| # taz.de -- Forschung zu Nahrungsnetzen: Artensterben mit Dominoeffekt | |
| > Das sekundäre Aussterben ist nach dem Klimawandel der wichtigste Grund | |
| > für das Artensterben. Es müssen auch unscheinbare Arten gerettet werden. | |
| Bild: Ein Grünspecht auf Nahrungssuche | |
| Derzeit findet in der Tierwelt ein [1][Massenaussterben] statt. Wie groß | |
| der Verlust der Artenvielfalt sein wird, ist noch ungewiss. Das hängt davon | |
| ab, ob weiter so viel Land verändert wird (beispielsweise durch die | |
| Umwandlung von Regenwäldern in Ackerflächen), wie wir in Zukunft Nahrung | |
| gewinnen, wie viele Arten von anderen verdrängt werden und natürlich | |
| [2][wie sich das Klima verändert]. Welcher dieser Faktoren welchen Einfluss | |
| hat, ist schwer herauszufinden, weil mehrere Faktoren gleichzeitig das | |
| Artensterben beeinflussen. Inzwischen haben Wissenschaftler*innen aber | |
| ein besseres Bild vom sekundären Aussterben. Damit gemeint sind Arten, die | |
| aussterben, weil andere Arten bereits ausgestorben sind, von denen sie sich | |
| zum Beispiel ernährt haben. | |
| ## Die Studie | |
| Bislang wurde die Rate des Aussterbens meist nur mit den direkten Effekten | |
| der Lebensraumveränderung und des Klimawandels berechnet. Ein italienischer | |
| und ein australischer Ökologe haben nun anhand virtueller Spezies den | |
| Einfluss des sekundären Aussterbens miteinbezogen und [3][ihre Ergebnisse | |
| im Fachmagazin Science Advances veröffentlicht]. | |
| Die virtuellen Spezies wurden nach echten Vorbildern modelliert, haben also | |
| eine plausible Kombination ökologischer Eigenschaften echter Arten, aber | |
| passen nicht genau auf eine existierende Art. So können Datenlücken | |
| kaschiert werden, denn für Säugetiere und Vögel liegen beispielsweise mehr | |
| Daten als für Reptilien oder Amphibien vor. Und die virtuellen Spezies | |
| lassen auch Schlüsse für Regionen zu, für die es wenige Daten gibt. | |
| Im nächsten Schritt haben die Forscher anhand der echten Daten eine | |
| virtuelle Erde gebastelt und simuliert, wie es den an Land lebenden | |
| Wirbeltieren bis 2100 ergehen wird. Im optimistischsten Szenario, das von 2 | |
| bis 4,5 Grad Erderhitzung ausgeht, werden weltweit durchschnittlich 6 | |
| Prozent aller Arten aussterben, bis 2100 13 Prozent. Das | |
| Worst-Case-Szenario, auf das wir gerade zusteuern, geht von 5 bis 8,5 Grad | |
| Erhitzung aus und würde laut den Berechnungen zum Aussterben von 27 Prozent | |
| aller Arten bis zum Ende des Jahrhunderts führen. | |
| Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass nach dem Klimawandel der wichtigste | |
| Grund für das Artensterben das sekundäre Aussterben sein wird. Die | |
| Schätzungen könnten sogar zu niedrig sein, weil die Modelle Insekten und | |
| Pflanzen als nicht erschöpfbare Ressourcen behandeln. Dabei [4][sinkt die | |
| Zahl der Insekten] weltweit. | |
| ## Was bringt’s? | |
| In allen Szenarien war die Rate des Aussterbens von 2020 bis 2050 höher als | |
| zwischen 2051 und 2100. Das heißt, dass keine Zeit beim Arten- und | |
| Klimaschutz zu verlieren ist. Die beiden Ökologen betonen außerdem, dass | |
| die Rolle des sekundären Aussterbens bislang unterschätzt wurde. Wer das | |
| Artensterben aufhalten will, muss also auch unscheinbare Arten retten, die | |
| trotzdem eine wichtige Bedeutung für Nahrungsnetze haben. | |
| 9 Jan 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Jahresbilanz-des-WWF/!5897429 | |
| [2] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262 | |
| [3] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abn4345 | |
| [4] /Bedrohte-Insektenarten/!5837057 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Waack | |
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