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# taz.de -- Volksentscheid Berlin 2030 klimaneutral: In sieben Jahren auf den M…
> Die Initiative hinter dem Klima-Volksentscheid glaubt an einen Erfolg –
> und lässt ExpertInnen erklären, warum dessen Ziele erreichbar sind.
Bild: Erfolg macht gute Laune – auch schon im Vorfeld
Dass ausgerechnet ein Bild voller alter weißer Männer Berlins Aufbruch in
eine fossilfreie Zukunft symbolisieren soll, überrascht vielleicht ein
bisschen. Aber genau das präsentierte Lu Yen Roloff von ansvar2030, einem
Consultant-Unternehmen für Klimaneutralität, bei der Pressekonferenz des
[1][Volksentscheids „Berlin 2030 klimaneutral“] am Dienstag zur gerade
gestarteten Abstimmungskampagne. Es handelte sich um ein Foto von John F.
Kennedy bei einem Besuch der Nasa. Kennedy habe seinerzeit beschlossen,
dass man in zehn Jahren auf dem Mond landen werde, so Roloff, gelungen sei
es schon nach sieben Jahren. Jetzt brauche Berlin in Sachen Klima auch ein
„Moonshot-Mindset“.
Fünf Wochen vor der Abstimmung am 26. März hatten die VertreterInnen der
Initiative Klimaneustart Berlin ExpertInnen eingeladen, um noch einmal zu
verdeutlichen, dass Berlin die Klimaneutralität bis 2030 tatsächlich
erreichen könne. Michaela Zimmermann, eine der SprecherInnen der
Initiative, erklärte, die TrägerInnen des Volksentscheids würden keine
Maßnahmen zur Erreichung der Ziele vorgeben. Bei einem Erfolg werde man
dann aber den notwendigen gesellschaftlichen Dialog führen.
[2][Dass der Volksentscheid erfolgreich ist], davon gehen die
InitiatorInnen aus: Sie sei „zuversichtlich, dass wir das Quorum von 25
Prozent erreichen werden“, so Zimmermann. Denn das zur Abstimmung gestellte
Anliegen muss nicht nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten –
diese Mehrheit muss sich auch auf mindestens 25 Prozent der
Wahlberechtigten belaufen. Zurzeit seien das rund 613.000 Stimmen, sagte
Zimmermann, und allein seit dem Start der Briefwahl am 13. Februar hätten
schon 48.000 Personen von dieser Gebrauch gemacht.
Konkret geht es um ein Gesetz, das die gesetzlich festgelegten Klimaziele
des Landes massiv verschärft: Statt bis 2045 sollen Berlins CO2-Emissionen
schon bis 2030, also in sieben Jahren, praktisch auf Null fallen. Zudem
würden aus den Zielen Verpflichtungen, die sich einklagen ließen. Im
Gegensatz zu mehr als 100 europäischen Großsstädten, die sich
Klimaneutralität bis 2030 zum Ziel gesetzt hätten, strebe dies in Berlin
bislang „keine Partei im Abgeordnetenhaus“ an, so Zimmermann, „auch wenn
einige PolitikerInnen uns jetzt unterstützen“. Gemünzt war die Aussage vor
allem auf die Grüne Bettina Jarasch, die sich gegen Ende des Wahlkampfs
dazu bekannte, am 26. März mit „Ja“ stimmen zu wollen.
## Runter vom Suizid-Pfad
Unterstützer Hans-Josef Fell, [3][Präsident der Energy Watch Group],
bediente sch in Anlehnung an UN-Generalsekretär António Guterres düsterer
Worte: Die Menschheit befinde sich auf dem Weg in den Suizid. Um dem zu
entgehen, seien die Pariser Klimaziele unverzichtbar – wobei Fell selbst
bei 100-prozentiger Klimaneutralität bis 2030 nur davon ausgeht, dass bei
der globalen Erwärmung „vielleicht noch 2 Grad zu halten“ seien. Dass die
100 Prozent machbar sind, daran hat er allerdings keinen Zweifel – auch
andere große technologische Transformationen seien innerhalb eines
Jahrzehnts vonstatten gegangen.
Berlin müsse sich mit Brandenburg zusammentun, um auf der Fläche beider
Länder genügend Energie durch Wind, Sonne, aber auch Geothermie zu
erzeugen. Für Windräder sei kaum Platz in Berlin, so Fell, hier könnten
allerdings Straßen, Parkplätze und Fassaden mit Photovoltaik überdacht oder
bedeckt werden. Busse und Bahnen müssten künftig mit großen Batterien
ausgestattet werden, die als Speicher das Netz stabilisieren könnten.
Bezahlbar sei das alles, zumal wenn das Land privates Kapital für diese
Transformationen akquiriere.
Der Geschäftsführer des [4][Paderborner IpeG-Instituts], Arnold Drewer,
betonte, der Berliner Gebäudebestand biete ein enormes Potential zur
Energieeinsparung. Ein Drittel des CO2-Ausstoßes komme heute noch aus der
Wärmeerzeugung, das lasse sich massiv und in wenigen Jahren verringern.
Drewer zufolge gibt es eine große Menge an „low hanging fruits“, die als
erstes geerntet werden sollten – Gebäude mit sehr schlechtem Dämmungsgrad,
die sich sogar von angelerntem Personal, etwa über die Befüllung von
Hohlräumen mit Stoffen wie recyceltem Zeitungspapier, in wenigen Wochen
sanieren ließen.
## „Schlicht nicht erreichbar“
In einer prompten Reaktion kritisierte der Unternehmensverband UVB die
Ziele des Volksentscheids scharf: „Unredlich“ seien sie, so
Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck, denn: „Das Ziel ist schlicht nicht
erreichbar.“ Berlins Primärenergie, die heute noch zu über 90 Prozent aus
fossilen Quellen stamme, binnen sieben Jahren umzustellen, sei „ein Ding
der Unmöglichkeit“, außerdem würden Investitionen von mehreren hundert
Milliarden Euro fällig.
In ihrer Stellungnahme, die jeder Wahlbenachrichtigung beiliegt,
infomierten Senat und Abgeordnetenhaus aber nur unvollständig darüber, so
Amsinck. Dass beide Gremien den Volksentscheid einstimmig abgelehnt hätten,
werde „überhaupt nicht deutlich“.
21 Feb 2023
## LINKS
[1] https://www.berlin2030.org/
[2] /Volksentscheid-Kampagne-gestartet/!5916847
[3] https://www.energywatchgroup.org/de/
[4] https://www.ipeg-institut.de/
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
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