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# taz.de -- Özdemir, Scholz und Verbrennungsmotoren: Gummibärchen: Nö!
> Cem Özdemir will Süßigkeiten-Werbung abschaffen, zeigt sich aber gerne
> mit Hanfpflanzen. Und die Ampel schneidet in Umfragen schlecht ab.
Bild: Gyros geht klar, solange er (wie hier) vegan ist: Cem Özdemir will Werbu…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Britische MinisterInnen wollen [1][ChatGPT] bei der
Regierungsarbeit einsetzen.
Und was wird besser in dieser?
Endlich mal jemand, der noch gefühlskälter ist als die Tories.
Ein Jahr nach der „Zeitenwende“-Rede bilanziert [2][Bundeskanzler Olaf
Scholz] im Bundestag in der Regierungserklärung die bisherige
Krisenbewältigung als positiv. Stimmen Sie zu?
Sozenschicksal: Durch’s Hohe Haus dröhnte die Abwesenheit des
[3][SPD-Kernthemas „Gerechtigkeit“]. Den befürchteten „heißen Herbst“…
„grimmigen Winter“ bekämpfte die Ampel mit fiktivem Geld aus der immerhin
schon mal beschafften Konfettikanone. Ob dabei Gerechtigkeit obwaltet und
wem das wann auf die Füße fällt – kaum Thema. Die Ampel hat vorerst mit
Trost gepflastert, und ausgebliebene Krisen werden in Umfragen nicht
belohnt. Stattdessen zeigt Scholz Verständnis für die, die über die
Zeitenwende „nicht Hurra schreien“ – und mahnt, die Ukraine könne nicht
„mit der Waffe an der Schläfe verhandeln“. Sprich: Er deckt ungefähr das
bürgerliche Meinungsspektrum ab und lässt Merz ein bisschen kleinkariert
drumherum kritteln. Der Rest war mehr oder minder einhelliges
Pazifistenverdreschen aus allen Fraktionen. Scholz’ Besonnenheit könnte
halten, bis Besonnenheit wieder ein positiver Wert ist.
Eigentlich wollten die EU-Staaten am Freitag über ein Verbot von
Verbrennungsmotoren in Neuwagen ab dem Jahr 2035 abstimmen. Aber die FDP
hatte dann doch was dagegen. Deutschland und die Autos – versteht die Welt
uns noch?
Immerhin traktiert die FDP uns nicht mit der Vision, irgendwann kämen die
Dampflokomotiven zurück. Sie könnte auch bessere Faxgeräte verheißen, für
den Tag, an dem dieses Internet gescheitert sein wird. Klar, die deutsche
Autoindustrie brilliert bei Verbrennungstechnik, was eher bei grünem
Wasserstoff noch mal zum Tragen kommen könnte als bei den epochal
unwirtschaftlichen „E-Fuels“. Derzeit sind Verbrenner eine technologische
Sackgasse, dank FDP ohne Tempolimit. Grüß die Wand.
Bundesernährungsminister Cem Özdemir wünscht sich ein Werbeverbot für
Süßigkeiten und andere ungesunde Lebensmittel im Umkreis von Kindergärten
und Schulen. Wird der Kampf gegen Haribo, Milka und Ferrero den Kampf gegen
die Atomkraft ablösen?
Glücksspiel, Alkohol, Zigaretten – bei jeder Werbeverbotsdiskussion bisher
wurde der Weltuntergang menetekelt, und anschließend war’s dann ganz okay.
Özdemir müsste sich vorbeugend das Posen mit Hanfpflanzen abgewöhnen,
dagegen gibt es auch gute Gründe. In einer besseren Welt wäre der
Schnuckerkram gesund oder hieße ab Werk „Dick und Doof“, damit man wüsste,
woran man isst und ist. Auf kurze Sicht sind das alle böse Bevormundungen.
Ganz fern am Horizont jedoch leuchtet der Produktaufkleber „Kapitalismus –
gar nicht mal immer nur gut“, und dagegen sind Özdemirs Vorschläge doch
harmlos. Nimm zwei.
67 Menschen starben vor der Küste Italiens auf der Flucht nach Europa,
darunter auch etliche Kinder. Wo bleibt eigentlich der große Aufschrei?
Haben wir uns an solche Tragödien gewöhnt?
Schlimmer – wir überlesen den zugegeben reißerischen „Entwurf eines zweit…
Gesetzes zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften“, der bei
Wissings gerade im Yachthafen dümpelt. Danach sollen Schiffe mit
„politischen … und humanitären Aktivitäten oder vergleichbaren humanitär…
Zwecken“ künftig nicht mehr wie irgendeine liberale Jolle vor Sylt als
Freizeitvehikel behandelt werden. Sondern mit teureren
Sicherheitsvorkehrungen, höheren Versicherungsprämien und allerhand
schicken Ideen vom Klabautermann behindert werden. Die Hilfsorganisationen
röcheln im Mastkorb, doch der Verkehrsminister, gar nicht faul, spielt:
Schiffe versenken.
Die Tafeln schlagen Alarm: Immer mehr Bedürftige, aber es fehlt an
Lebensmitteln und Helfer*innen. Unternimmt die Regierung zu wenig, um Armut
wirkungsvoll zu bekämpfen?
Für das „Ja“ auf diese Frage braucht es nur den schlichten Nachweis der
Existenz der Tafeln. Dass Supermärkte Waren verschenken können, deutet auf
pornografische Abirrungen in ihrer Profitkalkulation; damit das
kalkulatorisch aufgeht, müssen andere ja zu viel bezahlen. Damit Menschen
auf Tafeln angewiesen sind, wiederum, muss eines der wohlhabendsten Länder
der Welt unfähig sein, die Kohle einigermaßen zu verteilen. Kurz: Tafeln
sind – sehr ehrenvolle – Reparaturen; Probleme bei den Tafeln fordern
Reparaturen der Reparaturen.
Und was machen die Borussen?
Samstag Schalke schlagen und dann ist die Saison im Grund durch.
Fragen: Anton Kämpf
5 Mar 2023
## LINKS
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[3] /Nach-Wiederholungswahl-in-Berlin/!5917212
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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