# taz.de -- Neues Album von Kelela: Neue Zuversicht dank Ozean | |
> Die US-Künstlerin Kelela kriegt mit ihrem neuen Album „Raven“ ihre | |
> Gefühle auf dem Dancefloor in den Griff. Wie beim Debüt geht es um große | |
> Emotionen. | |
Bild: Gefühle zeigen auf dem Dancefloor: Kelela | |
„The long wait – our raven reborn …“: Mit diesen Zeilen beginnt „Rave… | |
Titeltrack des neuen Albums der US-Künstlerin Kelela. Fans mussten sechs | |
Jahre auf den Nachfolger ihres Debütalbums „Take Me Apart“ warten. Das | |
Warten war nicht vergebens – „Raven“ ist ein Kracher, der unvermittelt von | |
verletzten Gefühlen erzählt. | |
Wellenartig baut sich der Bass auf, bis er dröhnt, während die 39-Jährige | |
kristallklar singt: „They try to break her / There’s nothing here to mourn | |
/[…] /Don’t need no favours – it’s all good I moved on.“ Dazu verstä… | |
Pianoklänge die Aussage, Sonnenlicht schiebt die Wolken am Himmel nach | |
einem reinigenden Gewitter beiseite. Kelelas Musik pulsiert energisch, | |
Synthesizer vibrieren, Bässe pumpen, ihre Stimme wird zum Echo. Alles, was | |
zählt, ist: zur Musik zu tanzen. | |
Kelela ist [1][in der äthiopischen Community in Washington aufgewachsen]. | |
Mit acht beginnt sie klassische Musik auf der Geige zu spielen, bereits | |
damals gehört Künstlerinnen wie Janet Jackson und Björk ihr Herz. Im | |
Teenageralter wird sie an der Duke Ellington School of Arts angenommen, die | |
Eltern können sich die Schulgebühren jedoch nicht leisten. | |
## Futuristischer R&B-Sound | |
Währenddessen tingelt Kelela durch Jazzclubs. Erst als 30-Jährige | |
veröffentlicht sie mit „Cut 4 Me“ ihr Mixtapedebüt. Zu hören ist eine | |
futuristische Version von R&B, mit der sie sich allmählich dem Dancefloor | |
zuwendet. Auch der Videoclip zum Hit „Frontline“ (2017), in dem sie als | |
Avatar auftrat, sorgt für Furore. | |
Anders als [2][beim Debüt „Take Me Apart“], das Gefühlslagen nach einem | |
Herzschmerzdrama erforschte, sind die 15 Tracks auf „Raven“ vom Motiv der | |
künstlerischen Erneuerung getragen. In Interviews betont Kelela, wie | |
wichtig es für sie sei, als Hörerin von ihrer eigenen Musik überrascht zu | |
sein. Damit lässt sich auch erklären, warum sie mit wechselnden | |
Produzent:Innen arbeitet. Für Musik und Arrangements sind die in Berlin | |
ansässigen Yo van Lenz, Florian T.M. Zeisig und LSDXOXO zuständig, zudem | |
die kanadische Dancehall-Spezialistin Bambii. | |
Die neuen Songs verlangen nach Bewegung und unruhigem Atem. Da ist das | |
durch die vielen Kicks an Drum ’n’ Bass erinnernde „Happy Ending“, das … | |
Küssen auf der Tanzfläche berichtet und das obsessiv Rudernde „On The Run�… | |
„Open up, Babe, I’m the one / You stay on the run / But I’m onto you …�… | |
die Inszenierung der karibischen Töne wurde neben den bereits Genannten | |
auch Kaytranada verpflichtet. | |
## Die Tür fällt ins Schloss | |
In „Contact“ wiederum sorgen schnelle Beats gepaart mit mystischen Klängen | |
für eine Szenerie aus einem Tagtraum. Der Songtext fordert dazu auf, den | |
Stress eines Arbeitstags mit einem Flirt in dunklen Clubecken vergessen zu | |
machen. Mitten in „Raven“ vollzieht sich ein plötzlicher drastischer | |
Stimmungswandel: Die Clubtür fällt ins Schloss, stattdessen beginnt nun | |
eine düstere Klangkulisse zu brodeln. Die beim Auftaktsong „Washed Away“ | |
angekündigten Bezüge zum Ozean werden nun ausführlich erkundet. | |
Wassertropfen, Windgeheul, tutende Schiffshörner grundieren die | |
elektronische Kulisse. Kelelas Blick richtet sich nach innen. „Fooley“ | |
signalisiert in seiner Textzeile „Far away from“ Abkapselung und Befreiung | |
– künstlerische Neuausrichtung schwingt darin mit. Kelelas weiche | |
Singstimme wirkt dabei beharrlich, während der Beat bebt. | |
Neue Zuversicht lässt sich in Kelelas Beschreibung einer Liebesbeziehung | |
erkennen. In „Divorce“ heißt es dazu: „I wanna go / You’re arriving �… | |
somebody new / Why when it’s done I keep trying. Es scheint für das „Ich“ | |
solo weiterzugehen – „Steady, I’m diving. In deep. Where you been hiding.… | |
Dass diese Aussage nicht als Frage formuliert ist, lässt darauf schließen, | |
dass die eigenen Wünsche wieder im Vordergrund stehen sollen. | |
Kelela überzeugt mit „Raven“ auf ganzer Linie. Das liegt daran, wie sie | |
Dancefloor-Knaller mit frechen Verführungsworten ausschmückt. [3][Trotzdem | |
klingt sie reduziert] („Washed away“), baut atmosphärische Power auf und | |
lässt schließlich sexuelle Ekstase („Sorbet“) entstehen, die aber nichts | |
überstürzen will. Wenn sie singt „No need to rush, it never ends“, klingt | |
sie sehr glaubwürdig. | |
25 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wutrede-der-US-Kuenstlerin-Kelela/!5455048 | |
[2] /Debuetalbum-von-US-Talent-Kelela/!5454043 | |
[3] /Neues-Album-von-Tune-Yards/!5477204 | |
## AUTOREN | |
Yuki Schubert | |
## TAGS | |
Rhythm & Blues | |
Washington D.C. | |
Neues Album | |
Neues Album | |
Grime | |
R&B | |
Jazz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
R&B jenseits des Mainstreams: Kraftvoll, laut und sphärisch | |
Der R&B wurde in den USA 2023 abseits des Mainstreams von progressiven | |
Künstlerinnen geprägt. Wie klingen Victoria Monét, Liv.e und Niecy Blues? | |
Debütalbum von US-Talent Kelela: Der Zukunft zugewandt | |
Schmuddeliger Grime und schmusiger R&B: US-Pop-Hoffnung Kelela legt mit | |
„Take Me Apart“ ein vielschichtiges Debütalbum vor. | |
ABRA beim Berliner Festival „Pop-Kultur“: Prinzessin, die sich ans Pferd fe… | |
Die Künstlerin ABRA aus Atlanta ist die Zukunft der Black Music. Ihr Sound: | |
reduziert. Ihre Texte und ihre Bildsprache: opulent. | |
Die Heimat des „Ethio-Jazz“: Als in Äthiopien der Sound explodierte | |
Erbebende Tanzflächen, spektakulärer Gesang: Musik aus der goldenen Zeit | |
Addis Abebas wird wiederentdeckt. Soundtracks haben zum Erfolg geholfen. |