Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Clublandschaft: Alimente fürs Nachtleben
> Berliner Politiker*innen haben ein fraktionsübergreifendes Bündnis
> zum Erhalt der Clubkultur beschlossen. Es ist auch höchste Eisenbahn.
Bild: Auch Feiern ist Kultur
„Obwohl wir die Pandemie überstanden haben, läuft es nach wie vor nicht
rund“, sagt [1][Pamela Schobeß vom Club Gretchen], die „nebenher“ im
Vorstand der LiveKomm sitzt, einem deutschlandweiten Verband der
Musikspielstätten. Sie sitzt am Mittwochabend mit Vertreter*innen der
Berliner Parteien auf einem Panel der Clubcommission, das
Clubgänger*innen als eine Art Wahlomat dienen soll. Und sie findet
plastische Worte für die anhaltende Not der Clubs nach Corona, sich über
Wasser zu halten.
Immer noch herrschten Personal- und Lieferprobleme (beispielsweise beim
Equipment), durch die vielen verschobenen Konzerte gebe es ein krasses
Überangebot für zu wenige Besucher*innen, außerdem seien viele
Veranstalter*innen und Besucher*innen krank oder hätten massive
Geldprobleme.
„Unsere Welt ist aus den Fugen“ sagt sie und spricht sich für eine
dauerhafte staatliche Alimentierung aus – so wenig das zu einer Szene
passen mag, die sich in den wilden Nachwendejahren in leer stehenden
Fabriketagen, Tresoren und Bunkern selbst erfunden hat und immer stolz
darauf war, sich selbst zu tragen.
Doch anders, als man vermuten könnte, stößt Schobeß in der Politik trotz
knapper Kassen nicht etwa auf Angst und Schrecken, sondern auf große
Zustimmung. Die Clubkultur ist unterstützenswert, finden sowohl
Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der sowieso seit Beginn seiner
Amtszeit als Schutzherr der Berliner Clubs gilt, als auch Christian Goiny
(CDU), Julian Schwarze, der für die Grünen die Themen Clubkultur,
Stadtentwicklung und Stadtkultur beackert, Tamara Lüdke, clubpolitische
Sprecherin der SPD, und sogar Stefan Förster von der FDP.
Sie alle haben erkannt, dass Berlins Clubs für Diversität in dieser Stadt
stehen und dass sie in Gefahr sind, sich angesichts der aktuellen
Preisentwicklung zu Orten für „Rich Kids“ zu entwickeln. Und nicht zuletzt
ist Clubkultur auch wegen ihrer Anziehungskraft auf Touristi*nnen für
Berlin, was die „Schwerindustrie für Baden-Württemberg“ ist (O-Ton Stefan
Förster). Auf der [2][Website der Clubcommisson kann man über das erwähnte
Panel hinaus mit Kernfragen der Clubmacher*innen und Antworten aus der
Politik nachlesen], dass die Clubs nicht nur auf dem Papier als
Kulturstätten voll anerkannt sind.
## Da rückt viel heran
Auch, wenn es vielen seltsam vorkommen mag, dass das Berliner Nachtleben
kein politikfreier Raum bleiben kann: Es gibt noch mehr Bedrohungsszenarien
als die genannten. Da rückt viel heran, sagt Pamela Schobeß. Wie kann man
in einer dichter und teurer werdenden Stadt Clubs sichern? Wie kann man sie
in Sachen Schallschutz und mehr Nachhaltigkeit unterstützen? Wie
Genehmigungsverfahren für Veranstaltungen unter freiem Himmel vereinfachen?
[3][Und was tun mit der A100, die viele Clubs gefährden würde?]
Im Grunde, da ist man sich einig, ist in den letzten Jahren schon einiges
passiert in Berlin. Auch wenn Baurecht und Gewerbemietrecht Bundes- und
nicht Ländersache bleiben und sich da recht wenig tue, gebe es durchaus
Spielräume. Nur, dass dies noch nicht überall bis zur Berliner Verwaltung
durchgesickert sei und die Bezirke diese Spielräume vollkommen
unterschiedlich nutzen.
Insofern ist es sehr vernünftig, dass sich trotz Wahlkampf am Ende
tatsächlich alle Teilnehmer*innen des Panels einigen, endlich ein
parteiübergreifendes Bündnis für die Clubkultur zu bilden. Vielleicht
dringt es dann noch bis in die untersten Ebenen durch, dass der Stadt ohne
ihre Clublandschaft viel fehlen würde.
4 Feb 2023
## LINKS
[1] /Clubcommission-Vorsitzende-im-Interview/!5754701
[2] https://vote.clubkultur.berlin/
[3] /Neuer-Ort-fuer-Kulturzentrum-Zukunft/!5904708
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Wochenkommentar
Clubkultur
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Berliner Nachtleben
Clubs
Clubkultur
Koalitionsvertrag
Clubszene
Club Commission
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berliner Clubkultur: Ein wichtiges Signal
Berlins Clubkultur und ihre Räume sollen langfristig geschützt werden.
Dafür wurde nun ein fraktionsübergreifendes Forum gegründet.
Berliner Clubkultur im Parlament: „Nachhaltiges Feiern im Fokus“
Die SPD-Abgeordnete Tamara Lüdke bringt mit Kollegen anderer Fraktionen ein
„Parlamentarisches Forum für Clubkultur“ auf den Weg. Start ist am
Donnerstag.
Koalitionsvertrag für Berlin: Ein bisschen Lärm muss sein
CDU und SPD wollen die Clubkultur schützen. Dafür sollen künftig mehr
Open-Air-Events und „störende Veranstaltungen“ erlaubt sein.
Veranstaltungen in Berlin: Tanz vor der Welle
Clubbetreiber*innen schauen mit Sorge auf den Herbst. Mögliche
Verschärfungen bei der Maskenpflicht in Innenräumen könnten zum Problem
werden.
Förderung für Kultur und Wirtschaft: Und tschüss, Corona!
Der Berliner Senat legt ein 330 Millionen Euro schweres „Neustart“-Programm
auf. Das Nachtleben Berlins ist noch weit von der „Normaliät“ entfernt.
Berliner Clubs nach zwei Jahren Corona: Zögerlicher Tanz aus der Pandemie
Ab 4. März kann in den Clubs wieder gefeiert werden. Aber ein schlichtes
Zurück zur Normalität, zu einem Vor-Pandemie-Zustand, soll es nicht geben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.