Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Überreaktion in Hamburg: Polizei misshandelt Taxifahrer
> Beamte haben einem Taxifahrer Younes Shodjaedin Handschellen angelegt und
> die Füße weggetreten. Anlass war eine simple Ordnungswidrigkeit.
Bild: Erhebt Vorwürfe gegen die Polizei: Taxifahrer Younes Shodjaedin vor sein…
Hamburg taz | Die Hände von Younes Shodjaedin liegen in Handschellen auf
seinem Rücken – da treten zwei Polizisten gegen die Waden des Taxifahrers,
sodass er auf sein Gesäß fällt. „Das gibt es doch nicht!“, ist in dem Vi…
zu hören, das Ende Februar [1][am Hamburger Hauptbahnhof] aufgenommen
wurde. Was vor dem Tritt passiert ist, zeigt das Video nicht.
Der 59-jährige Deutsch-Iraner Shodjaedin ist seit vierzehn Jahren
Taxifahrer in Hamburg. Vor zehn Jahren gründete er sein eigenes
Taxiunternehmen. Am Morgen des 28. Februar hielt er gegen zehn Uhr hinter
einem vollen Taxistand am Hauptbahnhof. Das erzählt Shodjaedin der taz.
Hinter einem anderen Taxi habe er auf freie Plätze gewartet. Es sei
absehbar gewesen, dass die vorderen Taxis bald fahren würden. „Menschen
sind eingestiegen.“ Währenddessen sei er von der Polizei angesprochen
worden. Er dürfe nicht dort stehen, hätten die Beamten ihm gesagt – es
handele sich um eine „unerlaubte Bereitstellung des Taxis“.
Daraufhin habe er angeboten, wegzufahren, sagt Shodjeadin. Die Polizei aber
habe seine Papiere sehen wollen, woraufhin er ihnen diese aus seinem
Handschuhfach gegeben habe. Unter den Papieren seien auch abgelaufene
Schreiben von Behörden gewesen, sodass die Polizisten die aktuelle
Genehmigung nicht gesehen hätten.
## Die Eskalation
„Ich habe ihnen erklärt, warum ich hier warte“, sagt Shodjaedin. „Mein
Dachzeichen war aus – das ist wichtig, denn es zeigt Gästen an, ob ich sie
aufnehmen kann. Ich wusste, dass ich an der Stelle niemanden mitnehmen
durfte.“ Schließlich sei er aufgefordert worden auszusteigen.
Dann sei die Situation eskaliert: Ein Polizist habe an seiner Jacke
gezerrt, woraufhin Shodjaedin ihm gesagt habe, dass er dies nicht dürfe.
„Der Polizist sagte: ‚Wenn du weiterredest, lege ich dir Handschellen an‘…
Auf die Nachfrage, warum dies nötig sei, habe dieser keine Antwort gehabt.
Mit den Händen schon auf dem Rücken, habe der Polizist Shodjaedins Gesicht
an seinen Brustkorb gedrückt und ihn in den Schwitzkasten genommen. „Das
tat sehr weh, weil dort auch die Bodycam hing.“ Der Aufforderung, sich auf
den Boden zu setzen, habe er nicht nachkommen wollen. „Warum denn auch?“
In dem Moment beginnt in etwa das Video, es folgt der Tritt in die Beine;
der Taxifahrer landet auf dem Boden. Wie er danach mit in Handschellen
gefesselten Händen auf dem Boden sitzt, zeigt ein weiteres Video. Um
Shodjaedin herum stehen mehrere Polizisten. Taxifahrer und Passanten sind
aufgebracht: „Wenn er Deutscher wäre, hätte keiner ihn angerührt!“, ruft
ein Mann.
## Vorfall gefilmt
Der Taxifahrer Cengiz Mercan nahm das zweite Video auf. Er verstehe nicht,
dass Shodjaedin mit Gewalt zu Boden gezwungen und mit Handschellen
abgeführt wurde, sagt er der taz. „So eine willkürliche Gewalt habe ich
noch nicht gesehen. Er schrie, ob man nicht darüber reden könnte. Aber er
wurde ignoriert.“ Er selbst habe auch schon oft Geldstrafen bekommen – die
Polizei sei immer vor Ort.
In Mercans Video erklärt ein Polizist den Passanten: „Er durfte hier nicht
stehen. Das Ganze ist eine Ordnungswidrigkeit.“ Tatsächlich ermittelt die
Polizei wegen unerlaubten Bereitstellens eines Taxis und Widerstands gegen
Vollstreckungsbeamte, teilt ein Sprecher mit.
