| # taz.de -- Urteil zur Parteienfinanzierung: Schlecht begründeter Geldsegen | |
| > Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhöhung der Parteienfinanzierung | |
| > von 2018 gekippt. Das Manöver der Großen Koalition ist damit gescheitert. | |
| Bild: Karlsruhe hat gesprochen: Die Anhebung der staatlichen Parteienfinanzieru… | |
| Karlsruhe taz | Die Erhöhung der Parteienfinanzierung im Jahr 2018 war | |
| verfassungswidrig und ist damit nichtig. Das hat das | |
| Bundesverfassungsgericht entschieden. [1][Geklagt hatten FDP, die Grünen | |
| und die Linke]. Beanstandet wurde aber nicht die Erhöhung an sich, sondern | |
| nur die mangelhafte Begründung. | |
| Im Juli 2018 beschloss die damalige Koalition aus CDU/CSU und SPD binnen | |
| zehn Tagen (während der Fußball-WM in Russland) eine Erhöhung der | |
| Parteienfinanzierung. Statt 165 Millionen Euro bekamen alle Parteien | |
| zusammen seitdem 190 Millionen Euro pro Jahr. Die Erhöhung um 15 Prozent | |
| wurde mit zusätzlichen Kosten für Digitalisierung und mehr Partizipation | |
| begründet. | |
| Dagegen klagten 216 Bundestagsabgeordnete von FDP, Grünen und Linken. Die | |
| Gründe für die Erhöhung der Parteienfinanzierung seien vorgeschoben, hieß | |
| es damals. Hauptgrund sei vielmehr gewesen, der SPD mehr Geld zu | |
| verschaffen, weil diese nach ihren damals schlechten Wahlergebnissen sonst | |
| hätte massiv sparen müssen. | |
| Die Klage hatte nun zumindest [2][im Ergebnis Erfolg]. Der Zweite Senat des | |
| Bundesverfassungsgerichts erklärte die Änderung des Parteiengesetzes von | |
| 2018 für verfassungswidrig. Sie verletze das Prinzip der „Staatsfreiheit | |
| der Parteien“. Dieses Prinzip stammt aus einem Karlsruher Grundsatzurteil | |
| von 1992, das die Richter:innen jetzt als Maßstab bestätigten. | |
| ## Parteien sollen in der Bevölkerung verankert bleiben | |
| Danach darf es nur eine staatliche „Teilfinanzierung“ der Parteien geben. | |
| So dürfen die Parteien vom Staat nicht mehr Zuschüsse erhalten, als sie | |
| über Mitgliedsbeiträge und Spenden aus der Gesellschaft erhalten. Diese | |
| „relative Obergrenze“ soll sicherstellen, dass die Parteien in der | |
| Bevölkerung verankert bleiben. | |
| Dazu kommt, so die Karlsruher Vorgabe von 1992, eine „absolute Obergrenze“ | |
| der Parteienfinanzierung. Alle Parteien sollen gemeinsam nur eine bestimmte | |
| Maximalsumme erhalten, die normalerweise nur entsprechend der Inflation | |
| erhöht werden darf. Eine besondere Erhöhung der absoluten Obergrenze ist | |
| nur dann zulässig, wenn sich die Rahmenbedingungen „einschneidend“ ändern. | |
| Mit dieser absoluten Obergrenze soll verhindert werden, dass sich die | |
| Parteien nach Belieben aus der Staatskasse bedienen können. | |
| Das Bundesverfassungsgericht akzeptierte nun „dem Grunde nach“, dass die | |
| Digitalisierung tatsächlich einschneidende Änderungen mit sich bringt. Das | |
| Aufkommen sozialer Medien erfordere, dass die Parteien ihre | |
| Öffentlichkeitsarbeit auf immer mehr Kanäle ausweiten. Die Plattformen im | |
| Internet – von Facebook bis Tiktok – ersetzen die klassischen Medien aber | |
| nicht, sondern schaffen tatsächlich zusätzlichen Aufwand. | |
| Auch das gesteigerte Bedürfnis der Parteimitglieder nach Mitwirkung | |
| akzeptierten die Richter:innen als Grund für eine Anhebung der | |
| Obergrenze. Parteivorsitzende werden immer öfter per Urwahl gewählt, | |
| Parteitage können auch digital verfolgt werden. Das alles ist teuer. | |
| ## Bundestagsverwaltung kann Zuschüsse zurückfordern | |
| Bemängelt haben die Richter:innen vor allem, dass Union und SPD sich | |
| 2018 auf Schlagworte beschränkten, statt den unerlässlichen Mehrbedarf | |
| zumindest in der Größenordnung zu beziffern. Außerdem wurden Einspareffekte | |
| nicht ausreichend thematisiert. Immerhin ersetzen kostenlose E-Mails immer | |
| häufiger teure Briefe. | |
| Die Bundestagsverwaltung kann nun die erhöhten Parteizuschüsse der letzten | |
| Jahre zurückfordern. Und der Bundestag muss überlegen, ob er einen neuen | |
| Anlauf unternimmt, die absolute Obergrenze der Parteifinanzierung | |
| anzuheben, diesmal mit ausführlicher und durchgerechneter Begründung. Eine | |
| klare Tendenz gibt es noch nicht. Die Parteien wollen zunächst das Urteil | |
| prüfen und dann Gespräche führen. | |
| 24 Jan 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Erhoehung-der-Parteienfinanzierung/!5804530 | |
| [2] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20… | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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