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# taz.de -- Falsche Frage im Buckingham Palace: Gesprächspartner klein machen
> Nationale und kulturelle Überlegenheit zu demonstrieren sollte auch im
> britischen Adel Vergangenheit sein. Die britische Gesellschaft ist
> verändert.
Bild: Lady Hussey in einer Kutsche auf dem Weg zum Pferderennen in Ascot
Als Kanzler der Universität Cambridge unterhielt sich Prinz Philip immer
gerne mit den Leuten vor Ort. Dabei musste man auf alles gefasst sein:
Prinz Philip: „Woher kommen Sie?“
„Ich bin Polin.“
„Sind sie zum Erdbeerenpflücken hier?“
„Nein, ich bin Professorin für Biologie.“
„Nicht ihr Ernst!“
Royale Konversation Nr. 2:
Prinz Philip: „Sie sind keine Engländerin, stimmt’s?“
„Nein, ich komme aus Irland.“
„Das dachte ich mir. Sie haben was Wildes.“
Prinz Philip, der Vater des jetzigen Königs Charles III., war 35 Jahre lang
Kanzler der Universität Cambridge. Er war kein dummer Mann. Er leistete
viel für die royale Firma und interessierte sich für Naturwissenschaften
und neue Technologien.
Aber er hatte eine Eigenschaft, die in seinem Stand weit verbreitet ist:
einen festen Glauben an seine absolute gesellschaftliche Überlegenheit. Mit
wenigen herablassenden [1][Worten konnte er dafür sorgen, dass sich seine
Gesprächspartner klein fühlten.]
Keine Gruppe wurde davon verschont: Frauen, Arbeiter, Mittelschichtler und
natürlich auch People of Colour. Jeder kam mal dran. Es war typisch für
seine Generation von Aristokraten. Entscheidend war nicht unbedingt die
Hautfarbe, sondern das Klassendenken. Ein indischer Prinz wurde als
ebenbürtig behandelt, ein indischer Gemüseverkäufer musste damit rechnen,
etwas abzubekommen.
Philips [2][Generation ist so gut wie ausgestorben], aber die Äußerungen
der 83-jährigen Lady Hussey erinnerten noch einmal daran. Hussey ist
Patentante von Prinz William und gehört seit 60 Jahren zum royalen
Haushalt.
Als Hussey bei der Veranstaltung in Buckingham-Palast letzten Dienstag (29.
November) die Schwarze Britin [3][Ngozi Fulani] fragte „Wo kommen sie
wirklich her?“, wollte sie ihre gesellschaftliche und ihre nationale
Überlegenheit gegenüber Fulani demonstrieren. Vielleicht hatte Hussey
einfach nicht das hausinterne Memo gelesen.
Die Idee der Veranstaltung war es, Frauensolidarität zu zeigen – nicht
andere Frauen herabzusetzen. Man wollte auf die internationale UN-Kampagne
gegen Gewalt an Frauen aufmerksam machen. Olena Selenska eröffnete deswegen
in London eine Ausstellung über die Vergewaltigungen von ukrainischen
Frauen durch russische Soldaten.
## Die Krönung kann ihr auf die Sprünge helfen
Vielleicht sind ukrainische Frauen für Hussey geografisch zu weit entfernt.
Aber Gewalt an Frauen ist ein Thema, das auch ihre eigene Standesgenossin,
die 90-jährige Lady Glenconner, gerade thematisiert hat. Anne Glenconner
beschreibt in ihren Memoiren „Whatever next?“, wie ihr Mann sie über
Jahrzehnte hinweg verbal und physisch schwer misshandelte (unter anderem
wurde sie durch seine Schläge auf einem Ohr taub). Es ging also bei der
Veranstaltung im Buckingham-Palast um ein Thema, das Frauen aller Länder
und sozialer Schichten betrifft. Einen Tag nach dem Vorfall mit Ngozi
Fulani trat Susan Hussey zurück.
Sicher ist es für eine ältere Dame wie Hussey schwer zu verstehen, wie sehr
die britische Gesellschaft sich mittlerweile verändert hat. Aber vielleicht
kann die bevorstehende Krönung im Mai ihr auf die Sprünge helfen.
Lady Hussey wird dort sehen können, dass die ranghöchsten britischen
Politiker in Westminister Abbey ganz anders aussehen als sie. Einige haben
sogar eine andere Religion. Premierminister Rishi Sunak ist Hindu, der
Bürgermeister von London, Sadiq Khan, Muslim. Die Hardlinerin, die für die
Sicherheit der gesamten Veranstaltung verantwortlich sein wird,
Innenministerin Suella Braverman ist (überraschenderweise) Buddhistin. Wie
der Außenminister James Cleverly kann auch sie keine weiße Hautfarbe
aufweisen.
Der einzige weiße Politiker von Rang wird Schatzkanzler Jeremy Hunt sein.
Und der bringt seine chinesische Ehefrau mit. Tempi passati.
5 Dec 2022
## LINKS
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[3] /Rassismus-im-Buckingham-Palace/!5895675
## AUTOREN
Karina Urbach
## TAGS
Diversität
Schwerpunkt Rassismus
Buckingham Palace
Großbritannien
Kolumne Blast from the Past
Polizei
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London
Queen Elizabeth II.
Musik
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