# taz.de -- Abforstung für Autobahn in Frankfurt: Ökologischer Sündenfall | |
> Grüne Spitzenpolitiker hätten die Rodung im Fechenheimer Wald verhindern | |
> sollen. Es nicht vehementer versucht zu haben, könnte sich rächen. | |
Bild: Bleibt ein Wunsch:Im Fechenheimer Wald | |
Der Riederwaldtunnel ist finales Symbol einer Politik, die viel zu lange | |
die Vorzeichen der Klimakatastrophe ignoriert hat. Dieses Monstrum, das ein | |
Wohngebiet in Frankfurt am Main zerteilt, war zuletzt wohl nicht mehr zu | |
verhindern. Die Pisten am Autobahndreieck, das die A 661 vierspurig mit dem | |
Tunnel an die A 66 anbinden soll, sind bereits in Beton und Asphalt | |
gegossen. Er fehlt „nur“ noch der Tunnel selbst und ein 1 Kilometer langes | |
Autobahnstück. | |
Die Weichen für [1][dieses irrsinnige Projekt] wurden vor Jahrzehnten | |
gestellt. Am Ende, nach geschätzt 10 Jahren Bauzeit, werden rund 10-mal | |
mehr Autos durch den Stadtteil fahren. Anwohner leben zum Teil schon jetzt | |
hinter riesigen, blickdichten Schallschutzwänden. Weil es weniger Staus | |
geben werde, sei eine „minimale Entlastung“ von Abgasen und CO2 zu | |
erwarten, so das tröstliche Versprechen. | |
Allein der Tunnel und seine Anbindung kosten mindestens 600 Millionen Euro. | |
Dass nun auch die Grünen für den ökologischen Sündenfall haftbar gemacht | |
werden, mögen sie als ungerecht empfinden. Der Kampf gegen das | |
Autobahnmonstrum in Frankfurt gehörte zur DNA ihrer Parteigründung. Wie im | |
Konflikt um den [2][Dannenröder Forst] haben sie ihre reale Macht nicht | |
genutzt, als diese aus der Zeit gefallenen Autobahnprojekte noch zu | |
verhindern gewesen wären. | |
Beim Dannenröder Forst setzten die hessischen Grünen auf die Hoffnung, das | |
Projekt sei nicht zu finanzieren. Die Frankfurter Grünen machten ihren | |
Frieden mit dem Riederwaldtunnel, als Preis für die erste schwarz-grüne | |
Stadtregierung. In den sieben Jahren, in denen die Grünen im Bund mit der | |
SPD regierten, hätten sie ihrem damaligen Koalitionspartner eine | |
ökologische und ökonomische Neubewertung des Bundesverkehrswegeplans | |
abringen müssen. | |
Doch das Thema war den Führungskräften offenbar nicht wichtig genug. Der | |
Frankfurter Flughafen bekam seine neue Landebahn und Terminal 3. Für die | |
Autobahnen im Dannenröder Forst und im Fechenheimer Wald durfte mit Tarek | |
Al Wazir nun ausgerechnet ein grüner Verkehrsminister den Weg ebnen. Jetzt | |
wenigstens müssen die regierenden Grünen in Bund und Land dafür sorgen, | |
dass die Autobahnprojekte, für die noch keine Bäume gefallen sind, neu | |
bewertet werden. | |
Das dürfte nicht leicht werden, denn [3][Koalitionspartner FDP] hat auf | |
Autopilot geschaltet. Für die Grünen geht es um viel. Al Wazir kandidiert | |
bei der hessischen Landtagswahl am 8. Oktober für das Amt des | |
Ministerpräsidenten. Wenn die Grünen ihre Bindung an die Ökobewegung | |
dauerhaft verlieren, werden sie das auch bei Wahlen zu spüren bekommen – | |
nicht nur in Hessen. | |
18 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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