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# taz.de -- Ukrainische Weihnachten im Krieg: Feiern oder trauern
> Darf man Bäume mit Lichterschmuck aufstellen, während der Strom knapp ist
> und an der Front Soldaten sterben? In der Ukraine wird heftig diskutiert.
Bild: Blackoutmodus auch zu Weihnachten? Hier Kyjiw während eines Stromausfall…
Luzk taz | Mehrmals in der Woche kommt Igor Politschuk, der Bürgermeister
von Luzk, in die orthodoxe Kathedrale der westukrainischen Stadt. Er nimmt
dort an Beerdigungen im Krieg gefallener Soldaten teil. Nun sollen in der
Nähe, auf dem zentralen Platz, bald Weihnachtsbäume im Lichterglanz
erstrahlen und in Luzk sowie Dutzenden anderer Städte in der Ukraine wird
heftig diskutiert: Weihnachten feiern und für einen Moment das Leben
genießen – oder Schluss mit lustig und im Dunkeln sitzen? Und wie soll man
unter solchen Bedingungen von den toten Soldaten Abschied nehmen? Denn in
Luzk führt der Weg des Sarges am Weihnachtsbaum vorbei.
Einige Leute sind überzeugt davon, dass Russlands Präsident Wladimir Putin
den Ukrainer*innen oder zumindest den Kindern Weihnachten und Neujahr
nicht wegnehmen dürfe. Fernab der Front müsse es kleine Momente
menschlicher Freude geben dürfen, auch wenn Soldaten kämpften und stürben.
„Ein Weihnachtsbaum kostet keine astronomische Summe, mit der man einen
Panzer oder ein Flugzeug kaufen kann“, sagt etwa der freiwillige Helfer
Witali Dejne. „Aber einen Baum zu haben zeigt, dass uns russische Raketen
und Propagandageschrei gleichgültig sind. Trotzdem leben, genießen und
feiern wir.“
Ein weiteres Problem ist [1][die Stromknappheit nach russischen Angriffen
auf Energieanlagen]. Energieingenieure haben angekündigt, dass die
Ukrainer*innen mindestens bis Ende März im Blackoutmodus leben müssten.
Lichtdekorationen dürfen derzeit weder außerhalb von Häusern noch auf den
Straßen eingeschaltet werden. Für viele Einwohner*innen von Luzk sind
batteriebetriebene Lichterketten bei Stromausfall die einzige zuverlässige
Beleuchtungsquelle in ihren Wohnungen.
Bürgermeister Igor Politschuk hat erklärt, für ihn werde es schwierig,
Leuten, die nur wenige Stunden am Tag ihr Licht einschalten, das Aufstellen
eines beleuchteten Weihnachtsbaums im Stadtzentrum zu erklären.
Gleichzeitig ist der Preis dafür vergleichsweise niedrig – nur etwas mehr
als 15 Euro pro Tag.
In den Städten, die sich dafür entschieden haben, Weihnachtsbäume
aufzustellen, werden diese daher so „energiebewusst“ wie möglich sein und
es wird weder traditionellen Märkte noch Unterhaltungsveranstaltungen oder
Konzerte in ihrer Nähe geben.
In Luzk wurde beschlossen, Weihnachtsbäume mit selbst gemachtem Spielzeug
aus reflektierendem Material zu schmücken. Geld aus dem städtischen
Haushalt wird auch gespart, weil die Behörden seit vielen Jahren keinen
Neujahrsbaum mehr extra kaufen.
Stattdessen werden die drei Bäume geschmückt, die ohnehin auf dem zentralen
Platz der Stadt gepflanzt sind. In der westukrainischen Stadt
Iwano-Frankiwsk wird es anstelle eines Weihnachtsbaumes eine symbolische
Installation mit Kinderzeichnungen über den Krieg geben.
Aus dem Russischen Barbara Oertel
Juri Konkewitsch lebt und arbeitet in Luzk. Seit dem Beginn des Krieges am
24. Februar 2022 schreibt er regelmäßig für die taz.
4 Dec 2022
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[1] /Zerstoerte-Stromversorgung-in-Kiew/!5896242
## AUTOREN
Juri Konkewitsch
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