# taz.de -- Sportnation Russland: Der lange Weg zurück zu Olympia | |
> Das IOC strebt eine Rückkehr russischer Sportler zu Wettbewerben an. Ein | |
> Bann endet nun, die Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs dauern an. | |
Bild: Das Team des Russischen Olympischen Komitees bei der Eröffnungsfeier der… | |
Der 17. Dezember ist ein wichtiges Datum für den russischen Sport. | |
Eigentlich. An diesem Tag endet der Bann, der über die Sportnation verhängt | |
worden war als [1][Strafe für das staatlich orchestrierte Dopingsystem], | |
das bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi einen wahren Medaillenregen | |
auf russische Sportler und Sportlerinnen ausgelöst hatte. | |
Zwei Jahre lang durfte die russische Fahne bei Weltmeisterschaften nicht | |
mehr gezeigt, die russische Hymne nicht gespielt werden. Die | |
Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hatte Russland zunächst für vier Jahre | |
ausgeschlossen. Nach einer Beschwerde verkürzte das Internationale | |
Sportschiedsgericht Cas den Ausschluss auf zwei Jahre. Die sind nun | |
abgelaufen. Russland könnte mit all seinen Hoheitszeichen zurückkehren auf | |
die große Sportbühne. Eigentlich. | |
Denn noch ist eine Rückkehr russischer Sportlerinnen und Sportler zu den | |
Großereignissen nicht absehbar. Ein anderer, schärferer Bann gilt seit dem | |
Angriffskrieg, den Russland unterstützt von Belarus mit dem Überfall auf | |
die Ukraine im Februar begonnen hat. Der Wada-Bann war ja nur eine Art | |
Scheinsperre. Russische Athleten durften sehr wohl an den großen | |
Wettkämpfen teilnehmen, die Handballer taten das unter dem Logo des | |
russischen Handballverbands und die Olympionikinnen marschierten hinter der | |
Fahne des Russischen Olympischen Komitees bei der Eröffnungsfeier der | |
Winterspiele von Peking ins Stadion. | |
Seit Februar wirken nun die Sportsanktionen. Die beinhalten einen echten | |
Ausschluss. Nur in ein paar Profisportarten dürfen Russinnen und Russen | |
antreten. Das Fähnchen, das in den Ergebnislisten die Herkunft anzeigt, | |
wird dann einfach weggelassen. | |
## Wem fehlt Alexander Bolschunow | |
Man hat sich gewöhnt an Wettbewerbe ohne russische und belarussische | |
Beteiligung. Der Langlauf-Weltcup hat [2][ohne Alexander Bolschunow], den | |
erfolgreichsten Athleten der Spiele von Peking, begonnen, ohne dass dies | |
große Erwähnung gefunden hätte. Auch die Eiskunstlaufsaison ist ohne die | |
großen Hingucker aus Russland angelaufen. [3][Kamila Walijewa, die für die | |
emotionalsten und politisch höchst aufgeladenen Bilder in Peking gesorgt | |
ha]t, läuft ihre neue Kür nur in Russland. | |
Darin spielt sie auf ihren eigenen Dopingfall an. Während der Spiele war | |
bekannt geworden, dass die damals 15-Jährige positiv auf ein verbotenes | |
Herzmittel getestet worden war. Bis heute ist unklar, ob dem russischen | |
Team deshalb die Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb aberkannt werden | |
muss. Die zuständige Anti-Doping-Agentur Russlands (Rusada) hat den Fall | |
untersucht, ein Urteil gesprochen und die Sache für beendet erklärt. | |
Nur wie die Untersuchung ablief oder das Urteil lautet, das weiß niemand. | |
Denn das soll unter Verschluss bleiben, schließlich sei, so die Rusada, | |
Walijewa wegen ihres jugendlichen Alters eine nach den Wada-Regeln | |
geschützte Person. | |
## Skeptische Anitdopingkämpfer | |
Das ging der Wada dann doch zu weit. Sie will nun den Fall vor dem | |
internationalen Sportgericht klären lassen und stellt klar, dass das Ende | |
des Banns am 17. Dezember nicht gleichbedeutend ist mit einer | |
Rehabilitierung des russischen Sports und der russischen | |
Anti-Doping-Agentur. Es soll nur den Beginn einer Wiedereingliederung | |
markieren. Der russische Sport bleibt erst mal unter Verdacht. Zudem | |
überlegt man in der Wada, ob die Sportsanktionen nicht auch dazu geführt | |
haben könnten, dass in Russland relativ unkontrolliert am | |
Anti-Doping-System vorbei gearbeitet werden konnte. | |
Derweil überlegt das Internationale Olympische Komitee, wie die | |
Sportsanktionen, die es selbst angestoßen hat, aufgeweicht werden könnten. | |
Es sieht so aus, als tue IOC-Präsident Thomas Bach alles dafür, um | |
russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten die Teilnahme an den | |
Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris zu ermöglichen. Nach der Sitzung | |
der IOC-Exekutive in der vergangen Woche meinte Bach, Sanktionen gegen | |
Regierungen seien etwas anderes als die Frage nach der Teilnahme von | |
einzelnen Athletinnen bei Olympia. | |
Sportlerinnen und Sportler dürften nicht zum Opfer von Handlungen ihrer | |
Regierungen werden. Dafür handelte er sich postwendend einen Rüffel vom | |
ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski ein, der via Twitter seine | |
Verärgerung über die Reintegrationspläne für russische Sportlerinnen und | |
Sportler zum Ausdruck brachte. Seine Forderung: „Isolation“, so lange die | |
Angriffe andauern. | |
Doch die Zeit drängt für das IOC. Die ersten Qualifikationswettbewerbe | |
laufen bereits. Im Frühjahr nimmt der Vorlauf für die Olympischen Spiele | |
2024 richtig Fahrt auf. Bach muss sein Ziel, die Sportsanktionen zu einem | |
Ausschluss light umzuwandeln, so wie der Wada-Bann im Grunde einer war, | |
schnell umsetzen. | |
16 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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