# taz.de -- Stark gestiegene WG-Preise in Berlin: Fast so teuer wie München | |
> Eine Untersuchung aktueller Inserate zeigt: Für Studierende und | |
> Auszubildende sind selbst WG-Zimmer kaum noch bezahlbar. | |
Bild: WG-Suche ist nervenaufreibend, ermüdend und wird zunehmend unbezahlbar | |
BERLIN taz | Wer endlich zur Elite gehören will, sollte wieder öfter bei | |
WG-gesucht.de vorbeischauen. Zumindest legt das die Beschreibung eines | |
Inserats auf der Wohnungsplattform nahe. „Ein Zimmer bei uns zu mieten ist | |
wie einem exklusiven Club beizutreten“, verspricht der Anbieter. Und das | |
nur für läppische 1.300 Euro warm für 25 Quadratmeter in einer Dreier-WG in | |
Friedrichshain. | |
Hinter dem Inserat verbirgt sich natürlich keine Privatperson, sondern ein | |
junges Start-up mit dem wohlklingenden Namen Urban Elite. Das | |
Geschäftsmodell: [1][voll möblierte WG-Zimmer] vermieten, an junge, | |
internationale Berufstätige, und das Ganze dann in Abgrenzung zum | |
Studierenden-Pöbel „Co-Living“ zu nennen. | |
Angesichts solcher Anzeigen sind die Ergebnisse einer am Mittwoch | |
veröffentlichten Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts nicht weiter | |
verwunderlich: Studierende, die zum Start des Sommersemesters ein WG-Zimmer | |
in der Hauptstadt suchen, müssen im Schnitt 640 Euro dafür bezahlen. Damit | |
hat Berlin selbst Frankfurt am Main und Hamburg hinter sich gelassen und | |
ist mittlerweile hinter München die zweitteuerste Stadt für Studierende. | |
2013 kostete ein WG-Zimmer laut einer früheren Auswertung des Instituts im | |
Schnitt noch 335 Euro – damit haben sich die Kosten innerhalb von zehn | |
Jahren fast verdoppelt. | |
## Energiekosten treiben Zimmerpreise hoch | |
Das Institut wertet regelmäßig zum Semesteranfang Anzeigen auf dem | |
Online-Portal WG-gesucht aus, immer noch Marktführer im Bereich der | |
Zimmervermittlung. Dass dort statt Privatpersonen, die neue | |
Mitbewohner:innen für ihre Wohngemeinschaften suchen, immer mehr | |
gewerbliche Anbieter Anzeigen schalten, sei insbesondere in Berlin zu | |
beobachten, sagt Stefan Brauckmann, Geschäftsführender Direktor des | |
Instituts, der taz. „Wir beobachten, dass verstärkt professionalisierte | |
Anbieter möblierte Zimmer anbieten.“ | |
Dass die Kosten für WG-Zimmer in Berlin so rasant gestiegen sind, liegt | |
zwar in erster Linie an den allgemeinen Mietsteigerungen und den | |
explodierenden Energie- und Nebenkosten. Anbieter wie Urban Elite tragen | |
aber ebenfalls zu der Preisentwicklung bei, indem sie bezahlbaren Wohnraum | |
verknappen und das Mietniveau heben. | |
Problematisch ist das vor allem für Studierende und Auszubildende, die mit | |
ihrem mageren Einkommen kaum Chancen auf eine leistbare Unterkunft haben. | |
Zur Veranschaulichung: die Wohnkostenpauschale im BaföG-Höchstsatz beträgt | |
derzeit 360 Euro – [2][eine Miete, von der man in Berlin nur träumen kann]. | |
Die Hauptstadt droht also für Studierende im größeren Maßstab zu etwas wie | |
einer Urban-Elite-WG zu werden: ein exklusiver Club, in den nur die | |
reinkommen, die es sich leisten können. | |
29 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /27-Prozent-Mietanstieg-in-Berlin/!5917555 | |
[2] /Wohnungsknappheit-in-Europas-Grossstaedten/!5920574 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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