# taz.de -- Thomas Kutschaty tritt zurück: SPD in Nordrhein-Westfalen kopflos | |
> Im einstigen Stammland NRW tritt SPD-Landeschef Thomas Kutschaty zurück – | |
> nachdem er seine Kandidatin nicht als Generalsekretärin durchsetzen | |
> konnte. | |
Bild: Thomas Kutschaty, Landesvorsitzender der SPD in Nordrhein-Westfalen ist z… | |
Düsseldorf taz | Trauermienen bei den Mitarbeiter:innen der | |
Düsseldorfer Parteizentrale: In der einstigen sozialdemokratischen Hochburg | |
Nordrhein-Westfalen ist der [1][SPD-Landesvorsitzende Thomas Kutschaty] am | |
Donnerstag überraschend zurückgetreten. Grund dafür sei die mangelnde | |
Unterstützung der Parteigremien, erklärte der 54-Jährige. | |
Zuvor hatte sich Kutschaty, der aktuell auch Landtagsfraktionsvorsitzender | |
und ein Vize der Bundes-SPD ist, nicht mit seinem Vorschlag durchsetzen | |
können, die 36-jährige Rechtsanwältin Magdalena Möhlenkamp aus Bonn zur | |
neuen SPD-Landesgeneralsekretärin zu machen. | |
Mit dem offenbar mit großen Teilen der Partei nicht abgesprochenen | |
Personalvorschlag sei Kutschaty bereits am Mittwoch in drei teilweise sehr | |
emotionalen digitalen Konferenzen gescheitert, heißt es aus SPD-Kreisen. | |
Zunächst hätten alle Vertreter der vier SPD-Regionen Westliches Westfalen, | |
Niederrhein, Mittelrhein und Ostwestfalen-Lippe ihrem da noch amtierenden | |
Landeschef klargemacht, dass sie sein Vorschlagsrecht als einsame | |
Entscheidung nicht akzeptierten. Auch in einer anschließenden virtuellen | |
Sitzung des Parteipräsidiums habe Kutschaty keine durchgreifende | |
Unterstützung erhalten. | |
Im folgenden Gespräch mit dem erweiterten Landesvorstand sei die Personalie | |
Möhlenkamp dann gar nicht mehr diskutiert worden. Gesprochen hätten da „nur | |
noch Jusos über den Leitantrag zum anstehenden Parteitag in Münster“. Viele | |
wichtige Genoss:innen hätten sich dagegen bereits zu Kungelrunden | |
zurückgezogen. Entsprechend groß ist der Frust. „Atomisiert“ sei die | |
Partei, hieß es von Kutschaty-Unterstützer:innen im Landesvorstand. „Mit | |
solchen Leuten ist kein Staat zu machen.“ Statt offensiv um Wähler:innen | |
zu werben, drehten sich große Teile der NRW-SPD um sich selbst. | |
## Kutschaty machte auch nach Wahlniederlage weiter | |
Letztlich gescheitert ist Kutschaty damit doch noch an der Aufarbeitung der | |
verlorenen Landtagswahl vom Mai 2022, bei der die SPD mit ihm als | |
Spitzenkandidat [2][auf historisch schlechte 26,7 Prozent abgestürzt war]. | |
Dennoch wollte Kutschaty als Partei- und Fraktionschef weitermachen. Seine | |
„Mission“, die Sozialdemokratie in ihrem einstigen Stammland wieder stark | |
zu machen, sei „noch nicht erfüllt“, verkündete der Jurist, der aus der z… | |
Region Niederrhein zählenden Stadt Essen stammt. Beim Landesparteitag am 6. | |
Mai wollte er erneut als Vorsitzender kandidieren. Denn in Umfragen habe | |
die SPD bei völlig desaströsen 17 Prozent gelegen, als er zum 2021 | |
Landesparteichef gewählt wurde, erinnerte Kutschaty in seinem | |
Rücktrittsstatement. | |
Gehen sollte dagegen die [3][bisherige Generalsekretärin Nadja Lüders]. Die | |
stammt aus Dortmund und damit aus der mächtigsten NRW-Region, dem | |
Westlichen Westfalen. Vor allem dort dürfte Kutschatys Entscheidung, die | |
weithin unbekannte Möhlenkamp zur Lüders-Nachfolgerin zu machen, nicht gut | |
angekommen sein. Schließlich hatte sich Kutschaty im Kampf um den | |
Fraktionsvorsitz bereits 2018 gegen den Vorsitzenden der Region Westliches | |
Westfalen, Marc Herter, durchgesetzt. | |
Jetzt sollen ausgerechnet Herter als dienstältester Landesparteivize und | |
Lüders als noch amtierende Generalsekretärin den Übergangsprozess | |
moderieren. Sollte Herter, der sich auf das Amt des Oberbürgermeisters der | |
Stadt Hamm im östlichen Ruhrgebiet zurückgezogen hat, Ambitionen auf den | |
Parteivorsitz haben, werde er wohl gewählt, hieß es aus dem Landesvorstand. | |
Denkbar seien aber auch Kandidaturen des Duisburger SPD-Chefs Mahmut | |
Özdemir, der in Bonn lebenden [4][Juso-Bundeschefin Jessica Rosenthal] oder | |
der aus Herne stammenden SPD-Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering. | |
Möglich ist aber auch, dass der Landesparteitag in Münster abgesagt wird, | |
um mehr Zeit zu gewinnen – und den Landesvorsitz mit einer Doppelspitze zu | |
besetzen. | |
## Bleibt Kutschaty Fraktionschef? | |
Unklar ist auch, wie lange Kutschaty noch Vorsitzender der | |
SPD-Landtagsfraktion bleibt. Er werde dazu mit den Abgeordneten das | |
Gespräch suchen, sagte er dazu bei seiner Rücktrittserklärung. Nachfragen | |
waren bei dem Pressetermin keine zugelassen. Übersetzt bedeutet das wohl: | |
Fraktionsvorsitzender will der bisherige Parteichef nur bleiben, wenn er | |
sich der breiten Unterstützung der SPD-Abgeordneten sicher sein kann – | |
nicht umsonst hat Kutschaty, der 13 Jahre lang in eigener Kanzlei als | |
Rechtsanwalt gearbeitet hat, immer wieder betont, er sei als Volljurist | |
wirtschaftlich von der Partei unabhängig. | |
Als mögliche Nachfolger für den Fraktionsvorsitz sind der Kölner Jochen | |
Ott, Vorsitzender der SPD-Region Mittelrhein, oder die Parlamentarische | |
Geschäftsführerin Sarah Philipp im Gespräch. | |
23 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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