Die Polizisten brachten Shodjaedin auf die Polizeiwache 11, erzählt er
weiter, wo er drei Stunden eingesperrt gewesen sei. „Mir wurde gesagt, dass
ich mich beruhigen solle. Aber ich war ruhig.“ Ein Arzt habe ihn
untersucht, denn Shodjaedin habe durch die Schläge in den Nacken starke
Schmerzen gehabt. Schließlich habe ihm ein Polizist das abmontierte
Dachzeichen und die Konzessionsnummer seines Taxis in die Hand gedrückt –
eine gültige Bescheinigung fehle unter den Unterlagen, habe der Beamte ihm
mitgeteilt.
## Polizisten wegen Körperverletzung angezeigt
Die Polizisten hätten zudem sein Auto durchsucht. Shodjaedin kritisiert
das: „Auf welcher Grundlage durften sie das? Selbst der Polizist meinte,
dass sie dazu eigentlich gar nicht befugt waren.“ Shodjaedin habe ihn
darauf aufmerksam gemacht, dass seine aktuelle Bescheinigung im Auto liege.
Diese sei noch bis Ende des Jahres gültig. Außerdem habe er ihm auf seinem
Handy einen Termin bei der Behörde gezeigt, bei der er noch am selben Tag
habe vorbeischauen wollen, um die Bescheinigung für 2024 zu beantragen.
Shodjaedin möchte die Misshandlung nicht auf sich sitzen lassen: „Ich habe
mich sehr erniedrigt und gedemütigt gefühlt.“
Sein Anwalt hat inzwischen Anzeige wegen Körperverletzung gegen die
beteiligten Polizisten erstattet, sagt dieser der taz. Außerdem forderte er
die Aufnahmen der Bodycams an.
„Wenn die Ahndung einer schlichten Ordnungswidrigkeit so weit eskaliert und
zur Ingewahrsamnahme führt, gibt es berechtigte Zweifel an der
Verhältnismäßigkeit“, findet auch Deniz Celik von der Linken Hamburg. Wenn
der schwere Vorwurf des Taxifahrers zutreffe, dass die [2][Beamten trotz
kooperativen Verhaltens unmittelbare Gewalt anwendeten], sei dies
inakzeptabel.
Gegen die Polizisten führt nun das [3][Dezernat für Interne Ermittlungen]
ein Verfahren wegen des Verdachts der [4][Körperverletzung im Amt].
15 Mar 2023
## LINKS
[1] /Hamburger-Hauptbahnhof/!5814599
[2] /Chiles-Polizei-zu-Besuch-in-Hamburg/!5893130
[3] /Beschwerdestelle-der-Polizei-in-Hamburg/!5843337
[4] https://dejure.org/gesetze/StGB/340.html
## AUTOREN
Nina Spannuth
Adil Yigit
## TAGS
Polizeigewalt
Polizei Hamburg
Polizei
Hamburg
Taxi
Schwerpunkt Rassismus
Umverteilung
Polizeigewalt
Hamburg
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Rassismus
Polizei Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tod im Polizeigewahrsam: Obduktion entlastet Polizisten
Am 3. Januar starb ein Mann im Braunschweiger Polizeigewahrsam.
„Hocherregungszustand“ führte in Verbindung mit Rauschmitteln zu
Herzstillstand.
Mai-Protest im Hamburger Villenviertel: Anarchie und Umverteilung
Mehrere tausend Menschen demonstrieren in Hamburg am 1. Mai. Die Polizei
stört sich an Mund-Nasen-Masken der falschen Farbe.
Kriminologe über verfehlte Polizeigewalt: „Das kommt leider immer wieder vor…
Polizeieinsätze bei Menschen mit psychischen Problemen enden öfter mit
Todesfällen. Tobias Singelnstein über strukturelle Probleme bei der
Polizei.
Tod nach Polizeigewahrsam in Hamburg: Was geschah auf der Wache?
Die psychisch kranke Dagmar R. starb nach einem Herzstillstand auf einer
Polizeiwache. Ihr Bruder fordert, dass der Fall aufgeklärt wird.
Polizeigewalt in Lützerath: Grundrechtekomitee prangert an
Ein Bericht kritisiert überzogene Polizeigewalt bei der Räumung von
Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier. Zudem hätten Medien einseitig
berichtet.
Bewegungstermine in Berlin: Polizeigewalt und ihre Fans
Übergriffige Beamt:innen sind in der Hauptstadt bereits ein riesiges
Problem. Nun will die Schwarz-Rote Koalition auf noch mehr Repression
setzen.
Die Polizei und ihr Image: Wir sind hier nicht bei Paw Patrol
Die Hamburger Polizei hält Gangsta-Rap für schuld am schlechten Image der
Polizei unter migrantischen Jugendlichen. Ihr eigenes Verhalten nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.