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# taz.de -- Berlinwahl, Klamroth und Großbritannien: Das Herz schlägt noch
> Die Union bietet bei der Berlinwahl nur Äh und liegt trotzdem vorn. Und
> im Mutterland des Klassenkampfes bringt man eine halbe Million auf die
> Straße.
Bild: In Großbritannien gibt es noch Gegenwehr, hier streikende Krankenschwest…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Deutschland isoliert, wenn es keine Leos liefert.
Und was wird in dieser besser?
Deutschland isoliert beim Leoliefern.
Das [1][Bundesverfassungsgericht hat entschieden]: Die Wiederholung der
Berlinwahl ist rechtmäßig. Doch die Wähler*innen sind verunsichert, die
Zustimmung für die aktuelle Landesregierung schwindet. Wie geht es nun
weiter?
Für einen Wahlsieg braucht man üblicherweise Programm, Person und
Perspektive. Die Union bietet in diesen drei Sportarten: 1. äh, 2.
kennichnich und 3. „mit wem wollen die eigentlich koalieren?“. Und liegt
vorne. Auch die AfD kann – ein bisschen – profitieren. Beunruhigung und
Frust stärken gern rechte Parteien, weil die mit „Ordnung“ verwechselt
werden. Wenigstens von sich selbst. Unions-Kandidat Wegner rumpumpelt
ordentlich da längs wegen „Silvesterkrawallen“ und „Klimaklebern“. Im
Bundestag war er Baupolitiker, was man seiner Stadt inzwischen auch
ansieht. Da er sich mit den Ortsgrünen wegen Mobilitätswende komplett
zerschmissen hat, schwärmt er inzwischen von Schwarz-Rot: für die es eher
auch nicht reicht. Egal, erst mal wählen – ob die Wiederholung final
zulässig ist, entscheidet das Gericht noch in der Hauptsache: nach der
Wahl.
[2][Der WDR stand in der Kritik], weil „hart aber fair“-Moderator Louis
Klamroth mit Klimaaktivistin Luisa Neubauer zusammen ist. WDR-Intendant Tom
Buhrow hat sich vor dem Rundfunkrat dann hinter Klamroth gestellt. Ein
gutes Zeichen für die Liebe?
Springer hält sich zwei Ehefrauen von FDP-Chef Lindner in
Führungspositionen. Die ARD-Programmdirektorin ist Tochter eines
CDU-Innenministers und mit einem CDU-Innenminister verheiratet. Gott, wär
das ’ne geile Runde bei Klammbauer. Es ist ein Dilemma, man möchte es nicht
haben, und alle Beteiligten nehmen ohne Schuld Schaden. So einfach ist das.
FFF könnte noch mobben, dass Neubauer nach außen klare Kante predigt,
privat hingegen Romantik mit dem Mediensystemling, pfui. Die Klimasendung
zur Rundfunkratssitzung um die Klimaaktivistin hatte die höchste Quote
bisher. Das spricht nur auf den ersten Blick für Vielehe. Disclaimer:
Klamroth fing in unserer Firma als Praktikant an, und wir begleiteten ihn
fünf Jahre zum Moderator. Obwohl insgeheim alle Bescheid wussten, machte
niemand Aufhebens davon: Schalker. Was will man da erwarten.
In Großbritannien [3][haben unter anderem die Lehrer*innen und
Regierungsbeamte gestreikt]. Es war der größte Streik im Land seit Jahren.
Was sagt uns das über den Zustand des Vereinigten Königreichs?
Heart still beating – im Mutterland des Klassenkampfes. Dass die Briten
eine halbe Million Labourers aus sieben Gewerkschaften auf die Straße
bringen, imponiert. Prompt will die Tory-Regierung zu Frommen einer
„Grundversorgung“ das Streikrecht weiter strangulieren. Der Unmut geht also
über Lohnforderungen hinaus: Erst regierte ein konservativer Spinner, nun
ein enthobener Milliardär, dem ein konservativer Spinner im Nacken sitzt.
Prime Minister Sunak hat die nächsten Wahlen, Stand heute, harsch verloren.
Er könnte versuchen, sich mit Lohnerhöhungen Wähler zu kaufen. Oder zu
vergraulen.
In Frankreich gab es sogar einen Generalstreik wegen der Erhöhung des
Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Was ist denn da los?
Beim Rentenalter geht Macron ans Rückenmark französischen
Selbstverständnisses: Deutsche mögen arbeiten, um zu leben, manche auch
umgekehrt – Franzosen erleben Arbeit als Kränkung auf dem Weg zum Leben.
Und der darf ruhig ein bisschen kürzer bleiben. Deshalb taugt das Thema den
zerfaserten Gewerkschaften dazu, weit über ihre Mitgliedschaft hinaus zu
mobilisieren.
Das Institut für Sozialforschung in Frankfurt [4][feierte sein 100-jähriges
Jubiläum]. Wie geht das richtige Leben im falschen?
Weiterdenken, auch wenn’s keiner hören will. Etwa Habermas’ Einwurf neulich
für Besonnenheit und gegen einen „schrillen, von Massenmedien geschürten
Meinungskampf“ über Waffenlieferungen an die Ukraine. Das Institut war
lange Factory-Outlet für erfrischend klare und trotzdem tief
durchkonstruierte Kritik zum Besseren der Gesellschaft. Moralisches Pathos
ist derzeit am Markt gefragter.
Chelsea London investiert [5][rund 600 Millionen Euro in seinen Kader]. Ist
Bayern dagegen Kreisklasse?
Wenigstens mal einer, der dem Gegner den Ball durch die Hosenträger spielen
kann. Hier als Klubbesitzer der US-Oligarch Boehly den lätscherten
Uefa-Aufsehern. Deren „financial fair play“ wird mit Vertragstricks
ausgehebelt, als sei es genau dazu gemacht. Ich hab mich privat frustriert
einem Viertligisten zugewandt. Und wie lohnen sie es mir? Stiegen auf. Mehr
Geld und so. Es ist sinnlos.
Und was machen die Borussen?
Union (120 Mio.), Bayern (880 Mio.), Dortmund (510 Mio.). Das Spitzentrio
der Liga beweist: Geld schießt keine Tore, stört aber auch nicht groß.
Fragen: Johann Voigt
5 Feb 2023
## LINKS
[1] /Entscheidung-des-Verfassungsgerichts/!5912191
[2] /WDR-und-Klamroths-Beziehung/!5909204
[3] /Streiks-in-Grossbritannien/!5909449
[4] /100-Jahre-Institut-fuer-Sozialforschung/!5909598
[5] /Transferausgaben-beim-FC-Chelsea/!5909635
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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