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# taz.de -- Führungskraft über Frauen im Sportbusiness: „Ich musste mich er…
> Im Nachwuchsleistungszentrums des Hamburger SV ist Eva Lotta Lockner oft
> allein unter Männern. Ein Gespräch über das Haltungzeigen.
Bild: Wird heute als Führungskraft beim HSV akzeptiert: Eva Lotta Lockner
taz: Frau Lockner, seit Ihrem Praktikum in der elften Klasse arbeiten Sie
schon beim HSV. Als Sie 2017 die Administrative Leitung des
Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) in Norderstedt übernahmen, kannten Sie
viele Kollegen noch als junges Mädchen. Was glauben Sie, wie Sie damals
wahrgenommen wurden?
Eva Lotta Lockner: In meinen ersten Jobs beim HSV – etwa als
Stadionführerin oder im Service Center – haben viele Mädels gearbeitet. Da
bin ich nicht weiter aufgefallen. Als ich dann aber als Werkstudentin ins
NLZ gewechselt bin, wurde mir klar: Hier bin ich als Frau in der absoluten
Minderheit.
Woran haben Sie das gemerkt?
Ich wurde geprüft, ob ich – als Frau – auch wirklich Ahnung von Fußball
habe. Viele wussten damals noch nicht, dass ich selbst Fußball gespielt und
schon seit Jahren beim HSV und als Sportjournalistin gearbeitet hatte. Das
musste ich erst beweisen. Bei Männern in der Branche wurde das immer
vorausgesetzt, bei mir wurde es zunächst leider angezweifelt.
Das ist jetzt acht Jahre her. Ist das heute anders?
Im HSV habe ich mittlerweile das Gefühl, gleichberechtigt zu sein. Meine
Meinung wird eingeholt und hat Gewicht, sie wird von niemandem relativiert.
Für manche externe Fußball-Funktionäre scheint es aber noch immer
ungewöhnlich zu sein, dass sie es mit einer Frau zu tun haben, wenn es um
meine Position geht. Einmal war ich zum Beispiel in einer Videokonferenz
mit Verbandsvertretern und wurde gefragt, wo denn mein Chef wäre. „Ich
vertrete das NLZ“, antwortete ich. Er guckte verdutzt.
Sind das Ausnahmen?
In den letzten Jahren bekomme ich sowas immer seltener zu hören, insgesamt
nimmt die Vielfalt im Fußball zu. Wahrscheinlich auch, weil meine
männlichen Kollegen immer jünger werden. Für diese Generation ist es ganz
normal, dass ich als Frau das NLZ in Norderstedt leite.
Trotzdem sitzen Sie heute noch manchmal nur mit Männern an einem Tisch.
So ist es. Letztens war ich in einem externen Workshop zum Thema
Kommunikation und Macht mit 25 Männern und nur einer anderen Frau. Das
schlägt sich schnell in der Gesprächsdynamik nieder. Es gibt Männer, die
unterbrechen einander häufiger als Frauen. Damit demonstrieren sie meiner
Meinung nach Macht. Das beobachte ich auch in der Körperhaltung: Während
Frauen oft die Beine überschlagen und möglichst wenig Platz einnehmen,
machen Männer das komplette Gegenteil. Zum Teil Breitbeinig, auch mal mit
verschränkten Händen hinter dem Kopf, sitzen sie mir gegenüber. Ob sie das
auch machen, wenn sie unter sich sind, kann ich natürlich nur mutmaßen.
Setzen Sie sich dann auch breitbeinig hin?
Das habe ich ausprobiert – und dann schnell wieder Abstand davon genommen.
Das passte einfach nicht zu mir als Person. Stattdessen versuche ich darauf
zu achten, mich nicht klein und schmal zu machen. Sondern eher neutral
hinzusetzen. Und mittlerweile hinterfrage ich mein Auftreten: Wie wirke ich
auf mein Gegenüber?
Und?
Häufig sind es banale Situationen: Früher habe ich noch eine Kaffeekanne
mit in Besprechungen gebracht. Damals habe ich mir keine Gedanken gemacht,
dass es komisch aussieht, wenn ich für den Kaffee sorge. Wenn dies
allerdings eher wahrgenommen wird, als meine Wortbeiträge, muss ich als
Frau solche Aufgaben an meine Kollegen delegieren. Die Wirkung war mir
vorher nicht bewusst. Ich kaufe etwa auch kein Waschmittel mehr für die
Trainer, um zu zeigen: Ich bin hier nicht die Frau für alles. Durch solche
Entscheidungen habe ich eine Haltung entwickelt. Mit der traue ich mich nun
auch in Gesprächen einzuschreiten, wenn jemand der sprechenden Person
ständig ins Wort fällt.
Wie sind die Gespräche, wenn mehr Frauen daran teilnehmen?
Meine Erfahrung ist: Frauen unterbrechen andere weniger. Schon dadurch sind
die Gespräche respektvoller, es gibt mehr Wertschätzung. Und mit jeder
neuen Perspektive werden die Diskussionen reichhaltiger. Deswegen ist es
auch so wichtig, dass es mehr Frauen im Fußball gibt.
Und wie kann das Sportbusiness für Frauen attraktiver werden?
Es geht um Sichtbarkeit. Im Sport arbeiten ganz viele Frauen, von denen wir
gar nicht wissen. Sie sind einfach nicht zu hören und zu sehen – auch, weil
wir untereinander so schlecht vernetzt sind. Jungen Mädels fehlt es dadurch
an Vorbildern. Wir müssen ihnen zeigen: Auch als Frau kann man eine
Bundesliga-Mannschaft trainieren, auf dem Spielfeld pfeifen oder ein
Nachwuchsleistungszentrum leiten.
Das versuchen Sie zu leben.
Ja, mittlerweile. Vor zwei bis drei Jahren hätte ich dieses Interview noch
nicht gegeben – damals wollte ich nicht so sichtbar sein. Das ist nun
anders. Jetzt möchte ich den Frauen und Mädels zeigen: Ich werde hier beim
HSV, meiner Leidenschaft dem Fußball, nicht aufgefressen, sondern als
Führungskraft respektiert.
Dieser Text wurde nachträglich geändert.
19 Mar 2023
## AUTOREN
Lea Scholz
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