# taz.de -- Einsatz in Mali: Bundeswehr bleibt noch ein bisschen | |
> Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium sind sich beim aktuell | |
> größten Auslandseinsatz nicht einig. Nun lautet der Kompromiss: Abzug in | |
> Raten. | |
Bild: Bleiben oder gehen? Die Bundesregierung vertritt dazu widersprüchliche S… | |
BERLIN taz | Die Bundeswehr zieht ab, lässt sich damit aber Zeit. Wie die | |
Nachrichtenagentur dpa am Dienstagnachmittag meldete, endete ein | |
Spitzentreffen der Bundesregierung zur Zukunft des deutschen Einsatzes in | |
Mali mit einem Kompromiss. Kanzleramt, Auswärtiges Amt und | |
Verteidigungsministerium einigten sich demnach darauf, kommendes Jahr mit | |
dem „Einstieg aus dem Ausstieg“ zu beginnen, das Land aber erst 2024 | |
komplett zu verlassen. | |
Der derzeit größte deutsche Auslandseinsatz würde damit nach elf Jahren | |
enden. Seit 2013 ist die Bundeswehr in Mali aktiv. Die Beteiligung an der | |
Ausbildungsmission EUTM im Land hatte die Bundesregierung nach | |
Streitigkeiten mit der malischen Militärregierung schon in diesem Jahr auf | |
ein Minimum heruntergefahren. | |
Strittig war jetzt noch die Beteiligung an der UN-Friedensmission Minusma, | |
um deren Zukunft sich am Dienstag das Treffen im Kanzleramt drehte. Unter | |
den aktuell 17.622 Minusma-Angehörigen sind 591 Deutsche, 535 davon | |
Bundeswehrangehörige. Eine Hauptaufgabe der Deutschen sind | |
Aufklärungsmissionen in und um die Stadt Gao im Nordosten Malis. | |
Über Monate hatte auch dieser Einsatz zuletzt mehr und mehr gewackelt. Der | |
Bundestag versah schon die letzte Mandatsverlängerung im Mai mit einer | |
Ausstiegsklausel. „Sofern während des Mandatszeitraums ein ausreichendes | |
Versorgungs- und Schutzniveau für deutsche Soldatinnen und Soldaten nicht | |
mehr gewährleistet werden kann, sind Maßnahmen zur Anpassung des deutschen | |
Beitrags einzuleiten“, hieß es im Beschluss. | |
## Russische Militärgruppe Wagner | |
Der Grund für die Unsicherheit: immer neue Steine, die Malis | |
Militärregierung den UN-Truppen in den Weg legt, sowie der Rückzug | |
verschiedener Partnerländer. Im August hatte das französische Militär | |
seinen Abzug aus Mali vollendet. Zuletzt kündigte auch Großbritannien an, | |
seine UN-Soldat*innen nach Hause zu holen. | |
Zwischenzeitlich hatte die Nachrichtenagentur AFP schon in der vergangenen | |
Woche gemeldet, die Bundesregierung habe sich auf einen Abzug geeinigt. | |
Offizielle Stellen widersprachen zunächst; irgendjemand aus der Koalition | |
hatte der Agentur offenbar eine falsche Information durchgestochen. In der | |
Ampel wurde seitdem fröhlich spekuliert, wer wohl mit welchem Interesse die | |
Meldung lanciert hat. | |
Das gegenseitige Misstrauen in der Sache ist groß. Schon lange war es kein | |
Geheimnis mehr, dass vor allem [1][zwischen Verteidigungs- und | |
Außenministerium die Ansichten] über die Zukunft der Mission | |
auseinandergehen. | |
Die Hauptargumente im Haus von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht | |
(SPD): Die deutschen Soldat*innen seien in Gefahr und die Ziele des | |
Einsatzes kaum noch zu erreichen. Immer wieder verweigerte die malische | |
Regierung Überflugrechte, was unter anderem zur Folge hatte, dass die | |
Bundeswehr zwischenzeitlich ihre Kontingente nicht austauschen konnte und | |
ihre Aktivitäten aussetze. | |
Seit Wochen darf sie zudem ihre Heron-Drohnen nicht mehr in Mali starten, | |
wodurch ihre Aufgabe der Aufklärung stark erschwert ist. Durch den Abzug | |
weiterer Partnerstaaten könnte sich die Sicherheitslage für die Deutschen | |
weiter verschlechtern. Erschwerend kommt hinzu, dass die malische | |
[2][Regierung Söldner des russischen Militärunternehmens Wagner] ins Land | |
geholt hat. | |
## Hoffen auf Wahlen | |
Im [3][Außenministerium von Annalena Baerbock] und bei ihren Grünen sah man | |
diese Probleme zwar auch, fürchtete aber zugleich mögliche [4][negative | |
Auswirkungen eines Abzugs]. Zum Teil geht es dabei um die Lage in Mali | |
selbst. So kommt von Grünen etwa häufig der Verweis darauf, dass der | |
UN-Einsatz zumindest punktuell für Stabilität und Sicherheit der | |
Bevölkerung sorge. Zum Teil geht es aber auch um geopolitische | |
Überlegungen. | |
So könnte Russland seinen Einfluss in der Region noch weiter ausbauen und | |
die hinterlassene Lücke füllen, wenn die Bundeswehr geht. Der deutsche | |
Abzug könnte außerdem das Ende von [5][Minusma] als Ganzes einläuten und | |
damit die Bedeutung der Vereinten Nationen weiter schwächen. Zumindest | |
einen überstürzten Rückzug wollte das Auswärtige Amt vermeiden. | |
Nun könnte die Bundeswehr zumindest noch bis zu den nächsten Wahlen in Mali | |
im Land bleiben. Im Sommer hat die Militärregierung einen Zeitplan | |
vorgestellt, mit dem sie die Macht an eine zivile Regierung zurückgeben | |
könnte. Bis Ende März 2024 sollen demnach Wahlen stattfinden. | |
Ob die [6][Bundeswehr helfen kann], sie als Teil der UN-Mission | |
abzusichern, ist aber offen. Zum einen blieb am Dienstag unklar, wie viele | |
deutsche Soldat*innen dann überhaupt noch im Land sein werden. Zum | |
anderen hat die Militärregierung angekündigte Wahltermine schon in der | |
Vergangenheit mehrmals verschoben. | |
22 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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