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# taz.de -- Polen nach dem Raketeneinschlag: Zurück zur Normalität
> Der Einschlag einer Rakete sorgt in Polen kurz für Aufregung. Doch die
> USA, die den Luftraum durchgängig kontrollieren, geben schnelle
> Entwarnung.
Bild: Medienvertreter am Ort der Explosion im polnischen Przewodów an der ukra…
Warschau taz | Die [1][Rakete, die am Dienstagnachmittag in einem
polnischen Dorf eingeschlagen] und zwei Männer getötet hatte, sorgte in den
sozialen Netzwerken Polens umgehend für wilde Spekulationen: „Waren das die
Russen?“ Und wenn ja, wieso schlug die Rakete ausgerechnet in diesem Dorf
ein? War sie ein Irrläufer oder doch eine bewusste Warnung des russischen
Präsidenten Putin an die Nato, dass der Angriffskrieg gegen die Ukraine
noch eskalieren könnte?
Während es im polnischen Internet schon wilde Spekulationen gab, vereinzelt
der Nato-Bündnisfall nach Artikel 5 gefordert, aber auch das
Schreckensszenario eines dritten Weltkriegs an die Wand gemalt wurden,
hielten sich Polens Medien mit ihrer Berichterstattung auffällig zurück.
Auch die polnische Regierung verhängte rasch einen Nachrichtenstopp.
Präsident Andrzej Duda berief den Sicherheitsrat ein, Premier Mateusz
Morawiecki eine Sondersitzung der Regierung.
Erst am späten Abend traten beide vor die Kameras. Präsident Duda hatte da
bereits mit dem US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden gesprochen und
benutzte eine in Polen selten gebrauchte Formulierung. Im Dorf Przewodów,
sechs Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, sei eine Rakete
„russischer Bauart“ eingeschlagen. Man wisse aber noch nicht, von wo aus
sie abgeschossen worden sei.
In Polen, wo man seit dem 24. Februar jeden Tag über den Angriffskrieg
Putins auf die Ukraine diskutiert, über Waffensysteme und Hilfslieferungen
an die Ukraine, über die Gefahren, die sich aus diesem Krieg für Polen
ergeben könnte, löste das Wort „Rakete russischer Bauart“ sofort die
Assoziation aus: „Die Ukrainer benutzen auch Waffen russischer und sogar
noch sowjetischer Bauart.“ Die in Przewodów eingeschlagene Rakete musste
also nicht unbedingt von Russland aus abgeschossen worden sein.
## Drehscheibe für Waffenlieferungen
Am Mittwochmorgen waren in allen polnischen TV- und
Radio-Nachrichtensendern Militärs und Militärexperten zu Gast. Schon in der
Nacht hatte Präsident Joe Biden die Meldung der amerikanischen
Nachrichtenagentur AP bestätigt, dass es sich um eine ukrainische
Abwehrrakete handle. Im Radio TokFM erklärte ein ehemaliger General, dass
die polnische Ostgrenze, die zugleich die EU- und Nato-Ostgrenze ist, von
amerikanischen und polnischen Aufklärungsflugzeugen kontrolliert werde.
Außerdem befinde sich im knapp 200 Kilometer entfernten Rzeszów nicht nur
eine US-Militärbasis mit modernsten Jagdfliegern, sondern auch die weltweit
größte Drehscheibe für Waffenlieferungen an die Ukraine. Ein paar Kilometer
weiter liege der strategisch wichtige polnisch-ukrainische Grenzübergang
Przemyśl (Bahn) und Medyka (Pkws und Lkws).
Kurz nachdem die Rakete im 400-Seelen-Dorf Przewodów einschlug, war auch
schon das polnische und US-Militär zur Stelle, um die näheren Umstände zu
klären. Zuvor hatte die Polizei die zerstörte Getreidehalle weiträumig
abgesperrt. Die meisten Einwohner des Dorfes packten die wichtigsten
Habseligkeiten ins Auto und evakuierten sich selbst. Notfallärzte in zwei
Ambulanzwagen kümmerten sich um die Opfer. Alles klappte reibungslos – wohl
auch deshalb, weil an der Ostgrenze Polens viele regelmäßig an den Übungen
der sogenannten Territorialverteidigung teilnehmen.
Nachdem mehrere Militärs und Militärexperten in den polnischen
Nachrichtensendern erklärt hatten, dass Polen nicht erneut zum
Aufmarschgebiet für einen weiteren Weltkrieg werden würde, schalteten die
Sender wieder auf normales Programm um. Nur jede halbe Stunde wurde in den
Fünf-Minuten-Nachrichtenblöcken über die weitere Entwicklung in der
„Raketen-Frage“ informiert. Auch Präsident Duda gab ganz offiziell
Entwarnung: „Absolut nichts deutet darauf hin, dass dies ein absichtlicher
Angriff auf Polen war.“
16 Nov 2022
## LINKS
[1] /Raketeneinschlag-in-Polen/!5895778
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Polen
Nato
Andrzej Duda
Joe Biden
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Energiekrise
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