| # taz.de -- Israels neue Regierung: Dies ist kein Nullpunkt | |
| > Probleme gab es schon vor dieser neuen, sehr rechten Regierung. Es gilt | |
| > jetzt zu überlegen, was für Israels Demokratie getan werden kann. | |
| Bild: Nach der Vereidigung: Premierminister Netanjahu mit President Herzog und … | |
| Egal, was man zuvor von Yair Lapid gehalten haben mag, seit der Vereidigung | |
| der neuen Regierung ist es eine Wohltat, Israels Ex-Ministerpräsidenten, | |
| nunmehr Oppositionsführer, sprechen zu hören. Man möchte ihn weiter hören �… | |
| und nicht diesen alptraumartigen Mix aus gewalttätigen Siedlern, radikalen | |
| Ultraorthodoxen und Homophoben, die nun, [1][nach der Vereidigung der neuen | |
| Regierung] am Donnerstag, tatsächlich die Geschicke des Landes lenken | |
| werden. | |
| Ganz zu schweigen von Netanjahu, der bei seiner Antrittsrede grinsend auf | |
| und ab wippte. Es scheint, als habe er allen eins ausgewischt. Der | |
| Gerichtsprozess gegen ihn in Sachen Korruption? Egal, er hat jetzt eine | |
| Regierung, [2][die ihm Immunität verschaffen kann]. Eine Spur von Scham | |
| dafür, dass er zu diesem Zweck das Land verkauft hat, an eine Horde | |
| illiberaler Rassisten? Fehlanzeige. | |
| Auch abgesehen vom geplanten Umbau in einen autoritären Staat, der Stärkung | |
| theokratischer Züge auf Kosten des säkularen Lebens, gibt es keinen Zweifel | |
| daran: Die neue Regierung wird eine ganz neue Stufe von Diskriminierung | |
| einleiten. In einem Land mit einem offenen Konflikt kann das schnell | |
| Eskalation bedeuten. | |
| Anzeichen dafür gibt es: Immunität soll es für Soldat*innen und | |
| Polizist*innen geben – das kann schnell zu einem Freifahrtschein zum | |
| Schießen werden. Im zum Explodieren angespannten Westjordanland ist das | |
| fatal. Itamar Ben Gvir, der neue Minister für Nationale Sicherheit, selbst | |
| radikaler Siedler, hat nun eine Quasi-Privatarmee, die Grenzpolizei, und | |
| kündigte an, „natürlich“ auch als Minister weiterhin den umkämpften | |
| Tempelberg zu besuchen, der nicht nur einmal der Ort war, an dem ein Krieg | |
| losgetreten wurde. Man möchte sich vergraben. Das Land verlassen. | |
| Allerdings macht man es sich zu leicht, wenn man mit der neuen Regierung | |
| eine klare Trennung in ein Vorher und Nachher aufmacht. Es wäre falsch, zu | |
| glauben, dass mit dieser zweifellos erdrutschartigen Entwicklung alles, was | |
| vorher war, eben auch dies war: Nicht so schlimm. | |
| Auch unter den vorherigen Regierungen gab es massive Menschenrechtsverstöße | |
| in den besetzten Gebieten, wurde der Siedlungsbau vorangetrieben, wurden | |
| Häuser von Palästinenser*innen zerstört. Fiel beinahe der Sarg der | |
| getöteten, palästinensischen Journalistin Shireen Abu Akleh zu Boden, weil | |
| israelische Sicherheitskräfte gegen die palästinensischen Fahnen auf der | |
| Beerdigung angingen, drohten Minister der Lapid-Regierung dem | |
| arabisch-hebräischen Theater in Jaffa mit dem Stopp von Geldern. | |
| Diese Regierung ist nicht der Nullpunkt. Es gab Entwicklungen dahin. Das | |
| muss man aushalten, analysieren – und gegen diese Entwicklungen angehen. | |
| 30 Dec 2022 | |
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| Judith Poppe | |
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