# taz.de -- Künstliche Intelligenz erwünscht: ChatGPT darf in Kiel mitstudier… | |
> Stellt der neue Chatbot eine Gefahr für Prüfungsleistungen dar? Nein, | |
> sagt eine Kieler Hochschulprofessorin und sieht darin viel mehr eine | |
> Chance. | |
Bild: Helfende Hand: Die Kooperation mit „intelligenten“ Robotern wird kün… | |
HAMBURG taz | Sie haben keine Lust, eine Geburtstagskarte zu schreiben? | |
Kein Problem, ab jetzt kann das [1][der Bot „ChatGPT“] für sie übernehmen. | |
Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch und hat verschiedene Namen: | |
Die bekanntesten sind sicherlich Alexa und Siri. | |
Nun ist der sogenannte Chatbot „ChatGPT“, der seit November 2022 als | |
Testversion frei zugänglich ist, hinzugekommen.Entwickelt wurde der Bot von | |
dem Konzern OpenAI, der in San Francisco sitzt. Hinter dem Akronym verbirgt | |
sich die sperrige Beschreibung: „Generative Pre-training Transformer“. | |
Trainert wurde er mit riesigen Datensätzen und ist fähig, in einem Chat | |
Anfragen zu beantworten. | |
Hier sind der Fantasie prinzipiell keine Grenzen gesetzt. Der Bot kann | |
Rechenaufgaben lösen, aber ebenso eine Hochzeitsrede schreiben. Die | |
Datensätze reichen allerdings nur bis zum Jahr 2021. Wenn man nach dem Amt | |
der*des Verteidigungsminster*in fragt, ist die Antwort: „Annegret | |
Kramp-Karrenbauer“. | |
Während die einen darin eine technologische Errungenschaft sehen, gibt es | |
auch einige Kritiker*innen. Die Bedenken beziehen sich vor allem auf die | |
Implikationen der Technologie für Bildungsinstitutionen. Ist der Bot das | |
Ende für universitäre Hausarbeiten? Denn wie sollen Schulen oder | |
Hochschulen verhindern, dass in Zukunft ChatGPT statt der Studierenden die | |
Seminararbeiten schreibt? | |
## Gamechanger für Bildungseinrichtungen | |
Die Professorin für Wirtschaftsinformatik Doris Weßels an der FH Kiel hat | |
dafür eine einfache Antwort: gar nicht. Im Gegenteil, sie sieht darin einen | |
Gamechanger für Bildungseinrichtungen. Die aktuelle Version des Bots sei | |
durch die minimalistische Benutzeroberfläche sowie die Chatfunktion für | |
eine breite Masse zugänglich und nützlich. | |
Sollte der Dienst noch besser werden, könne man den Bot als „interaktives | |
und digitales Lexikon mit individueller Erklärfunktion nutzen“, sagt sie. | |
„Das heutige Wikipedia wäre im Vergleich unattraktiv“. Man dürfe jedoch | |
nicht vergessen, dass es sich aktuell noch [2][um „fiktionale Texte“ | |
handle]. Der Wahrheitsgehalt müsse somit stetig gegengeprüft werden, warnt | |
Weßels. | |
Sie hält die Einwände, Studierende könnten mit dem neuen Tool „betrügen“ | |
für fehlgerichtet. Statt den Schüler*innen und Studierenden „hinterher | |
zu spionieren“ solle man überlegen, „wie solche Tools in die Lehre | |
integriert werden können“. In einem ihrer Kurse habe sie den Chatbot mit | |
ihren Studierenden gemeinsam ausprobiert. | |
Wichtig sei, dass der Prozess dokumentiert wird, der zum Ergebnis geführt | |
hat. Das Staunen über einen solchen Vorschlag relativiert sich schnell, | |
wenn man an den Aufschrei bei der Einführung des Taschenrechners als | |
Hilfswerkzeug in Prüfungen zurückdenkt. | |
Beim ChatGPT-Bot gehe es um einen „interaktiven Austausch zwischen Mensch | |
und Maschine“. Durch das Ausprobieren des Dienstes lerne man mit dem | |
Programm umzugehen und Schwachstellen ebenso wie Limitationen zu | |
lokalisieren. | |
Eben das beschreibt auch Moritz Larsen, der ChatGPT als Hilfswerkzeug für | |
seine Masterarbeit verwendet hat. Die Qualität des Outputs hänge „vor allem | |
davon ab, welche Fragen man stellt“, sagt er. Die Eigenleistung gehe somit | |
nicht verloren. Gerade bei „Schreibblockaden“ sei es hilfreich, durch den | |
Bot eine „Inspiration“ zu erhalten. Die Ergebnisse habe er jedoch immer | |
genau geprüft, was auch nötig gewesen sei. Oft antworte ChatGPT nämlich „um | |
den heißen Brei herum“. Es sei somit obligatorisch, im Gespräch mit dem Bot | |
zu bleiben. | |
Man könne sich diesen wie einen „fiktiven Teilnehmer einer Gruppenarbeit“ | |
vorstellen, dem man Fragen stellt, um sich dem Endergebnis anzunähern. Der | |
Prozess, um zu einem Endergebnis zu gelangen, ist somit interaktiv und | |
keineswegs bloßer Output von ChatGPT. | |
Doris Weßels bewertet bei Arbeiten, die mit dem Hilfsmittel ChatGPT | |
angefertigt wurden, deswegen nicht nur das Endergebnis in Form von Daten | |
oder Aussagen, sondern auch den Weg dorthin: methodisches und technisches | |
Vorgehen. Auch wenn am Ende nicht mehr auseinanderzuhalten ist, was der | |
Chatbot und was der Mensch geschrieben hat, muss dokumentiert werden, wo | |
welche Hilfsmittel verwendet wurden. Legitime Hilfsmittel werden | |
schlichtweg durch den Bot erweitert. | |
Nun hat das Unternehmen hinter ChatGPT eine kostenpflichtige Vollversion | |
angekündigt. Diese Entwicklung sieht Weßels kritisch. Wenn sich den Bot nur | |
wenige leisten könnten, drohe eine „digitale Spaltung“, die eine | |
Bildungsungerechtigkeit zur Folge habe. Deshalb bedürfe es der „digitalen | |
Souveränität“ in Form eines europäischen oder deutschen KI-Sprachmodells, | |
das kostenfrei verfügbar ist. Das hätte außerdem den Vorteil, dass sich das | |
Werte- und Kulturverständnis, das der Bot inkorporiert hat, nicht mehr wie | |
jetzt primär aus amerikanischen Quellen speist. | |
Die Frage, ob [3][Hausarbeiten nun überflüssig] werden, beantwortet der Bot | |
übrigens selbst so: „Es ist unwahrscheinlich, dass die universitäre | |
Hausarbeit wegen ChatGPT oder anderen maschinellen Lernmodellen der | |
Vergangenheit angehört. Eine universitäre Hausarbeit erfordert in der Regel | |
eine gründliche Recherche, Analyse und Synthese von Informationen sowie die | |
Anwendung von wissenschaftlichen Methoden.“ | |
22 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kuenstliche-Intelligenz-von-ChatGPT/!5900775 | |
[2] /Kuenstliche-Intelligenz/!5905841 | |
[3] /Kuenstliche-Intelligenz-via-ChatGPT/!5903102 | |
## AUTOREN | |
Paul Weinheimer | |
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