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# taz.de -- Neuer Vorstand der AfD Berlin: Rechtsaußen ist noch ein bisschen P…
> Der neue Landesvorstand der AfD ist radikal wie nie. Die Vorsitzende
> Brinker sitzt fest im Sattel aufgrund ihres Bündnisses mit den
> Völkischen.
Bild: Der Schulleiter des Kant-Gymnasiums hängte aus Protest gegen den AfD-Par…
Berlin taz | Die AfD Berlin rutscht nach ihrem kurzfristig bekannt
gegebenen Parteitag vom Wochenende immer tiefer in eine politische
Parallelwelt. Die alte und neue Landesvorsitzende Kristin Brinker wurde mit
knapp 81 Prozent klar wiederwählt – trotz des mit 9,1 Prozent recht mageren
Ergebnisses bei der Wiederholungswahl und entgegen des bundesweiten
Umfragehochs der extrem rechten Partei. Eine kritische Aufarbeitung fand am
Wochenende nicht statt, obwohl die AfD ein zweistelliges Ergebnis angepeilt
hatte. Die Wahl wurde intern aufgearbeitet, hieß es.
So erhielt Brinker mit ihren mehr als 80 Prozent und ohne Gegenkandidatur
ein für AfD-Verhältnisse ausgesprochen gutes Ergebnis. 2021 musste sie noch
in mehrere [1][hauchdünne Stichwahlen gegen Beatrix von Storch]. Mit ihr
hat Brinker seither einen Burgfrieden geschlossen, der noch immer gilt: Von
Storch schlug dieses Mal Brinker gar selbst zur Wahl vor.
Dabei stand von Storch, einst stellvertretende Bundessprecherin und gut
vernetzte Verbündete des mittlerweile ausgetretenen Ex-Chefs Jörg Meuthen,
in der AfD Berlin gemeinsam mit dem ehemaligen Vorsitzenden Georg Pazderski
für einen „Berliner Kurs“. Dieser sollte die Selbstverharmlosung und
Deradikalisierung der AfD mit dem Ziel der Koalitionsfähigkeit beinhalten.
Dafür sollte der völkisch-nationalistische Teil der Partei ausgegrenzt
werden.
Dieser innerparteilich ambitionierte Plan, um langfristig regierungsfähig
zu werden, scheiterte allerdings sowohl [2][auf Bundesebene] als auch in
Berlin krachend. Seitdem verharrt die AfD auf allen Ebenen in
Fundamentalopposition. Rechtsextreme wie Björn Höcke, Chef der völkischen
Störmung des nur offiziell aufgelösten Flügels, müssen sich seitdem kaum
noch mit Widerständigen herumschlagen und geben den Ton an.
## Pakt mit den Völkischen
Ausgebootet hatte Brinker von Storch und Pazderski vor allem mit der
Unterstützung der völkischen Netzwerker. Seither dringt von
innerparteilichen Machtkämpfen nur wenig nach draußen. Doch diese
Geschlossenheit hat ihren Preis: Flankiert wird Brinker im neuen Vorstand
von so vielen Leuten aus der völkischen Strömung oder deren Umfeld wie noch
nie in Berlin. Die meisten Vorstandsmitglieder schlug sie dabei selbst vor,
Gegenkandidaturen gab es nur vereinzelt.
So ist Jeannette Auricht, eine Obfrau des ehemaligen Flügels in Berlin,
weiter eine von mehreren stellvertretenden Parteisprecher*innen. Neben
dem Pressesprecher Ronald Gläser sind nun auch Rolf Wiedenhaupt und
Alexander Bertram zu Stellvertretern avanciert – letztere gelten ebenfalls
als flügelnah. Ihre Namen fanden sich unter anderem auf einem geleakten
Email-Verteiler der völkischen Strömung.
Besonders deutlich aber wird der erneute Landgewinn der Völkischen in der
Position des Schatzmeisters: Hier ging Frank-Christian Hansel, der zuletzt
auf Bundesebene mit einer Kampf-Kandidatur gegen das vom Flügel
unterstützte Lager um den Co-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla deutlich
gescheitert war. Nun gab Hansel auch im Berliner Landesverband das Amt des
Schatzmeisters ab, indem er nicht mehr antrat. Stattdessen wurde Sebastian
Maack gewählt, der Brinker 2021 maßgeblich zur Parteispitze verholfen hat.
## Stadtrat gegen Flüchtlinge
Im Berliner Landesverband gilt Maack als radikaler [3][Netzwerker]. So
hatte er eine Plattform namens [4][„Kompetenz-Netzwerk“] gegründet, der
neben der Landeschefin vor allem Völkische angehörten. Hansel nannte das
Netzwerk damals „den Versuch, den aufgelösten Flügel in Berlin unter einem
neuen Label wiederzubeleben“.
