# taz.de -- Verbeamtung von Lehrkräften: 300 Euro Trostpflaster | |
> Berlin will Lehrkräften, die nicht verbeamtet werden können, künftig 300 | |
> Euro Zulage zum Gehalt zahlen. Die Linke sieht das nur als „ersten | |
> Schritt“. | |
Bild: Yeah, ab in die Schule! Im Sommer wurden bereits die ersten 220 Referenda… | |
Berlin taz | Die rot-grün-rote Koalition will allen Lehrkräften, die aus | |
Alters- oder gesundheitlichen Gründen nicht von der [1][Wiedereinführung | |
der Verbeamtung im Berliner Schuldienst] profitieren, eine Zulage von bis | |
zu 300 Euro zum Gehalt zahlen. Das haben die Fraktionsspitzen der Koalition | |
am Montagnachmittag beschlossen. Noch in dieser Woche soll ein | |
entsprechender Gesetzentwurf ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden, hieß | |
es in einer gemeinsamen Mitteilung. | |
Läuft im parlamentarischen Prozess alles nach Plan, könnte das Gesetz am 1. | |
Februar in Kraft treten – pünktlich zur Einstellungsrunde zum zweiten | |
Schulhalbjahr nach den Winterferien und auch noch vor der Wiederholung der | |
Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar. | |
„Das ist aus fachpolitischer Sicht ein Erfolg“, bewertete der | |
[2][bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp], das | |
Ergebnis. In Sachsen, wo man vor einigen Jahre ebenfalls wieder zur | |
Verbeamtung der Lehrkräfte zurückkehrte, würden nur rund 185 Euro gezahlt. | |
Insofern liege Berlin mit 300 Euro im Vergleich „weit drüber“. Hopp sagte | |
aber auch, dass die Kompensation „keine echte Gleichstellung“ für die | |
weiterhin angestellten Lehrkräfte mit den künftigen Beamt*innen bedeute. | |
Das Verbeamtungsgesetz sei ein weiterer Schritt [3][im Kampf gegen den | |
Lehrkräftemangel] und „halte die Kolleg*innen in Berlin“, sagte | |
Franziska Brychy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. | |
Allerdings könne auch das „nur ein erster Schritt sein“, betonte sie: „D… | |
Arbeitsbedingungen aller Kolleg*innen müssen sich verbessern“. Die Linke | |
plädiere deshalb für gesetzlich geregelte Klassengrößen – beziehungsweise | |
mehr Personal und einen zeitlichen Ausgleich für Lehrkräfte, wenn deren | |
Klassen eine Maximalanzahl von Kindern überschreiten. | |
## Streik für kleinere Klassen | |
Kleinere Klassen will auch die Bildungsgewerkschaft GEW erstreiken. Erst am | |
vergangenen Freitag gab es den inzwischen [4][sechsten Warnstreik für einen | |
„Tarifvertrag Gesundheitsschutz“]. Allerdings stößt die Gewerkschaft damit | |
auf Granit bei der Finanzverwaltung, die keinen Spielraum für eine solche | |
Regelung im Tarifgefüge sieht. | |
Derzeit dürfte der Wunsch nach kleineren Klassen auch noch am chronischen | |
Fachkräftemangel in den Schulen scheitern. Ob die Verbeamtung Abhilfe | |
schaffen kann, ist ungewiss. Zwar betonte auch die Regierende | |
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Montag auf einem Gewerkschaftstag | |
des Beamtenbunds: „Wir haben in den letzten Jahren massive Abwanderungen | |
gehabt von jungen, gut ausgebildeten Lehrkräften“. Denn sie würden in | |
Berlin – als dem einzigen verbliebenen Bundesland – seit 2004 nicht | |
verbeamtet. Doch wie viele Lehrkräfte genau wegen dieses Grunds der | |
fehlenden Verbeamtung abwanderten, wurde statistisch nie erfasst. | |
Rund 34.000 Lehrkräfte arbeiten an Berlins Schulen, davon sind ein Drittel | |
ohnehin schon – oder immer noch – verbeamtet. 16.000 derzeit angestellte | |
Lehrkräfte könnten laut Bildungsverwaltung das Verbeamtungsangebot | |
annehmen. Um möglichst vielen diese Möglichkeit ab Februar zu geben, hatte | |
der Senat bereits eine temporäre Anhebung der Altersgrenze von 45 auf 52 | |
Jahre beschlossen. | |
## Keine echte Wahl | |
Die GEW kritisiert allerdings, dass eine 300-Euro-Zulage „kein echtes | |
Wahlmodell“ sei, wenn man eine Verbeamtung vielleicht aus politischer | |
Überzeugung ablehne. Der Berliner Landesvorsitzende Tom Erdmann betonte, | |
das aus Sicht der GEW tarifrechtlich bis zu 900 Euro Zulage möglich gewesen | |
wären. Die Finanzverwaltung sieht dafür aber keine Möglichkeit im | |
Besoldungsgesetz. Das schreibt nämlich einen fixen Abstand zwischen den | |
Gehaltsstufen fest, die eingehalten werden müssen – auch inklusive | |
gezahlter Zulagen. | |
Die Bildungsverwaltung beziffert den Einstellungsbedarf an den Schulen auf | |
rund 2.000 Lehrkräfte pro Jahr. Zuletzt verließen aber nur rund 900 | |
Lehramtsabsolvent*innen die Berliner Unis. Rekordhafte 900 | |
Lehrer*innen-Stellen blieben zu Beginn des Schuljahres im Sommer unbesetzt, | |
weil sich auch nicht genug Quereinsteiger*innen bewarben. | |
29 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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