# taz.de -- Kita-Streik und Betreuungsnotfälle: Wenn ich König von Deutschlan… | |
> Kita-Streik am Frauentag? Super-Idee. Aber wie wäre es denn dann auch mit | |
> einer Freistellung von Vätern, Opas und Onkeln zur Kinderbetreuung? | |
Bild: Na bitte, geht doch: Vater mit Kind in bestreikter Kita in Leipzig 2016 | |
Nun ruft also [1][Ver.di ausgerechnet am Frauentag zum Warnstreik im | |
Sozial- und Erziehungsdienst] auf. Mit dem Argument, damit auch gegen die | |
notorische Unterbewertung von so „typisch weiblichen“ Tätigkeiten kämpfen | |
zu wollen. | |
Das ist natürlich einerseits ganz hübsch, weil man ja sehen kann, dass | |
Arbeitgebervertreter sofort Schnappatmung kriegen, wenn ein Tarifkonflikt | |
mit gesellschaftspolitischen Anliegen aufgeladen wird – [2][wie zuletzt | |
beim Klimastreik.] | |
Andererseits wissen wir natürlich auch ganz genau, wer so eine geschlossene | |
Kita dann organisatorisch auszubaden hat, nicht wahr? Wer da nun wieder | |
seufzend den Terminkalender zückt, Urlaubstage vergeudet, Termine | |
verschiebt oder am Telefon hängt, um bei der Oma, der Tante, der Nachbarin | |
und der befreundeten Co-Mutti um Betreuungshilfe zu betteln? | |
Wenn ich Königin von Deutschland wäre, würde ich sofort ein Gesetz | |
erlassen, dass Arbeitgeber zwingt, in solchen Betreuungsnotfällen die | |
Väter, Opas und Onkel freizustellen. Frauen dürften sich nur freinehmen, | |
wenn sie glaubhaft versichern, dass es in ihrer Umgebung wirklich keinen | |
Mann gibt, der sich kümmern kann. | |
## No regretting motherhood, aber ich wäre doch lieber Vater | |
Ja, ja, ich weiß schon, als Alleinerziehende würde ich mir damit selbst ins | |
Knie schießen, aber es geht doch um etwas viel Größeres. 80 Prozent des | |
Gender-Pay-Gaps sind nichts anderes [3][als die ökonomische Strafe fürs | |
Muttersein]. | |
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich verbringe gern Zeit mit meinen | |
Kindern, [4][no regretting motherhood here], aber manchmal denke ich, dass | |
ich noch viel lieber ihr Vater geworden wäre. | |
Bei den allermeisten ist das doch immer noch so: Als Vater kannst du dein | |
familiäres Engagement quasi frei skalieren, von 0 bis 100 Prozent, ist | |
alles drin, wird alles beklatscht. Als Mutter hast du 100 Prozent an der | |
Backe und kannst dann versuchen, mühselig irgendwas davon wegzuverhandeln | |
oder wegzuorganisieren. | |
Ich würde deshalb auch ein Jahr Elternzeit für jedes Elternteil zum | |
Standard erheben, maximal zwei Monate dürften gemeinsam genommen werden. | |
Wer anders leben möchte, kann das ja immer noch tun, muss dann halt bloß | |
ein paar Nachteile hinnehmen. | |
## Junge Eltern können das nicht auch noch ausfechten | |
Ja, ja, natürlich kenne ich [5][ein paar von diesen neuen Vätern,] die sich | |
echt und ernsthaft und hingebungsvoll um ihre Kinder kümmern. Ich weiß aber | |
auch, wie viele von denen in ihren Firmen schief angeschaut und bei der | |
nächsten Beförderung übergangen werden. | |
Genauso wie viele „Teilzeit-Muttis“ von dem Gefühl geplagt werden, | |
eigentlich 150 Prozent arbeiten zu müssen, um zu rechtfertigen, dass ihre | |
75-Prozent-Stelle dauernd die Schichtpläne stört. | |
Es ist einfach zu viel verlangt, wenn junge Eltern in der anstrengendsten | |
und aufwühlendsten Phase ihres Lebens auch noch permanent gegen die | |
Beharrungskräfte von Arbeitsorganisationen (und | |
Sozialversicherungsapparaten) anrennen müssen, die weiter stumpf an einem | |
Familienmodell von vorgestern orientiert sind. | |
Organisationen bewegen sich nicht, solange es auch irgendwie so geht. Eine | |
Umstellung kostet Zeit, Geld und Nerven. Das tun Unternehmen nur, wenn sie | |
der hohe Anteil an weiblichen Beschäftigten oder der akute Fachkräftemangel | |
dazu zwingt – oder eben die Gesetzgeberin. | |
Aber wenn das familienbedingte Ausfallrisiko besser verteilt wäre, entfiele | |
eines der wesentlichen Argumente, mit dem Frauen schlechter bezahlt und | |
weniger befördert werden. | |
Aber gut, ich bin natürlich nicht die Königin von Deutschland. Ich habe | |
mich ja um die Kinder gekümmert. Außerdem finde ich Monarchie in | |
Wirklichkeit natürlich scheiße. Ist ja auch nichts anderes als legalisierte | |
Clankriminalität. Und Rio Reiser hat wirklich viel bessere Songs | |
geschrieben. | |
8 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://nds-bremen.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++c0c2e846-b9b3-1… | |
[2] https://www.ndr.de/nachrichten/info/Fridays-for-Future-Tausende-bei-Klima-D… | |
[3] https://www.boeckler.de/data/Boeckler_Impuls_2019_08_2.pdf | |
[4] /Regretting-Motherhood/!t5295459 | |
[5] /Vaeter/!t5007603 | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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