# taz.de -- Untersuchungsausschuss Afghanistan: Umgang mit Traumatisierten | |
> Die Mitglieder des Untersuchungsausschuss zu Afghanistan lassen sich | |
> fortbilden. Retraumatisierungen von Zeug*innen sollen vermieden werden. | |
Bild: Ralf Stegner (SPD) ist Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Bund… | |
BERLIN taz | Der Bundestagsuntersuchungsausschuss zum Afghanistan-Abzug | |
will bei Befragungen von Ortskräften künftig mehr Rücksicht auf deren | |
psychische Gesundheit nehmen. Sitzungen, in denen [1][ehemalige Ortskräfte] | |
aussagen, werden ab sofort durch eine Psychotherapeutin begleitet. Den | |
Mitgliedern des Ausschusses wird zudem eine Fortbildung zum Thema | |
Retraumatisierung angeboten. Nach taz-Informationen haben die Obleute der | |
Fraktionen das als Reaktion auf eine vorzeitig abgebrochene Sitzung im | |
November vereinbart. | |
Als Zeuge war damals ein Mann geladen, der einst in einem Medienzentrum der | |
Bundeswehr in Masar-e Scharif gearbeitet hatte. [2][Seine Flucht vor den | |
Taliban schilderte er als Odyssee]: Zunächst habe ihm die Bundeswehr Hilfe | |
verweigert, weil er nur per Werksvertrag beschäftigt war. Später hätten | |
Bundeswehrsoldat*innen ihn und seine Familie trotz einer | |
Evakuierungszusage mit vorgehaltener Waffe vom Kabuler Flughafen | |
verscheucht. Letztendlich musste die Familie über den Landweg nach Pakistan | |
ausreisen, wo sie ein Visum für Deutschland erhielt. | |
Die Befragung des Zeugen im Untersuchungsausschuss zog sich über mehrere | |
Stunden. Sie wurde immer wieder unterbrochen, weil im Bundestagsplenum | |
Abstimmungen stattfanden, an denen die Mitglieder des Gremiums teilnehmen | |
mussten. Als Abgeordnete dem Mann am Abend Fragen nach seinen in | |
Afghanistan zurückgeblieben Eltern stellten, erlitt er einen psychischen | |
Zusammenbruch. Der Ausschuss beendete die Befragung daraufhin. | |
„Abgesehen von der AfD haben sich alle Abgeordneten um einen sensiblen | |
Umgang mit meinem Mandanten bemüht. Es war aber auch erkennbar, dass die | |
Situation neu für sie war. Sie können nicht wissen, wie man mit | |
traumatisierten Zeugen am besten umgeht. Insofern ist eine Schulung sicher | |
sinnvoll“, sagt der Rechtsanwalt Matthias Lehnert, der den Zeugen zu dessen | |
Aussage begleitet hatte. | |
„Wir sind uns unserer besonderen Fürsorgepflicht bei der Befragung von | |
ehemaligen Ortskräften sehr bewusst“, sagt Robin Wagener, Obmann der Grünen | |
im Ausschuss. „Wir befragen Menschen, die während der Machtübernahme durch | |
die Taliban höchst traumatische Situationen erleben mussten und mit den | |
Konsequenzen bis heute zu kämpfen haben. Deshalb ist es eine | |
Selbstverständlichkeit, dieser besonders sensiblen Befragungssituation so | |
gut es geht gerecht zu werden. Zudem möchte ich betonen, dass alle | |
geladenen Ortskräfte ihre Geschichte auch erzählen wollen.“ Die Perspektive | |
der Ortskräfte sei für ein Gesamtbild von enormer Bedeutung. | |
Der Untersuchungsausschuss hat bisher vor allem deutsche Regierungsbeamte | |
vernommen. Der im November befragte Mann war der erste afghanische Zeuge. | |
Für die kommenden Wochen plant der Ausschuss Sitzungen mit weiteren | |
Ortskräften, an diesem Donnerstag wird voraussichtlich eine ehemalige | |
afghanische Mitarbeitern der KfW Entwicklungsbank aussagen. | |
12 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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