
## LINKS
[1] /Fehlende-Lehrerinnen-an-Schulen/!5920901
[2] /Prognose-zum-Lehrkraeftemangel/!5830484
[3] /Anwerbung-von-Lehrkraeften/!5918497
[4] /Studierende-an-Hamburger-Hochschulen/!5565509
[5] /Krise-in-der-Bildung/!5918824
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Schulbehörde Hamburg
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Schule
Bildungssystem
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