# taz.de -- Kinotipp der Woche: Schlachtfeld der Liebe | |
> Die Französische Filmwoche zeigt aktuelle Filme des französischen und | |
> frankophonen Kinos und schlägt dabei auch queere Töne an. | |
Bild: Szene aus „Besties“ (Regie: Marion Desseigne-Ravel, FR 2021) | |
Ist das noch reine Freundschaft oder schon mehr? Diese Frage kommt auf, als | |
die besten Freunde Léo und Rémi, beide 13 Jahre alt, in eine gemeinsame | |
Schulklasse kommen. Die Mädchen fragen vorsichtig kichernd: Seid ihr | |
zusammen? Und die Jungs machen Witze. | |
Für Léo ist bald klar, dass er sich von dem Verdacht befreien muss, kein | |
richtiger Kerl zu sein, weil er ständig mit dem sensiblen und in den Augen | |
der anderen irgendwie mädchenhaften Rémi abhängt. Also sucht er sich den | |
wohl männlichsten Sport aus, den er finden kann und fängt an, Eishockey zu | |
spielen. | |
Auch wenn den schmächtigen Jungen schon der kleinste Bodycheck aufs Eis | |
legt. Léo und Rémi entfremden sich zusehends voneinander. Eben noch lebten | |
sie in einer verzauberten Welt, in der man intim und fast zärtlich | |
miteinander umging. Nun ist diese Welt zu Staub zerfallen. | |
Und nun, wo man denkt, „Close“, der neue Film von Lukas Dhont, ist ein | |
leicht angequeertes Coming-of-Age-Drama, das weiter seinen Lauf geht, | |
wechselt er einfach das Thema. Was als extrem feingliedrig erzählte | |
Geschichte über das besondere Verhältnis zwischen zwei Jungs beginnt, wird | |
nun zu einem noch intimeren Film über die Trauer. | |
Wie kann so ein kleines Jungenherz etwas schier Unvorstellbares | |
verarbeiten? Darum geht es im Weiteren, in der Folge eines schrecklichen | |
Ereignisses, nach dem das Leben von Léo und allen um ihn herum, nicht mehr | |
dasselbe ist wie vorher. | |
„Close“ ist sicherlich einer der schönsten und emotionalsten Filme, die im | |
Rahmen der [1][22. Französischen Filmwoche] zu sehen sind. Gleich mehrere | |
Berliner Kinos sind Teil des Filmfestivals, das vom 24. bis zum 30. | |
November geht. Dass „Close“ von einem belgischen Regisseur gefertigt wurde | |
und auch in Belgien spielt, ist eigentlich egal. Hauptsache, man bekommt so | |
einen tollen Film gezeigt. Und immerhin wird in diesem ja Französisch | |
gesprochen. | |
Wie es sich für eine echte Französische Filmwoche gehört, geht es in vielen | |
der weiteren gezeigten Filmen um das vom französischen Film bereits gut | |
ausgeleuchtete Schlachtfeld der Liebe. Er liebt sie, sie ihn zwar auch, | |
aber eigentlich findet sie einen anderen auch ganz gut und überhaupt ist | |
alles so kompliziert. Man kennt das ja. | |
Nur gut, dass der französische Film die Liebe längst auch im queeren | |
Kontext Purzelbäume schlagen lässt. So etwa in Marion Desseigne-Ravels | |
Coming-of-Age-Film „Besties“. Auch hier geht es um die große, aufregende | |
Liebe, die aber erst viele Hindernisse zu überwinden hat, bevor sie | |
wirklich aufblühen kann. | |
Nedjma lebt in der Pariser Banlieue und zieht mit ihrer Mädchengang durch | |
die Straßen. Sie ist hart und ihre Freundinnen sind es auch. Dann lernt sie | |
die Neue aus der Nachbarschaft kennen, Zina. Und sie spürt: irgendwas zieht | |
sie hin zu dieser. Und das, obwohl ihre Freundinnen beschlossen haben: Zina | |
ist eine Schlampe, der Umgang mit ihr wird verboten. | |
Bald befindet sich Nedjmas Gang mit der von Zina in einer Art Kleinkrieg | |
und wenn es sein muss, wird sogar darüber handgreiflich gestritten, wer nun | |
das Vorrecht hat, auf dieser einen Bank im Park zu sitzen. Und mittendrin | |
in diesem Wahnsinn: all diese unklaren Gefühle von Nedjma und Zina. | |
Für die wird bald klar, dass sie das Chaos in ihren Herzen langsam ordnen | |
müssen. Und sie tun das dann auch in diesem wunderbar dramatischen und | |
gleichzeitig so leichten Liebesfilm aus Frankreich. | |
23 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.franzoesische-filmwoche.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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