| # taz.de -- Wahlergebnisse in Berlins Bezirken: Schwarz könnte, aber kann nicht | |
| > Die CDU ist in vielen Bezirken wieder stärkste Kraft. An der roten oder | |
| > grünen Besetzung von Rathäusern ändert das wohl erst mal nichts. | |
| Bild: Im Rathaus Reinickendorf regiert ein SPD-Bürgermeister – jetzt mit sch… | |
| Berlin taz | Das politische Farbsprektrum in den Berliner Bezirken ist nach | |
| diesem Wahlsonntag deutlich geschrumpft: Bis auf die grün gewonnenen | |
| Bezirke Mitte, Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg dominiert überall das | |
| Schwarz der CDU bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen, kurz | |
| BVV. | |
| In neun Bezirken könnten die Christdemokraten demnach künftig die | |
| Bezirksbürgermeister*innen stellen. Allerdings dürfte das graue | |
| Theorie bleiben. Denn in keinem einzigen Bezirk ist derzeit ein | |
| CDU-Bürgermeister im Amt, weil sich nach der Wahl 2021 überall andere | |
| Zählgemeinschaften zwischen den Parteien bildeten. Auf diese Weise [1][kam | |
| auch die SPD dort zum Zuge, wo die CDU stärkste Kraft geworden war]: in | |
| Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf. | |
| Das starke Ergebnis der CDU bei der Abgeordnetenhaus spiegelt sich also | |
| noch einmal krasser in den Bezirken wider: Fast überall liegt die Partei | |
| bei der Anzahl der BVV-Sitze vorne. Doch regieren kann sie mit diesem | |
| Ergebnis noch lange nicht: In den Bezirken ist der Weg zur Macht besonders | |
| weit und kompliziert. | |
| Denn die Stadträt*innen und die Bezirksbürgermeister*innen – also | |
| die Mitglieder des Bezirksamts – sind gewählte Beamt*innen. Bis 2026, wenn | |
| die Legislatur endet, haben sie ein Anrecht auf ihren Posten. Abgewählt | |
| werden könnten sie nur von einer Zweidrittelmehrheit im Bezirksparlament. | |
| Die ist aber nicht mal in den alten Westbezirken Spandau und Reinickendorf | |
| in Sicht, wo die CDU auf rund 40 Prozent der Stimmen kommt – in | |
| Reinickendorf ist sie bei der Sitzverteilung in der BVV sogar nicht weit | |
| von der absoluten Mehrheit entfernt. | |
| Hier steht also das Beamtenrecht im Widerspruch zum demokratischen Prinzip, | |
| dass der Wahlsieger zumindest das Vorschlagsrecht für den oder die | |
| Regierungschef*in im Bezirk hat. Die Bezirksbürgermeister sehen | |
| allerdings keinen zwingenden Widerspruch zum Wählerauftrag. Eine | |
| taz-Anfrage in einigen Bezirken am Montag zeigt: Sie wollen im Amt bleiben. | |
| Oliver Igel, SPD-Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick, sagt: Wichtig | |
| sei die Legitimation durch eine „demokratische Mehrheit in der BVV“. Die | |
| könne es natürlich auch gegen die stärkste Kraft geben – wie bei Bundes- | |
| oder Landtagswahlen auch. | |
| In seinem Bezirk liege die SPD nur einen Prozentpunkt hinter der CDU. Er | |
| sei „optimistisch“, so Igel, dass es auch kein Problem sein werde, | |
| weiterhin Mehrheiten in der BVV etwa für Haushalts- oder Bebauungspläne zu | |
| bekommen. | |
| Jörn Oltmann, Grünen-Bezirksbürgermeister in Tempelhof-Schöneberg, würde | |
| künftig in seinem Bezirk die Linken mit ins Boot holen, um genau solche | |
| „Blockaden“ zu verhindern. Heute Abend soll es in den bezirklichen | |
| Parteigremien Gespräche geben, wie es weitergehen soll. | |
| ## Berlinweiter Redebedarf | |
| Wie die vom CDU-Erfolg rechnerisch überflügelten Zählgemeinschaften in | |
| etlichen BVVen mit der veränderten Situation umgehen, könnte sich auch in | |
| Form überbezirklicher Absprachen ergeben. „Das müsste man insgesamt | |
| betrachten“, sagt Güneş Keskin, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BVV | |
| Reinickendorf. Für sie gilt es vor Ort nun noch mehr, Mehrheiten von CDU | |
| und AfD zu verhindern. Beide Fraktionen kommen zusammen auf eine absolute | |
| Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung, und: „In der Vergangenheit | |
| hat man da ja schon gemeinsames Stimmverhalten gesehen.“ | |
| Im Bezirk Reinickendorf hatte eine Ampel-Zählgemeinschaft aus SPD, Grünen | |
| und FDP nach der Wahl 2021 der CDU das Bürgermeisteramt abgenommen, das | |
| diese seit 1995 durchgängig besetzen konnte. Möglich war das, weil die | |
| Christdemokraten damals – für ihre Verhältnisse im konservativ geprägten | |
| Bezirk – miserabel abgeschnitten hatten und gerade einmal auf 29 Prozent | |
| der Stimmen gekommen waren. Diesmal sprang sie zurück auf satte 40,5 | |
| Prozent, während alle anderen in der BVV vertretenen Parteien | |
| Stimmenanteile verloren. | |
| 14 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
| Claudius Prößer | |
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