Maack wies das zwar zurück, allerdings ließ die personelle Zusammensetzung
seines Netzwerks wenig Zweifel daran, dass es flügelnah ist. Am
deutlichsten lässt sich das etwa am [5][Abgeordneten Thorsten Weiß]
festmachen, der das [6][Kyffhäuser-Treffen 2019 organisiert] hatte und im
Oktober Höcke zur Gründung der neuen völkischen Plattform „Idearium“ nach
Berlin einlud. Als [7][Reinickendorfer Stadtrat] hatte Maack daneben dafür
gesorgt, dass anerkannte Flüchtlinge, die wochenlang auf ihre offiziellen
Papiere warteten, in der Zwischenzeit keinen Wohnberechtigungsschein
erhielten.
Abgerundet wird das Bild vom völkisch dominierten Landesvorstand vom in
Marzahn-Hellersdorf direkt gewählten Gunnar Lindemann: Er bleibt Beisitzer
im Landesvorstand.
Durchaus offen für alles Radikale scheint auch der neue Beisitzer Antonín
Brousek zu sein – ein Amtsrichter, der mittlerweile auch im Vorstand der
Abgeordnetenhausfraktion sitzt. Ausweislich seiner Facebook-Seite besuchte
Brousek kürzlich den Höcke-Gefolgsmann Maximilan Krah, gastierte in
[8][Schnellroda] oder ließ sich mit David Bendels, dem Chefredakteur des
rechtsextremen Deutschlandkurier, fotografieren, der die [9][“Altparteien
als politischen Feind“ betrachtet], gegen die er einen
„Vernichtungsfeldzug“ führen möchte.
## Antisemitische Codes
Brousek selbst redet gern mit antisemitischen Codes von „Globalisten“ oder
raunt im Deutschland-Kurier-Interview vom großen „Austausch“. Beim Besuch
von Björn Höcke im Herbst saß Brousek im Publikum – zwischen Lindemann und
Auricht.
Berührungsängste zum völkisch-nationalistischen Spektrum kennt auch Brinker
weiterhin keine. Im Gegenteil: Ihr Bündnis mit den Völkischen bleibt ihre
Machtbasis. Zugleich soll sie nach außen wohl mit einem für
AfD-Verhältnisse gemäßigten Auftreten einen Rest von bürgerlichem Antlitz
wahren.
Der größte Verdienst Brinkers für den Landesverband dürfte dabei ihr
organisatorisches Wirken sein: So hat sie zum zweiten Mal geräuschlos einen
AfD-Parteitag organisiert, der nur kurzfristig bekannt wurde. Diesmal fand
er im Spandauer Kant-Gymnasium statt. Gegenprotest blieb wegen der
Kurzfristigkeit aus. Das war vor Brinker noch undenkbar: Davor suchte die
AfD teils jahrelang vergeblich nach Orten für Parteitage – auch aufgrund
organisierten Widerstands durch Initiativen wie „Kein Raum der AfD“.
Stiller Gegenprotest kam immerhin vom Schulleiter des Spandauer Gymnasiums
Marc Vehlow. Der Bezirk hatte gegen seinen Willen verfügt, dass die AfD wie
andere Parteien auch öffentliche Räume im Bezirk nutzen können. Aus Protest
verhängte der Schulleiter den Namen des Gymnasiums mit einer Plane.
[10][Vehlow sagte im RBB]: „Ich möchte, dass meine Schule weiter für
Toleranz und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit steht.“
Hinweis: Der Artikel wurde aktualisiert, 21.3.2023.
20 Mar 2023
## LINKS
[1] /Neue-Parteichefin-der-AfD-Berlin/!5757819
[2] /AfD-Parteitag-in-Riesa/!5859327
[3] https://www.apabiz.de/2021/voelkisch-verwachsen-der-zustand-der-berliner-af…
[4] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/02/afd-berlin-kompetenz-netz-maac…
[5] /Voelkische-Plattform-in-der-AfD-Berlin/!5889622
[6] https://www.apabiz.de/2021/berliner-afd-mangelnde-distanz-zu-voelkisch-nati…
[7] /AfD-Politik-gegen-Fluechtlinge-in-Berlin/!5386313
[8] /Institut-fuer-Staatspolitik/!t5275430
[9] https://twitter.com/IbDoku/status/1622493376946790408?lang=de
[10] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/03/berlin-afd-parteitag-tagungso…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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