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# taz.de -- Neuer Name für Deutsch-Russisches Museum: Hier weht nur noch die U…
> Das Deutsch-Russische Museum heißt nur noch Museum Karlshorst. Es
> verurteilt den russischen Angriffskrieg, aber Russland irritiert das
> nicht.
Bild: Das Museum am 24.02.2022, als Russland den Angriffskrieg begann
Berlin taz | Der befürchtete Protest aus Moskau blieb aus. Er kam nicht,
als am Morgen des 24. Februar 2022 das einstige [1][Deutsch-Russische
Museum] sich in [2][„Museum Karlshorst“] umbenannte und Museumsmitarbeiter
vor dem Haus die russische, belarussische und deutsche Fahne einzogen, die
dort über Jahre gehangen hatten, und nur noch die ukrainische hängen
ließen.
Der Protest kam nicht, als im April das Museum in einem [3][Statement auf
seiner Website] „den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen
Föderation gegen die souveräne Ukraine“ verurteilte. Und es blieb still,
als das Museum in den Folgemonaten ukrainischen Museen half, ihre Bestände
vor Kriegszerstörungen zu bewahren, und ukrainische Praktikantinnen
aufnahm.
Das Museum Karlshorst, wie es jetzt also heißt, ist der Ort, an dem in der
Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 die deutsche Wehrmacht die bedingungslose
Kapitulation unterzeichnete und damit der Zweite Weltkrieg für Europa zu
Ende ging. In den Folgejahren zog die Sowjetische Militäradministration ins
Gebäude, es gab bereits Ausstellungsräume.
## Leihgaben aus Russland
Beispielsweise Mobiliar, an dem 1945 die Kapitulationsurkunde unterzeichnet
und an die Alliierten übergeben wurde. Oder ein in den 1960er Jahren von
sowjetischen Künstlern erstelltes Diorama, das die Erstürmung des
Reichstages nachstellt.
Diese und weitere Exponate gehören eigentlich dem Zentralen Museum der
Streitkräfte der Russischen Föderation in Moskau, das sie 1994 dem
Karlshorster Museum als Dauerleihgabe übergab.
Und hat Russland die Ausstellungsstücke von dem kritischen Museum
zurückgefordert? Direktor Jörg Morré schüttelt den Kopf. „Es gibt für
Russland ja keinen Grund, sich vom Ort des Sieges zurückzuziehen.“
## Multinationale Diskussion um neue Ausstellungen
Das Museum wird von einem Verein getragen, in dem nicht nur Museen aus
Russland, Belarus und der Ukraine Mitglied sind, sondern auch die
Ministerien für Äußeres, Verteidigung und Kultur aus Russland und
Deutschland.
So wurde es 1994 festgelegt, als die russischen Streitkräfte aus
Deutschland abzogen. Diese Behörden kamen bis zur Pandemie einmal pro Jahr
in Karlshorst zusammen, um den Vorstand zu entlasten und über neue
Ausstellungen zu beraten. „Seitdem läuft das im Umlaufverfahren“, sagt
Morré, und das lief in Kriegszeiten unproblematisch.
Debatten gab es eher vor fünf Jahren, als das Museum eine Ausstellung zur
Stationierung der sowjetischen Streitkräfte in der DDR plante. Morré: „Da
kamen von russischer Seite Fragen auf, ob wir ihren Müll ausstellen oder
Probleme des Miteinanders mit der Nachbarschaft von Kasernen zeigen
wollten. Aber die Bedenken konnten wir ausräumen.“
## Proteste von Nachbarn
Während russische Behörden zur Umbenennung des Museums und zu dessen Kritik
am russischen Angriffskrieg schweigen, sind es einzelne Nachbarn, die
dagegen protestieren. Morré zeigt der taz eine Gedenktafel, vor der
Nachbarn seitdem regelmäßig Kerzen, Blumen und Tannengrün ablegen.
„Die Heldentaten der sowjetischen Soldaten im Kampf gegen den Faschismus
werden in den Herzen der heutigen und zukünftigen Generationen lebendig
bleiben“, steht auf der Tafel. „Das ist eine Form des Protestes von
Anwohnern, die sich auch im Besucherbuch findet“, sagt der Direktor.
Von Besuchern, die nicht unterscheiden zwischen der Befreiung Deutschlands
durch die sowjetische Armee und dem jetzigen russischen Angriffskrieg auf
die Ukraine.
Morré: „So nach dem Motto: Wenn das Museum das Andenken der russischen
Soldaten nicht ehren will, dann müssen wir das eben selbst tun.“ Eine
Dialogform, die sich eigentlich jedes Museum wünschen würde, auch wenn es,
wie in diesem Fall, die Kritik der Nachbarn nicht teilt.
17 Feb 2023
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Museum_Berlin-Karlshorst
[2] https://www.museum-karlshorst.de/
[3] https://www.museum-karlshorst.de/fileadmin/KAMPAGNE/Statement_27.4.22.pdf
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Russland
Museum
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