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# taz.de -- Betroffenen-Sprecher über Bischof Bode: „Er klammert sich an sei…
> Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode steht in der Missbrauchsdebatte
> unter Druck. Der Betroffenenrat um Norbert Thewes hat ihn angezeigt.
Bild: Hat nun auch mit einer Anzeige zu tun: Franz-Josef Bode, hier am 18.11.20…
taz: Herr Thewes, 2010 hat sich Bischof Bode auf den Boden des Osnabrücker
Doms gelegt; er erkenne seine Schuld an. Im Amt blieb er dennoch. Schon das
war ein Fehler, oder?
Norbert Thewes: Die Geste war einmalig. Aber die Taten danach haben
gefehlt.
Auch nach dem 2022 erschienenen [1][Zwischenbericht „Pflichtverletzungen
der Bistumsleitung“] des Forschungsprojekts der Universität Osnabrück hat
Bode sich an seinen Stuhl geklammert. Warum?
Bischof Bode hat seit 2021 im Bistum wichtige Schritte auf den Weg
gebracht. Es gibt jetzt ein Monitoring und die Arbeitsgruppe „Betroffene
hören und begleiten“. Das ist, auch im Vergleich zu den Nachbar-Bistümern,
schon etwas Besonderes. Wenn Betroffene sexualisierter Gewalt sich an das
Bistum wenden, werden sie an unabhängige, therapeutisch geschulte
Ansprechpersonen weiterverwiesen. Aber es stimmt: Er klammert sich an sein
Amt. Und klar ist: Er steht einer Täter-Organisation vor.
Der Betroffenenrat der Bistümer Hamburg, Hildesheim und Osnabrück hat eine
kirchenrechtliche Anzeige gegen Bischof Bode gestellt. Ist jetzt der
Vatikan am Zug?
Genau. Wir haben die Anzeige an den Erzbischof von Hamburg geschickt, zur
Weiterleitung an die Rechtsabteilung des Vatikans.
Welchen Effekt erwarten Sie?
Dass Bode, wenn es eine Entscheidung aus Rom gibt, sich ihr beugt. Und wir
erwarten, dass ein Umdenken bei ihm einsetzt, weg von der Täter-, hin zur
Betroffenen-Orientierung. Wir sind der erste Betroffenenrat, der je eine
Anzeige gegen einen Bischof in Deutschland gestellt hat. Wir hoffen, dass
der Schritt Betroffenen Mut macht, sich an Betroffenenräte zu wenden.
Ein Fall aus Ostercappeln bei Osnabrück zeigt, wie Bode denkt. Dort hat ein
Priester jahrelang ein Mädchen missbraucht. Was hat Bode dazu gesagt?
„Beziehung“?
Der Sprachgebrauch des Bistums war „Liebesbeziehung“. Bode selbst hat
gesagt, es habe sich um eine „Beziehung“ gehandelt.
Vorletzten Sonntag musste er dazu in der Gemeinde Rede und Antwort stehen.
Da wurde er gefragt, wie er das so bezeichnen könne. Bode hat gesagt, er
gehe davon aus, dass es sich um eine Volljährige handle. Aber das Mädchen
war 14, als der Missbrauch begann. Bode verkennt, dass es da keine
Augenhöhe gab, keine Selbstbestimmung, nur ein Machtgefälle. In den Augen
der Kirche sind Priester Stellvertreter Christi. Sie haben also eine
moralische Verantwortung. Wenn von „Beziehung“ gesprochen wird, hat das
Opfer am Ende das Gefühl: Was da passiert ist, war vom Täter her richtig.
Wenn etwas nicht richtig war, bin ich dafür selbst verantwortlich. Aber das
ist falsch. Es gibt keine „Beziehung“ zwischen einem Täter und einem Opfer.
Hat sich das Opfer von Ostercappeln vom Bistum ernst genommen gefühlt?
Nein. Seit 1995 hat die junge Frau Kontakt zum Bistum gesucht, um ihren
Missbrauch anzuzeigen. Das wurde [2][stets bagatellisiert].
Eine doppelte Traumatisierung?
Absolut. Mich erinnert das an meine eigene Missbrauchserfahrung im Bistum
Hildesheim. Als ich meinen Missbrauch angezeigt habe, 2012, schrieb man
mir, man habe alle Täter im Blick. Der Priester, der mich missbraucht
hatte, sei nicht unter den Tätern. Und ich sei nicht unter den Opfern. Das
war eine Retraumatisierung. Das hat mich in eine tiefe persönliche Krise
gestürzt, mit vielen Krankheiten.
Sie haben Bode bereits aufgefordert, „fernab rein strafrechtlicher
Maßstäbe“ Verantwortung zu übernehmen und sagen: „Das Strafrecht kann ni…
Maßstab eines Bischofs sein.“ Steht ein Bischof über dem Gesetz?
Natürlich nicht! Aber es gibt hier ja leider keine strafrechtliche Handhabe
mehr, das sind ja verjährte Taten. Was wir damit meinen, ist: Es gibt neben
dem strafrechtlichen auch eine moralische Komponente. Die wird, wenn
Bischöfe so handeln wie Bode, völlig ausgehebelt.
Haben Sie vor Ihrer Anzeige mit Bode gesprochen?
Als der [3][Zwischenbericht] veröffentlicht wurde, hatten wir in einer
Videokonferenz Kontakt zu ihm. Wir haben ihm dabei klargemacht: Wir wollen
mit ins Boot! Danach brach der Kontakt ab. Ich kenne viele Betroffene aus
dem Bistum Osnabrück, die sich beklagt haben, mit Bischof Bode komme kein
Kontakt zustande.
Bode hat stets das Bild zu erzeugen versucht, er sei ein moderner
Reformbischof. Das hat tiefe Risse bekommen, oder?
Ja. Nach außen hat er 2010 eine große Geste gemacht. Aber er negiert durch
seine Äußerungen, dass es sich um Gewalttaten handelt, um Verbrechen, wenn
er Worte wie „Beziehung“ benutzt. Das sind eine Beschönigung und zeigen
seine klare Täterorientierung.
Bode sagt, der [4][Reformprozess in Osnabrück] wäre gefährdet, träte er
zurück. Ist da was dran?
Das ist vorgeschoben. Ins Stocken geraten würde der Prozess nicht. Er hängt
ja nicht nur an Bode selbst.
15 Dec 2022
## LINKS
[1] /Sexualisierte-Gewalt-im-Bistum-Osnabrueck/!5879577
[2] /Sexualisierte-Gewalt-in-der-Kirche/!5839622
[3] https://www.s-gewalt.uni-osnabrueck.de/willkommen.html
[4] /Franz-Josef-Bode-im-Portraet/!5738316
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Missbrauchsopfer
Missbrauch
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