# taz.de -- Halbe China-Woche, volle Verantwortung: Deal oder Sack Reis | |
> Kaum ist Xi Jinping aus der Tür, will Putin Atomwaffen nach Belarus | |
> verlegen. Wir sind mittendrin – und Rot-Weiss Essen ist immer noch bei | |
> Özil dabei. | |
Bild: Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping am 21. März in Moskau | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Lamento über [1][bevorstehenden Streik.] | |
Und was wird besser in dieser? | |
Trotzdem Streik. | |
[2][Chinas Staatsoberhaupt Xi hat Putin besucht] – ganze drei Tage lang! | |
Was sagt uns diese ungewöhnlich lange Staatsreise? | |
Na ja, ’ne halbe China-Woche. Kaum ist Xi Jinping aus der Tür, will Putin | |
Atomwaffen nach Belarus verlegen. Schwer zu lesen: Hat Putin sich das Okay | |
dazu geholt vom „Gast auf Augenhöhe“ – oder ist es gut russische Art, al… | |
Freunden einen Schwall hinterherzukotzen? China und Russland forderten eine | |
„gerechte multipolare Weltordnung“, also keine alleinige Supermacht. | |
Jedenfalls keine, die nicht China oder Russland heißt, mag man argwöhnen. | |
Nun reisen Macron und von der Leyen für das europäische Supermächtchen nach | |
Peking. Da liegt alles auf dem Tisch: Chinas Nein zur nuklearen Eskalation | |
– wie zur „Ausweitung militärischer Bündnisse“. Also kein Nato-Beitritt… | |
Ukraine. Deal oder Sack Reis. Das wird nicht ohne die USA entschieden, | |
wonach die taz mich möglicherweise gleich fragen wird. | |
US-Außenminister Antony Blinken schließt langfristig Verhandlungen über | |
die künftigen Grenzen der Ukraine nicht aus. Die Entscheidung darüber liege | |
aber bei den Ukrainern. Wem würden Sie die Entscheidung überlassen? | |
Nach einem Jahr Lieferungen schwerer Moral und Waffen ist die Ukraine heute | |
das, was ein Jahr Moral und Waffen aus ihr gemacht hat: Wir stecken mit | |
drin. Deshalb ist es wohlfeil und billig, den Krieg mit allen verfügbaren | |
Mitteln zu unterstützen, ohne auch Verantwortung für sein Ende zu | |
übernehmen. Vor einem Jahr hatte Selenski einen neutralen Status für die | |
Ostukraine und ein 15-jähriges Moratorium über die Krim vorgeschlagen. | |
Sicherheitsgarantien statt Nato-Beitritt, Neutralität – Rückeroberung, | |
Siegfrieden. Je nach Kriegsverlauf wandelte sich die Kiewer Position. Das | |
ist verständlich und eben auch vom Westen mit geschaffen. Eine Ukraine, | |
„die den Krieg gewinnen muss“, ist ein anderes Land als eine Ukraine, die | |
ihre Toten zählt. Und eigentlich könnten es nur die entscheiden, die nichts | |
mehr entscheiden können. | |
Bauministerin Klara Geywitz rät Menschen, aufs Land zu ziehen, weil in | |
Städten der Wohnraum knapp ist. Ist diese Maßnahme effektiver als ein | |
Mietendeckel oder die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne? | |
Das wird lustig, wenn Dörfler beim fernen Supermarkt anrufen – und der | |
Anruf beim anderen Dörfler nebenan im Homeoffice landet. Dann setzt sich in | |
der Stadt ein Lkw mit einer Dose Joghurt in Bewegung gen Land. | |
Wahrscheinlich bringen sie einen Hausarzt und einen Kindergarten gleich | |
mit. Landflucht ist eine Option für Besserverdienende, die das Umland der | |
Großstädte eh schon preisverdorben haben. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, | |
Sozialverbänden und Mieterbund fordert deshalb ein 50-Milliarden-Programm | |
für Sozialwohnungen, also einen bescheidenen Halbwumms. Denn während die | |
Ampel ihr Ziel – 100.000 vergünstigte Wohnungen pro Jahr – gründlich rei�… | |
verschwindet statistisch alle 19 Minuten eine Sozialwohnung. Vermutlich | |
aufs Land. Der naturreligiöse Glaube an den Markt scheint unausrottbar. | |
Also bitte: Wer an den Markt glaubt, glaubt an Konkurrenz. Zum Beispiel | |
staatliche. | |
Der deutsche [3][Nationalspieler Mesut Özil] hat mit 34 Jahren das Ende | |
seiner Karriere bekanntgegeben. Was hat das bei Ihnen ausgelöst? | |
Tiefe Trauer. Bei jedem Özil-Transfer verdiente sein Ausbildungsverein | |
Rot-Weiss Essen noch mal einen Brosamen mit. | |
In Frankreich streiken und demonstrieren Hunderttausende gegen die von | |
Präsident Macron durchgeboxte Rentenreform. Warum gibt es so etwas bei uns | |
eigentlich nie? | |
Vielleicht ist es gerade der autoritäre Gestus, der Macron dran reizt: Über | |
das Parlament hinweg, gegen die „Straße“: So stellen sich Le-Pen-Wählende | |
eine starke Hand vor. So profitieren Le Pen und Macron. Eigentlich alle. | |
Außer den Franzosen. | |
Und was machen die Borussen? | |
Eigentlich mögen wir es mehr, wenn die Bayern n a c h dem Spiel gegen den | |
BVB den Trainer feuern. | |
Fragen: vag, waam | |
26 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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