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# taz.de -- Deutschlandticket kommt nach Berlin: Bayern soll ja auch schön sein
> Die BVG bewirbt das neue Deutschlandticket kräftig. Trotzdem wird es
> nicht für alle Abo-KundInnen im Berliner ÖPNV die bessere Option sein.
Bild: Freut sich schon auf die BVG-KundInnen: Blumenliebhaber Markus Söder (56)
Berlin taz | Das „Deutschlandticket“ naht: Schon seit diesem Montag können
Ticket-AbonnentInnen der BVG [1][das künftige Angebot] vorbestellen, mit
dem ab dem 1. Mai Nah- und Regionalverkehr [2][bundesweit für monatlich 49
Euro] genutzt werden können. Das landeseigene Verkehrsunternehmen bewirbt
die Einführung mit einem humorigen Video und schreibt einen Großteil seiner
Abo-NutzerInnen persönlich an, um für den Umstieg zu werben. Weil die
Konditionen nicht identisch sind, rechnet die BVG dennoch damit, das bis zu
40 Prozent der Umweltticket-InhaberInnen ihrem aktuellen Tarif die Treue
halten könnten.
„Ich war noch nie am Tegernsee“, trällert ein vermeintlicher BVG-Fahrer zur
Melodie des Udo-Jürgens-Schlagers in dem Spot, der schon in den Sozialen
Medien verbreitet wird. Die Botschaft: BerlinerInnen sollen nach Bayern
oder in den Westerwald ausschwärmen, umgekehrt heißt der Hauptstadt-ÖPNV
den Rest der Republik willkommen – zum Beispiel Münchner Schnösel mit
Kaschmirpulli über den Schultern. Möglich macht es der Beschluss von Bund
und Ländern, mit einem einheitlichen Tarif auf den Erfolg des
9-Euro-Tickets im vergangenen Jahr aufzusatteln.
Seit dieser dreimonatigen Aktion, aber auch durch das aktuell vom Senat
subventionierte 29-Euro-Sonderangebot hat die BVG massenhaft neue
Zeitkarten-AbonnentInnen gewonnen: von 870.000 im Dezember 2021 auf 1,06
Millionen ein Jahr später. Zieht man die kostenlosen Abos für SchülerInnen
ab, bleiben rund 650.000 Personen, für die das Deutschlandticket eine
interessante Alternative ist – oder zumindest sein könnte. Sie alle werden
in Kürze E-Mails oder Briefe von der BVG erhalten, die ihnen die Vorteile
eines Wechsels erläutern.
Den können sie dann entweder – „mit wenigen Mausklicks“, wie es heißt �…
online oder in einem Kundenzentrum vornehmen. Das Deutschlandticket gibt es
entweder physisch als Chipkarte oder digital als Handyticket. Letzteres
besteht hauptsächlich aus einem QR-Code und ist nur in Verbindung mit einem
Lichtbildausweis gültig. Fälschungssicher soll es insofern sein, als ein
reiner Screenshot des Codes von den Lesegeräten nicht akzeptiert wird.
Wer sein Deutschlandticket an Partner oder Freundin ausleihen will, müsste
diesen also gleich sein Smartphone ausleihen. Erlaubt ist das aber nicht:
Im Gegensatz zur klassischen Berliner Umweltkarte ist das neue Ticket nicht
übertragbar. Und die Mitnahmeregelung, die es Umweltkarten-InhaberInnen
erlaubt, ab 20 Uhr und am Wochenende einen Erwachsenen und bis zu drei
Kindern mitzunehmen, gilt auch nicht. Wer diese Konditionen nutzt und
vielleicht gar nicht an den Tegernsee will, für den kann es sinnvoll sein,
monatlich 17,90 Euro draufzulegen: die Differenz zur Umweltkarte (66,90
Euro nach der anstehenden Tariferhöhung).
## SeniorInnen werden umgebucht
Offen ist, wie schnell dieser Unterschied wieder schmilzt – gemunkelt wird
bekanntlich jetzt schon, dass es nicht allzu lange beim Einführungspreis
von 49 Euro für das Deutschlandticket bleiben wird. Das könnte auch
relevant sein für die gut 70.000 AbonnentInnen des Tarifs VBB 65plus: Weil
ihr Ticket schon jetzt weder übertragbar ist noch Mitnahmemöglichkeiten
bietet, aber ein paar Euro mehr kostet als das Deutschlandticket, wandelt
die BVG es automatisch um. Sollte das Deutschlandticket bald teurer werden,
könnten die SeniorInnen preislich wieder schlechter gestellt sein. Zwar
dürfen sie laut BVG immer zurück in den alten Tarif, automatisch wird das
dann aber wohl nicht geschehen.
Stark bewerben will das Unternehmen auch Firmentickets: Mit dem Zuschuss
des Arbeitgebers und dem zusätzlichen Preisabzug durch die BVG verbilligt
sich das Deutschlandticket von 49 auf 34,40 Euro. Das ist dann nicht mehr
weit weg von den 29 Euro, die die Umweltkarte AB noch bis April kostet. Was
aus dem Wahlkampf-Versprechen der SPD wird, [3][das 29-Euro-Ticket für alle
dauerhaft] einzuführen, ist völlig unklar. Je nach Ausgang der
Koalitionsgespräche könnte es bald beerdigt werden.
20 Feb 2023
## LINKS
[1] https://www.bvg.de/de/deutschlandticket
[2] /49-Euro-Ticket/!5910800
[3] /Zukunft-des-29-Euro-Tickets-in-Berlin/!5902260
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Tickets
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