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# taz.de -- Nachruf auf Dorothy Iannone: Sexuelle Befreiung durch Kunst
> Dorothy Iannone ist mit 89 Jahren gestorben. Erinnerungen an die
> Pop-Art-Künstlerin, in deren Leben die sexuelle Befreiung eine Konstante
> war.
Bild: Die Künstlerin Dorothy Iannone im Jahr 2014 in Berlin
So zierlich und zerbrechlich, wie Dorothy Iannone (1933–2022) mit ihrer
stets schwarzen Kopfbedeckung mit leiser Stimme in der persönlichen
Begegnung wirkte, so vergleichsweise gewaltig waren ihre farbreichen
Bildkompositionen. Alles persönliche Wimmelbilder, voll von privat intimen
und sexuellen Anspielungen.
Bis zuletzt war es ihr ein Genuss, die Wirkmacht ihrer Bilder im Gesicht
ihres Gegenüber zu lesen, im Gespräch zu ergründen und dabei nicht selten
mit überraschenden Fragen sprichwörtlich auf der Lauer zu liegen, wie so
oft in unseren zahlreichen Gesprächen im Café am Savignyplatz.
Dabei galt vor knapp zwanzig Jahren ihr Werk fast schon als vergessen. Doch
die Berlin Biennale im Jahr 2005 bescherte der Pop-Art-Künstlerin einen
großen Auftritt. Wie kaum eine andere Position war ihr Werk geprägt von
einer ganz und gar erotischen Explosion, für die sie Inspiration viele
Jahrzehnte lang, bis zu ihrer Trennung 1974, aus der Begegnung mit dem
Fluxus-Künstler Dieter Roth schöpfte. Und die bis zuletzt in ihr
nachwirkte, wie ihre Retrospektive Mitte September im bedeutenden
Louisiana Museum vor den Toren Kopenhagens bewies.
Iannone ließ sich bereits früh von der Kunst der eigenen Mutter, Sarah
Pucci, beeinflussen, mit deren Werk sie sich zuletzt auch häufiger
ausstellen ließ. Ihrer Freundin Mary Harding widmete sie 1977 ein Lied, in
welchem sie auch ihre emotionalen Reaktionen auf Berlin – der Stadt, in die
die Künstlerin ein Jahr zuvor im Rahmen des DAAD Künstlerprogramms gezogen
war und in der sie bis zuletzt lebte – verarbeitete. Die Gesangszeile „And
Berlin will always need you“ aus dem Lied lieferte nicht zuletzt die
Inspiration für den Titel der gleichnamigen und [1][ersten Ausstellung der
Künstlerin im Gropius Bau 2019.]
## Dalai Lama war regelmäßig Gast
Ihr Refugium im New York der sechziger Jahre mit Kontakten zu allen
berühmten Kunst- und Literaturpersönlichkeiten der Zeitgeschichte hatte die
frühere Literaturwissenschaftlerin und überzeugte Buddhistin längst gegen
das vergleichsweise ruhige Berlin eingetauscht und auch der Dalai Lama
schätzte dies auf Deutschland-Besuchen, denn wann immer er in Deutschland
war, wohnte er im Hause der Künstlerin am Olivaer Platz.
Nachdem Peres Project in Berlin mit der Künstlerin zu arbeiten begann,
erhöhte sich die Taktzahl ihrer Ausstellungen, und mit ihrer weiteren
internationalen Galerie Air de Paris dominierte die Kraft ihrer Bilder
eines sonst schmalen malerischen und bisweilen skulpturalen Œuvres weltweit
die internationalen Messen. Die Öffentlichkeit hatte Iannone
wiederentdeckt!
Ihr künstlerischer Akt der sexuellen Befreiung, der unter anderem in einer
Klage gegen den Staat New York im Jahr 1960 für ihren Freund Henry Miller
in einer Freigabe seines Bestsellers „Wendekreis des Krebses“ vom Index
mündete, endete vergangenen Montag, den 26. Dezember, in Berlin. Dorothy
Iannone verstarb im Alter von 89 Jahren.
29 Dec 2022
## LINKS
[1] /Ausstellung-im-neuen-Gropius-Bau/!5579642
## AUTOREN
Sebastian Strenger
## TAGS
Zeitgenössische Malerei
Malerei
Sexuelle Freiheit
New York
Nachruf
Retrospektive
Martin-Gropius-Bau
Abstrakte Malerei
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