| # taz.de -- Filmdokumentation „Männer“: Männer sind kein Klischee | |
| > Bremerhavener Medien-Studierende loten mit ihrer Dokumentation „Männer“ | |
| > das Andere eines Geschlechts aus. Auf Festivals läuft der Film | |
| > erfolgreich. | |
| Bild: Mit Muskeln lassen sich mitunter zarte und musische Seiten verbergen: Sze… | |
| Ilir arbeitet online als „Männercoach“ und er kann sein Mannsein am besten | |
| alleine in der Menschenleere eines stillgelegten Steinbruchs ausleben. Jona | |
| arbeitet in einer queeren Theatergruppe und eines seiner | |
| Lieblingskleidungstücke ist ein kurzer, schwarzer Rock. Die beiden gehören | |
| zu den fünf Protagonisten, die in dem 39 Minuten langen Dokumentarfilm | |
| „Männer“ vorgestellt werden. Sie sind zwischen 22 und 28 Jahre alt und | |
| gehören so zur gleichen Altersgruppe wie die Filmemacher*innen. Denn | |
| „Männer“ wurde von Studierenden des Studiengangs Digitale Medienproduktion | |
| der Hochschule Bremerhaven gedreht. | |
| Dessen Leiter ist [1][Holger Rada]. Und mit jedem seiner Jahrgänge | |
| produziert der Professor einen Dokumentarfilm. „Männer“ ist so gut | |
| gelungen, dass er schon zu einigen internationalen Festivals eingeladen | |
| wurde. Er beginnt mit einer Straßenumfrage, und die Antworten der | |
| Passant*innen auf die Frage „Was ist ein Mann?“ spiegeln die gängigen | |
| Vorstellungen wider. Der eine sagt, ein Mann „muss alles für die Familie | |
| machen“, die andere meint „ein Mann muss gar nichts!“. Was würden Sie | |
| antworten? | |
| Diese nur anderthalb Minuten lange Einführung macht neugierig, weil sie | |
| nicht ohne Witz verdeutlicht, wie kompliziert das Thema zwischen | |
| [2][toxischen Männlichkeitsklischees] und [3][Diversität] ist. Danach sehen | |
| wir dann kurze Einstellungen, in denen die fünf Protagonisten sich so | |
| zeigen, wie sie selber sich gerne darstellen: Da schreit dann Ilir in | |
| Siegerhaltung in seinen Steinbruch und Jona tanzt in Posen, die deutlich | |
| feminin wirken. Der Film zeigt die Protagonisten in ihren Lebenswelten. Der | |
| Physiotherapeut Nikolas massiert einen Patienten, der Fahrradaktivist | |
| Martin schraubt in einer Werkstatt herum und erzählt dabei, dass er die | |
| ersten Griffe seines Handwerks von seiner Mutter gelernt hat. | |
| Solche Brüche sind es, die den Film interessant machen. So ist der | |
| 22-jährige Nick zwar ein Mann mit vielen Muskeln, die er in der Muckibude | |
| trainiert. Bei ihm zu Hause hängt auch ein Bild von seinem Idol Arnold | |
| Schwarzenegger an der Wand. Aber dann setzt er sich dort an ein Keyboard | |
| und spielt eine gefühlvolle Ballade, die er selber nach dem Tod eines | |
| Freundes komponiert hat. | |
| Den jungen Filmemacher*innen gelingt es, mit der Kamera solche Momente | |
| einzufangen, in denen die Protagonisten sich gerade in ihren offensichtlich | |
| für die Dreharbeiten arrangierten Selbstdarstellungen offenbaren. Dabei | |
| wird der Macho genauso ernst genommen wie der Schwule. Das Filmteam bestand | |
| aus neun Studierenden. Bei den Dreharbeiten in Berlin, Oldenburg, Bremen | |
| und Sindelfingen bei Stuttgart ließ Dozent Rada ihnen freie Hand. | |
| In der Postproduktion griff er dann mehr ein, und man merkt bei der | |
| Dramaturgie und der Montage, dass dies die Arbeit eines erfahrenen | |
| Filmhandwerkers ist. Denn Rada hat offensichtlich den Ehrgeiz, die | |
| Filmprojekte seiner Klassen für audiovisuelle Medien so professionell und | |
| kreativ umzusetzen, dass sie auf internationalen Festivals bestehen können. | |
| So wurde im Jahr 2016 die Dokumentation „Das Leben, you know“ über den | |
| Bremerhavener Stadtteil Lehe auf dem „Los Angeles Urban Filmfestival“ | |
| gezeigt. | |
| „Männer“ hatte seine Welturaufführung im Oktober 2022 auf dem „Ukrainian | |
| Dream Film Festival“ in Odessa. Für Rada war dies eine besondere Ehre, da | |
| er beeindruckt davon sei, wie „die Kulturschaffenden dort einfach ihr Ding | |
| durchziehen und so ein bisschen Normalität bewahren“. „Männer“ lief | |
| außerdem auf Festivals in Schweden, Rumänien und Israel, im August wird er | |
| auf einem großen Dokumentarfilmfestival auf Kreta gezeigt. Die griechischen | |
| Untertitel werden gegenwärtig produziert. | |
| Vielleicht werden die Bremerhavener Studierenden dorthin dann auch einmal | |
| als Gäste eingeladen. Bislang haben sie ihr Werk nämlich noch nicht auf | |
| einer großen Leinwand mit Publikum gesehen, dabei ist auch das eine | |
| Erfahrung, die dringend auf den Lehrplan gehört. Eine gute Chance darauf | |
| haben sie im Mai: Dann soll der Film in einem Bremerhavener Kino gezeigt | |
| werden. | |
| 14 Feb 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://holger-rada.de/ | |
| [2] /Maennerbild-von-Schauspieler-Sean-Penn/!5830684 | |
| [3] /Grenzen-der-Vielfalt/!5893526 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
| ## TAGS | |
| Männer | |
| Dokumentarfilm | |
| Film | |
| Bremerhaven | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Schwerpunkt #metoo | |
| Schwerpunkt Berlinale | |
| Kolumne Einfach gesagt | |
| Männer | |
| Toxische Männlichkeit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Doku-Serie „Arnold“ über Schwarzenegger: Belästigung nicht totgeschwiegen | |
| In der Serie „Arnold“ gibt sich der Weltstar aus Österreich ehrlich, zeigt | |
| Reue und gesteht Fehler ein. Kritisch nachgehakt wird trotzdem nicht. | |
| Berlinale schaut auf Deutschland: Den Blick weiten | |
| Das Programm „Fiktionsbescheinigung“ im Forum der Berlinale würdigt | |
| übersehene Filmemacher. Ihre Werke üben Kritik an deutschen Verhältnissen. | |
| Was in letzter Zeit alles los war: Drama, Drama, Drama | |
| Was können Männer besser als Frauen? Sie haben mehr | |
| Inkompetenzkompensationskompetenz. Unvorteilhaft eigentlich, denn Schwäche | |
| zeigen ist total 2023. | |
| Männlichkeit, Krieg und ganz viel Liebe: They Hate The Love | |
| Kim de l'Horizon wurde für das „Blutbuch“, das Sprache und Geschlecht | |
| seziert, mit Preisen geehrt. Und widmet sich an dieser Stelle den Männern. | |
| Fleischkonsum und Männlichkeit: Männer schlecht für Tier und Umwelt | |
| Männer essen doppelt so viel Fleisch wie Frauen – und reproduzieren so | |
| Klischees über körperliche und kulturelle Dominanz. |