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# taz.de -- Politische Entwicklung in Israel: Sicherer Hafen für Juden in Gefa…
> Die rechte Regierung in Israel plant, das Rückkehrrecht zu reformieren.
> Das bedroht Jüdinnen und Juden weltweit.
Bild: Straßenszene in Tel Aviv. Die rechte Regierung möchte das Einwanderungs…
Als Jüdin oder Jude in Deutschland ist es immer dasselbe: Egal was du
schreibst oder sagst, ständig schreit dich jemand blöd von der Seite an.
[1][In Israel] ist ein Teller Hummus runtergefallen, warum sagst du
eigentlich nichts dazu? Hää? Oder so ähnlich.
Nach [2][meiner letzten Kolumne], in der ich forderte, dass unser Kanzler
endlich aufhören sollte, so zögerlich zu sein, wenn es um Kampfpanzer geht,
musste ich mich nicht nur als Kriegstreiberin beschimpfen lassen, sondern
wurde auch, welch Überraschung, gefragt, warum ich [3][Panzer für die
Ukraine] fordere, aber zur neuen israelischen Regierung schweige.
Interessant, dachte ich. Wenn ich denn mal über Israel schreibe, bekomme
ich umgekehrt Nachrichten, in denen es heißt, ich solle mich doch bitte mit
Dingen beschäftigen, von denen ich Ahnung habe. Man kann’s eben nur falsch
machen.
Und da sind wir schon beim großen Dilemma: Einerseits wirst du unentwegt
als Sprecherin des israelischen Außenministeriums adressiert und willst
dieses Amt gar nicht. Andererseits bewegt dich, was in Israel passiert,
weil du dort Familie oder Freunde hast oder weil dieses Land als einziger
jüdischer Staat der Welt ein Sicherheitsversprechen ist. Denn selbst wenn
du nicht das Sprachrohr Israels sein möchtest, werden Entwicklungen dort
dein Leben hier – direkt oder indirekt – beeinflussen.
Ein Beispiel: Die rechte Regierung in Israel bedroht nicht nur Menschen im
Land selbst, sondern Jüdinnen und Juden weltweit. Das zeigt sich an den
Plänen für eine Reform des Rückkehrrechts. Bislang gilt, dass alle, die
zumindest ein jüdisches Großelternteil haben und keiner anderen Religion
angehören, das Recht dazu haben, nach Israel einzuwandern und die
Staatsbürgerschaft zu erlangen. Auch Konvertiten, egal ob sie orthodox oder
liberal zum Judentum übergetreten sind, haben dieses Recht auf Alija.
## Israel als hypothetischer Zufluchtsort
Wenn es nach Finanzminister Bezalel Smotrich vom Religiösen Zionismus und
dem Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir von der
rechtsextremen Otzma-Yehudit-Partei geht, sollen nur noch diejenigen
einwandern dürfen, die ihrer Idee von „Reinheit“ entsprechen – also nach
religiös-orthodoxen Gesetzen jüdisch sind. In der Vergangenheit seien zu
viele Einwanderer nach Israel gekommen, die nicht halachisch jüdisch sind,
deren Mutter also nicht jüdisch ist, heißt es von den religiösen Parteien.
Jüdinnen und Juden weltweit könnten ihren einzigen sicheren Hafen vor
Verfolgung und Antisemitismus verlieren, da der Großteil von ihnen nicht
orthodox ist. Menschen wie ich, [4][sogenannte Vaterjüdinnen], haben also
Pech gehabt. Für die meisten Gemeinden in Deutschland sind wir nicht
jüdisch genug und jetzt will auch noch Israel seine Tore für uns schließen.
Scheiße!
Die Jewish Agency, die unter anderem bei der Einwanderung nach Israel
unterstützt, schätzt, dass circa drei Millionen Menschen weltweit ihr Recht
auf Einwanderung verlieren würden. Drei Millionen. Nicht dass alle diese
Menschen ihre Ausreise nach Israel planen. Aber es geht um Israel als
hypothetischen Zufluchtsort, als eine „Wenn es ungemütlich wird, bin ich
nicht am Arsch“-Sicherheit, die hier auf dem Spiel steht.
Als sich meine Familie in den Neunzigerjahren für die Ausreise aus der
zerfallenen Sowjetunion entschied, fiel die Wahl bewusst nicht auf Israel.
Warum eigentlich?, fragte ich später immer wieder und bekam als Antwort ein
kühles: Wegen des Klimas. So begründeten damals übrigens viele
russischsprachige Jüdinnen und Juden ihre Entscheidung. Es war ihnen
einfach zu heiß in Israel.
Anders als meine Familie komme ich ja ganz gut mit Hitze zurecht. Und
Israel mit mir?
3 Feb 2023
## LINKS
[1] /Eskalation-in-Nahost/!5909106
[2] /Zoegerliche-Waffenlieferung/!5907354
[3] /Deutsche-Panzer-in-der-Ukraine/!5913021
[4] /Debatte-um-Vaterjuden/!5801855
## AUTOREN
Erica Zingher
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