| # taz.de -- Deutsche in Lagern in Syrien: Outgesourct an die Kurden | |
| > Im Nordostsyrien sitzen Zehntausende in Lagern fest. Viele sind | |
| > Islamisten, nicht wenige Deutsche. Sie nicht hierher zu holen, ist | |
| > unverantwortlich. | |
| Bild: Camp al-Hol in Nordostsyrien | |
| Selten haben sich Fehlentscheidungen in Deutschland so offen gezeigt wie | |
| jüngst. Da fehlten Masken, weil wir von China abhängig waren, da müssen wir | |
| die Heizung runterdrehen, weil wir partout nicht auf russisches Gas | |
| verzichten wollten. Auch unsere Syrienpolitik könnte ein böses Erwachen zur | |
| Folge haben. | |
| Im Nordostsyrien sitzen Zehntausende in Lagern fest – ohne Prozess, ohne | |
| Verurteilung, teilweise willkürlich inhaftiert. Viele sind militante | |
| Islamist*innen, mutmaßlich schuldig. Sehr viele andere sind Kinder, die auf | |
| dem besten Weg sind, kriminell zu werden, sich zu radikalisieren, zu | |
| verrohen. Nicht wenige sind Deutsche. | |
| Was tun wir? Wir outsourcen das Problem und verlassen uns [1][auf die | |
| syrischen Kurden], sie sollen uns die Leute vom Leib halten. Deren Milizen | |
| haben ja schon im Kampf gegen den IS gute Dienste geleistet, als ihre | |
| Bodentruppen 2019 die Drecksarbeit erledigten, während eine von Deutschland | |
| unterstützte Militärallianz aus der Luft bombardierte. | |
| Nichts zu tun kann noch einige Zeit gut gehen. Vielleicht aber auch nicht: | |
| Die Lage in der Region ist volatil. Nordostsyrien ist kein Staat, die | |
| „Selbstverwaltung“ ist ein nichtstaatlicher Akteur ohne Anerkennung, ohne | |
| Strafgewalt. Zudem ist sie in einen militärischen [2][Konflikt mit der | |
| Türkei verwickelt]. Eine Eskalation kann jederzeit dazu führen, dass die | |
| Menschen aus den Lagern fliehen können und die Flucht antreten. | |
| Das ist der sicherheitspolitische Aspekt. Auch nach rechtsstaatlichen und | |
| menschenrechtlichen Standards führt kein Weg daran vorbei, alle eigenen | |
| Staatsangehörigen – auch die Männer – zurückzuholen. Repatriieren, vor | |
| Gericht stellen und einsperren oder – im Zweifelsfall – freilassen. Das | |
| bedeutet viel Arbeit für die Ermittlungsbehörden, viel Erklärungsarbeit für | |
| die Politik, viel Deradikalisierungsarbeit und ja: auch ein erhebliches | |
| Sicherheitsrisiko. Doch dieses gilt es abzuwägen: aus menschenrechtlicher | |
| Perspektive sowie im Vergleich zur hochriskanten jetzigen | |
| Dauerpseudolösung. | |
| 1 Dec 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jannis Hagmann | |
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