# taz.de -- Führungskräfte in Bundesbehörden: Wenig Ostdeutsche ganz oben | |
> Über 30 Jahre nach der Wende sind Ostdeutsche als Führungskräfte in | |
> Bundesbehörden weiterhin rar. Die Bundesregierung will nun gegensteuern. | |
Bild: Richterrobe in einem Gerichtsaal: In der Richterschaft beträgt der Antei… | |
Berlin taz | Über dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung sind | |
[1][Ostdeutsche in Führungspositionen] von Bundesbehörden und Justiz klar | |
unterrepräsentiert. Und das liegt nicht allein daran, dass das Kanzleramt | |
seit gut einem Jahr von einem westdeutschen Mann geführt wird. Das Problem | |
erstreckt sich auf alle Ebenen in Bundesbehörden und Gerichten, wie eine | |
Bestandsaufnahme im Auftrag des Ostbeauftragten der Bundesregierung, | |
Carsten Schneider, zeigt. | |
Demnach sind nur 13,5 Prozent der Führungskräfte in der Verwaltung der | |
obersten Bundesbehörden – etwa von Ministerien, dem Kanzleramt, in | |
Bundesrat und Bundestag – gebürtige Ostdeutsche. Auf der oberen | |
Leitungsebene halbiert sich der Anteil sogar. | |
Als Ostdeutsche gelten dabei Menschen, die in Brandenburg, | |
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen geboren sind. | |
Berlin genießt eine Sonderstellung, ist in dieser Zählung aber enthalten. | |
Rechnete man Berlin raus, wäre der Anteil von Ostdeutschen noch geringer. | |
In der Richterschaft beträgt der Anteil der Ostdeutschen nur sieben | |
Prozent. Und das, obwohl die Ostdeutschen ein Fünftel (20 Prozent) der | |
gesamtdeutschen Bevölkerung stellen. Die Annahme, es handle sich um eine | |
vorübergehende Begleiterscheinung der Transformation, habe sich nicht | |
bestätigt, heißt es in der Bestandsaufnahme. Vielmehr deute vieles darauf | |
hin, dass sich die Unterrepräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen | |
weiter verfestigt und teilweise größer werde. | |
## „Das Land nimmt sich etwas“ | |
„Es gibt hier einen toten Fleck, auf den die Bundesregierung bisher nicht | |
geschaut hat“, so der Ostbeauftragte der Bundesregierung Schneider. | |
Die Bundesregierung will nun gegensteuern. Die Bestandsaufnahme ist Teil | |
eines Konzepts zur Steigerung des Anteils Ostdeutscher in | |
Führungspositionen, das am Mittwoch in der Bundesregierung beraten und | |
verabschiedet wurde. So soll künftig systematischer erfasst werden, wer im | |
Osten geboren ist. Ab Juni wird von potentiellen Führungskräften auch der | |
Geburtsort erfasst, das Personal von Behörden im Osten soll stärker | |
regional rekrutiert werden. | |
Die Bundesregierung setzt vor allem auf die Sensibilisierung der | |
Personalverantwortlichen und hat bei ihrer Kabinettssitzung auch eine | |
Selbstverpflichtung beschlossen, die Repräsentanz von Ostdeutschen im | |
eigenen Zuständigkeitsbereich zu verbessern. Von den 17 | |
Bundesminister:innen sind nur Klara Geywitz, SPD, und Steffi Lemke, | |
Grüne, gebürtige Ossis, also knapp über 10 Prozent. | |
Die Einführung einer Quote für Ostdeutsche lehnt Schneider vor allem aus | |
juristischen Gründen ab. Sie sei nicht rechtssicher. „Ich fände es aber | |
richtig, wenn wir die 20 Prozent erreichen“, so der gebürtige Erfurter. | |
„Das Land nimmt sich etwas, wenn wir auf die Erfahrungen der Ostdeutschen | |
in den Führungsebenen verzichten.“ Man sei damit breiter aufgestellt. | |
Das Konzept des Ostbeauftragten verweist auf die gesunkene Zufriedenheit | |
mit der Demokratie besonders in [2][den östlichen Bundesländern]. Sie lag | |
zuletzt nur noch bei 39 Prozent. Eine bessere Repräsentation und die | |
Sichtbarkeit von Ostdeutschen in Führungspositionen könnten das Vertrauen | |
in die Demokratie stärken, heißt es dort. | |
25 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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