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# taz.de -- Italiens Regierung plant Haushalt 2023: Finanzpolitik alla Giorgia …
> Ministerpräsidentin Meloni hat ihren Haushaltsplan ins Parlament
> eingebracht. Ihre rechte Politik prägt ihn, trotz des kleinen
> Handlungsspielraums.
Bild: Die Rechten machen jetzt Ernst: Italiens Premierministerin Giorgia Meloni
Rom taz | „Arbeit statt Almosen“: Mit diesem Motto geht Italiens neue,
rechte Regierung unter Giorgia Meloni in die Offensive. Laut ihrem
Haushaltsentwurf für 2023 soll die Grundsicherung von Hunderttausenden
Arbeitslosen im kommenden September ersatzlos entfallen. Zugleich sendet
die Regierung freundliche Signale an Steuerhinterzieher*innen. Über den
Entwurf, den Meloni in dieser Woche ins Parlament eingebracht hat, berät
jetzt zunächst der Haushaltsausschuss.
Die Grundsicherung plant die Regierung für alle jene zu streichen, die
„beschäftigbar“ sind. Mindestens 600.000 Menschen wären davon betroffen.
Dabei gelten sie zwar als „beschäftigbar“, aber Italiens Arbeitsämter
können ihnen gar keine Beschäftigung anbieten. Die meisten der Betroffenen
leben im armen, von Arbeitslosigkeit geplagten Süden des Landes, zwei
Drittel haben einen Abschluss, der dem deutschen Hauptschulabschluss
entspricht.
Während der Haushaltsentwurf Arme so schlechter stellt, geht er mit
erleichternden Versprechen für Selbstständige einher, die in Italien teils
[1][massiv die Steuern hinterziehen]. Das machen sie vor allem, indem sie
niedrigere Umsätze als die erzielten angeben, was mit Bargeld leichter
geht. Laut der Regierung sollen Selbstständige erst ab Beträgen von mehr
als 60 Euro verpflichtet sein, auch Kartenzahlungen zu akzeptieren.
Effektiv können sie dann höhere die Bar-Umsätze bequem an der Steuer
vorbeischleusen. Außerdem sollen in Zukunft wieder Barzahlungen von bis zu
5.000 Euro erlaubt sein, während eigentlich vom nächsten Jahr an ein
Maximum von 1.000 Euro vorgesehen war.
## Rechte machen Ernst
Kritik an diesem Maßnahmenpaket äußert nicht nur die Opposition, sondern
auch die Notenbank, die Banca d’Italia. In ihrer Stellungnahme zum
Haushaltsentwurf beklagt sie nicht nur, dass Steuerhinterziehung erneut
ermutigt wird, sondern auch, dass mit der Abschaffung der Grundsicherung
für Erwerbsfähige bis zu eine Million Menschen in die absolute Armut zu
rutschen droht.
Ministerpräsidentin Meloni geht mit dem Maßnahmenpaket ein doppeltes
Problem an, vor dem sie mit ihrer rechten Partei Fratelli d’Italia steht:
Einerseits will sie die [2][stramm rechte Handschrift ihrer Regierung
deutlich] machen – andererseits liegt ihr finanzpolitischer
Bewegungsspielraum nahe null.
Italiens Staatsschulden liegen bei 145 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
In der EU hat nur Griechenland eine höhere Schuldenquote. Und Italien
erwartet für das nächste Jahr höchstens ein Wachstum von 0,6 Prozent.
Da die Regierung sich nicht um mehr als 4,5 Prozent des BIPs neu
verschulden darf, stehen ihr insgesamt 37 Milliarden Euro für zusätzliche
Ausgaben zur freien Verfügung – verhältnismäßig wenig. Zudem sind davon 22
Milliarden Euro für Staatshilfen an Bürger*innen und Unternehmen
verplant, um die in die Höhe geschossenen Energiekosten abzufedern.
Trotzdem möchte die Regierung einige Duftmarken setzen. Schon im Wahlkampf
hatte Meloni immer wieder gegen die Grundsicherung gewettert, die 2019 vor
allem durch die Fünf-Sterne-Bewegung eingeführt wurde. Bei ihr handele es
sich um „Staats-Methadon“, so Meloni: nur dazu gut, mit Geld die Menschen
zum Faulenzen zu verleiten.
So viel Staatsgeld wie möglich zu sparen, ist offenbar nicht ihre
Motivation. Schließlich dürfen sich Altschuldner*innen des Finanzamts
über ein Zusatzgeschenk freuen: Bis 2015 entstandene Schulden von bis zu
1.000 Euro werden ihnen erlassen.
Die Regierung begründet diese letzte Maßnahme damit, dass die Altschulden
sowieso „nicht ergiebig“ seien – stellt zur Finanzierung dieses Geschenks
zugleich aber etwa 750 Millionen Euro in den Haushalt ein. Dies ist
ziemlich exakt der Betrag, der auf der anderen Seite durch die Streichung
der Grundsicherung für Arbeitsfähige eingespart werden wird.
8 Dec 2022
## LINKS
[1] /Steuerhinterziehung-in-Italien/!5062576
[2] /Auswirkung-der-Zinserhoehung-auf-Italien/!5887403
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Giorgia Meloni
Steuerhinterziehung
Grundsicherung
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EU-Haushalt
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