# taz.de -- AfD und Russland: AfD kuschelt weiter mit Putin | |
> Streit um Stalingrad-Gedenken: AfD-Chef Chrupalla legte mit dem | |
> russischen Botschafter einen Kranz nieder. Kritik gab es auch an einem | |
> „Friedensplan“. | |
Bild: Russophile unter sich: Gauland musste nach heftigem Widerstand seinen „… | |
BERLIN taz | Die Feier zum zehnjährigen Parteijubiläum ist keine zwei Tage | |
her und schon kracht es wieder in der AfD: Anlass dafür war auch | |
Fraktionschef Tino Chrupalla. Der hat letzten Donnerstag am Jahrestag der | |
Niederlage von Stalingrad mit dem russischen Botschafter Sergei Netschajew | |
einen Kranz an der Gedenkstätte Seelower Höhen niedergelegt. Der Gedenkort | |
in Brandenburg wurde 1945 von der Sowjetunion errichtet und hieß in der DDR | |
„Gedenkstätte der Befreiung“. | |
Zum Ärger nicht nur der neurechten Zeitung Junge Freiheit schlachtete die | |
russische Botschaft den Besuch propagandistisch als gemeinsames Gedenken | |
„der Zerschlagung der deutsch-faschistischen Truppen in der Schlacht um | |
Stalingrad“ aus. Botschafter Netschajew habe gemeinsam mit dem | |
Co-Vorsitzenden der AfD der Soldaten der Roten Armee gedacht, „die im Kampf | |
gegen den deutschen Nazismus gefallen sind“ bis zur „endgültigen | |
Zerschlagung Hitlerdeutschlands“, hieß es in einer Mitteilung der | |
russischen Botschaft. | |
Die Junge Freiheit warf Chrupalla vor, sich für russische Propaganda | |
einspannen zu lassen. Auch in der Fraktion gab es deutliche Kritik an der | |
Aktion. Chrupalla hatte immerhin etwas pflichtschuldig in einem eigenem | |
Post auf Facebook noch ein Foto vom Städtischen Friedhof in Seelow | |
veröffentlicht, das ihn bei einer zweiten Kranzniederlegung für | |
Wehrmachtssoldaten zeigt. | |
Der Fraktionschef warf der Jungen Freiheit am Mittwoch bei einer | |
Pressekonferenz seinerseits „Propaganda“ vor und betonte: „Herr Chrupalla | |
war zuerst natürlich auf dem deutschen Soldatenfriedhof.“ Dennoch halte er | |
die Message der Russischen Botschaft für unglücklich, räumte er ein. | |
## „Friedensplan“ der AfD | |
Das änderte allerdings nichts daran, dass sich Teile der AfD weiter für | |
russische Propaganda einspannen lassen: Auf der Pressekonferenz stellte die | |
Fraktion einen „Friedensplan“ zum Ukraine-Krieg vor, der seinerseits | |
Gegenstand heftiger interner Auseinandersetzungen war. | |
Beim Streit über die ursprüngliche deutlich prorussische Fassung des | |
Papiers aus der Feder von Alexander Gauland soll es bei einer | |
Fraktionssitzung vor zwei Wochen sogar zu wüsten Beschimpfungen wie | |
„Speichelleckerei“ und „hündische Unterwerfung“ gekommen sein. Die | |
Vorstellung des Papiers wurde dann vertragt. | |
Auf der Pressekonferenz stellte die AfD nun eine entschärfte Version vor, | |
nachdem der „Antrag“ erneut Thema in der Fraktionssitzung am Dienstag war: | |
Der „Friedensplan“ heißt nun „Friedensinitiative“. Beide Versionen lie… | |
der taz vor. In der ursprünglichen Version wurde der russische | |
Angriffskrieg nicht verurteilt und die 2013 annektierte Krim sollte nach | |
Waffenstillstand und Verhandlungen der Russischen Föderation zugeschlagen | |
werden. | |
In der neuen Version ist nun die Rede von einem „völkerrechtswidrigen | |
Angriffskrieg“. Ebenso sollen Russland und die Ukraine offene Fragen zur | |
Krim innerhalb von 15 Jahren bilateral lösen. Gleich geblieben ist, dass | |
nach einem schrittweisen Waffenstillstand alle Kriegsflüchtlinge | |
zurückkehren und dann unter Aufsicht der OSZE Referenden abgehalten werden | |
sollten. Chancen auf eine Mehrheit hat der Vorschlag ebenso wenig wie eine | |
