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# taz.de -- CDU in Thüringen: Erneutes Spiel mit dem Dammbruch
> Die CDU verweigert die Zustimmung zum Haushalt und will Kürzungen im
> Integrations- und Demokratiebereich. Die AfD hat sie auf ihrer Seite.
Bild: Machen sie bald wieder gemeinsame Sache? Björn Höcke und Mario Voigt (h…
BERLIN taz |Der letzte Eklat der CDU Thüringen liegt noch nicht lange
zurück: Im November setzte die Union mit der AfD im Landtag durch, dass bei
[1][Behördenkommunikation nicht mehr gegendert wird]. Nun plant die Partei
die nächste Volte. Für den Landeshaushalt will die CDU laut
Änderungsanträgen, die der taz vorliegen, massive Kürzungen im Bereich der
Integrations- und Demokratiepolitik durchsetzen. Dabei kann sie erneut auf
die Unterstützung der AfD setzen.
Demnach will die CDU Maßnahmen zur Integrationsförderung von 6,5 Millionen
um 3 Millionen Euro kürzen. Beim [2][Landesaufnahmeprogramm Afghanistan]
oder den Erstattungskosten für Geflüchtete an die Krankenkassen sollen je
1,5 Millionen Euro eingespart werden. Das Landesprogramm „Arbeit für
Geflüchtete“ soll um gut 2,2 Millionen Euro gestutzt werden. Die Partei
hatte etwa das Afghanistanprogramm zuletzt teils als „Ideologieprojekt“
kritisiert.
Zudem will die CDU das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und
Weltoffenheit von 5,7 Millionen um 700.000 Euro einkürzen. Die politische
Bildung in der Erwachsenenbildung soll von 1,4 Millionen um 1 Million Euro
schrumpfen, die inklusive Erwachsenenbildung sich auf 500.000 Euro
halbieren. Zuschüsse für Gleichstellungspolitik sollen von 4 auf 2
Millionen Euro fallen.
Die Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich nannte die Pläne „wirklich
krass“. „Die CDU geht in einen in Zahlen gegossenen Kulturkampf“, sagte s…
der taz. Auch für die Linke Katharina König-Preuss würden damit „soziale
und demokratische Stützpfeiler massiv eingerissen“. Es drohe ein weiterer
Rechtsruck im Land. SPD-Landtagsvizepräsidentin Dorothea Marx sprach von
einem „völlig unverantwortlichen“ Vorgehen der CDU. Erneut könnte „die
Brandmauer gegen die als verfassungsfeindlich eingestufte Thüringer AfD
eingerissen werden“.
## Vorwurf des „Harakiri“ an die CDU
Der Thüringer Haushalt soll am Donnerstag im Landtag verabschiedet werden.
Die rot-rot-grüne Regierung von Bodo Ramelow (Linke) hat hier keine eigene
Mehrheit. Die CDU fordert insgesamt deutliche Einsparungen – verweigerte
der Regierungskoalition aber bisher alle Gespräche. „Das hat es noch nie
gegeben“, kritisiert Rothe-Beinlich. Die CDU vollführe ein „Harakiri“, d…
am Ende den ganzen Haushalt zum Platzen bringen könnte.
Die Thüringer CDU nannte ihre Kürzungspläne auf taz-Nachfrage
„Umschichtungen“, etwa hin zu mehr Ehrenamtsförderung. Zudem sehe man
„viele migrationspolitische Maßnahmen kritisch“ und dokumentiere dies mit
den Anträgen. CDU-Fraktionschef [3][Mario Voigt] erklärte am Dienstag, es
gehe der CDU beim Haushalt generell um mehr finanzielle Nachhaltigkeit und
mehr Gelder für die Kommunen. Dafür sei man zu Gesprächen bereit – aber
nur, wenn Rot-Rot-Grün „doch noch auf uns zugeht“.
Bei den CDU-Kürzungsplänen in der Gesellschaftspolitik aber lehnt R2G das
ab. Dass diese inhaltlich abzulehnen seien, „versteht sich von selbst“, so
SPD-Frau Marx zur taz.
## Die AfD lauert schon
Dafür kann die CDU auf Unterstützung von der AfD hoffen. Denn auch die
Rechtsextremen wollen Kürzungen im Migrations- und Demokratiebereich, wenn
auch noch drastischer. So will die Partei etwa das Landesprogramm für
Demokratie komplett streichen. Auch die 8 Millionen Euro an Zuweisungen an
die Gemeinden für unbegleitete minderjährige Geflüchtete sollen komplett
weg. Maßnahmen zur Integrationsförderung sollen um 6,5 Millionen Euro
sinken.
Tut sich die Opposition zusammen – neben CDU und AfD auch die FDP und die
Bürger für Thüringen -, hätten sie eine Mehrheit im Landtag. Thüringens
AfD-Chef Björn Höcke jedenfalls dürfte schon lauern. Schon als die CDU
zuletzt den Gender-Antrag mit seiner Partei durchbrachte, jubilierte er,
die Partei habe „sich zum ersten Mal ein Herz gefasst“.
Unvergessen bleibt auch, wie CDU und AfD im Februar 2020 den FDP-Mann
Thomas Kemmerich [4][kurzzeitig zum Ministerpräsidenten wählten]. Ein
Zusammengehen, an das sich Grünen-Fraktionschefin Rothe-Beinlich nun wieder
erinnert fühlt. „Da schließt sich mit den Haushaltsberatungen jetzt ein
ganz fataler Bogen.“
Um das zu verhindern, unternehmen Linke, SPD und Grüne noch einen letzten
Versuch: Sie boten der CDU an, im Haushalt zwar nicht die
Streichungsvorschläge der Partei zu übernehmen – wohl aber deren
gewünschten Mehrkosten. Auch dazu wurde die CDU für Mittwochnachmittag
nochmals zu einem Gespräch eingeladen. Es sei noch nicht zu spät für eine
gemeinsame Einigung auf den Landeshaushalt, appellierte SPD-Fraktionschef
Matthias Hey.
Auch aus der Zivilgesellschaft kommt Druck. Axel Salheiser vom Institut für
Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena warnt die CDU vor dem „nächsten
Tabubruch mit Signalwirkung“. Die CDU dürfe sich nicht aus
Oppositionskalkül „zur Ermöglicherin radikal rechter Kahlschlagträume
machen“, so Salheiser zur taz. Wer an Demokratieförderung und
Integrationsmaßnahmen die Axt anlege, helfe der AfD auf ihrem Weg zur
Regierungsmacht.
6 Dec 2022
## LINKS
[1] /Thueringer-Antrag-gegen-das-Gendern/!5894568
[2] /Landesaufnahmeprogramm-Afghanistan/!5892133
[3] /Ermittlungen-gegen-Thueringer-CDU-Chef/!5888151
[4] /Tabubruch-in-Thueringen/!5658092
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Thüringen
Schwerpunkt AfD
CDU
R2G
Schwerpunkt Thüringen
Thomas Kemmerich
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
Lesestück Recherche und Reportage
Gendergerechte Sprache
CDU
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