realistische Umsetzungsperspektive. Gauland spricht dazu am Freitag im | |
Bundestag. | |
## AfD-Politiker im Propaganda-TV | |
Thema waren bei der Pressekonferenz auch jüngste Auftritte diverser | |
AfD-Politiker im russischen Propaganda-Fernsehen. Chrupalla relativierte | |
das und setzte en passant die russische Medienlandschaft mit der deutschen | |
gleich. Es gebe Propaganda auf beiden Seiten, so Chrupalla. Die | |
AfD-Fraktion veröffentlichte den Mitschnitt der Pressekonferenz kurz darauf | |
auf Youtube unter dem Titel „AfD-Fraktion stellt Friedensinitiative vor – | |
GEZ-Journalisten pöbeln rum!“. | |
Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Petr Bystron, verlieh dem | |
Schauspiel noch ein antisemitisches Grundrauschen, in dem er im | |
Zusammenhang mit einem Correctiv-Bericht über seine [1][nicht mit dem | |
Bundestag abgestimmte und offenbar heimliche Reise nach Weißrussland] von | |
„Fake News“ einer von Soros finanzierten NGO sprach. Die Reise in die mit | |
Russland verbündete Diktatur Weißrussland bestätigte er gleichwohl. Er habe | |
diese aber mit der Fraktion abgestimmt und sie nicht geheim gehalten, | |
behauptete Bystron. | |
Fast zur Randnotiz wurde dabei, dass der Cellist und AfD-Abgeordnete | |
Matthias Moosdorf in nationalistischer Tradition nebenbei die deutsche | |
Kriegsschuld im ersten Weltkrieg relativierte, als er den Ukrainekrieg mit | |
der Situation von 1914 verglich: „Damals sind Dinge passiert, die sich | |
heute scheinbar völlig unreflektiert zu wiederholen scheinen. Dort sind | |
Länder in einen bewaffneten Konflikt hinein geschlittert, teilweise aus | |
überzogenem Verständnis von Bündnisverpflichtungen, aus Lust an der | |
Provokation und auch aus Automatismen heraus.“ Womit man wieder bei | |
Revisionismus wäre. | |
8 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2023/02/08/heimlicher-abstecher… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
## TAGS | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Rechtsextremismus | |
Revisionismus | |
Stalingrad | |
Tino Chrupalla | |
Alexander Gauland | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Sowjetunion | |
Schwerpunkt AfD in Berlin | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bürgermeisterwahl in Seelow: Schlappe für AfD in Brandenburg | |
Die AfD stellt in Brandenburg weiterhin keinen hauptamtlichen | |
Bürgermeister. Der parteilose Amtsinhaber setzt sich gegen den | |
AfD-Kandidaten durch. | |
Deutsches Gedenken und Russlands Beitrag: Schlacht um die Erinnerung | |
In Seelow fand 1945 der letzte große Kampf zwischen Roter Armee und | |
Nazideutschland statt. Heute ist die Gedenkstätte von Putinverstehern | |
umkämpft. | |
AfD-Ergebnis bei der Berlin-Wahl: AfD bleibt pöbelnder Zuschauer | |
Die extrem rechte AfD hat auf mehr gehofft bei der Abgeordnetenhauswahl und | |
gewinnt vier Mandate dazu. Gewählt wird sie für ihren Rassismus. | |
Sozialwissenschaftler über 10 Jahre AfD: „Es fehlt die Machtperspektive“ | |
Im Osten sei der Wandel der AfD zur rechtsextremen Partei abgeschlossen, | |
sagt der Rechtsextremismus-Experte David Begrich. | |
Politikwissenschaftler über 10 Jahre AfD: „Die AfD verrottet von unten“ | |
Auch in der Opposition richtet die AfD Schaden an, sagt | |
Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch. Er glaubt aber, dass die | |
Brandmauer hält. | |
10 Jahre AfD: Von Blau zu Braun | |
Vor zehn Jahren gründeten ein paar ältere Herren die AfD. Seitdem hat sie | |
sich immer weiter radikalisiert. Welche Verantwortung tragen ihre Gründer? |