# taz.de -- Olaf Scholz auf UN-Klimagipfel: Mehr Geld fürs Klima | |
> Der Kanzler kündigt in Scharm al-Scheich die Aufstockung der | |
> internationalen Klimafinanzierung an. Aktivisten sehen Berlins | |
> Klimapolitik kritisch. | |
Bild: Scharm al-Scheich am Montag: Kanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei der UN… | |
SCHARM AL-SCHEICH rtr/pa | Deutschland wird seine jährlichen Ausgaben für | |
die internationale Klimafinanzierung bis 2025 auf 6 Milliarden Euro | |
aufstocken. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagabend auf | |
dem [1][Weltklimagipfel in Ägypten] an. 170 Millionen Euro sollen dafür in | |
den neuen globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken gehen. | |
Der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Einsparung fossiler Brennstoff | |
sei nicht nur aus Klimaschutzgründen nötig. Er sei auch ein | |
„sicherheitspolitischer Imperativ“, sagte Scholz. Der Kanzler betonte, dass | |
Deutschland trotz der vorübergehenden stärkeren Nutzung von Kohle und Öl zu | |
seinen Klimaschutzversprechen stehe und bis 2045 klimaneutral werden wolle. | |
Das bedeutet, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen vollständig durch | |
deren Aufnahme etwa in Böden, Wäldern oder Ozeanen ausgeglichen wird. | |
In seiner Rede warnte Scholz vor einer „Renaissance der fossilen Energien“ | |
wie Öl, Gas und Kohle. „Für Deutschland sage ich: Es wird sie auch nicht | |
geben.“ Zuletzt hatten der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und | |
die damit verbundene Abkopplung von russischen Gaslieferungen aber dazu | |
geführt, dass [2][die deutschen Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben] und | |
die Bundesregierung die Erschließung von Gasfeldern zum Beispiel in Afrika | |
fördern will. | |
Bereits im Mai hatte Scholz dem Senegal Unterstützung bei der Erschließung | |
eines Gasfeldes vor der Küste versprochen. Das kleine Land in Westafrika | |
soll zumindest einen Teil der Lücke füllen, die durch das fehlende Gas aus | |
Russland entstanden ist. | |
## Skepsis bei Klimaschützern | |
Klimaschützer reagieren kritisch auf das Versprechen von Kanzler Olaf | |
Scholz, Deutschland werde „ohne Wenn und Aber“ aus Öl, Gas und Kohle | |
aussteigen. Dies sei eine „Täuschung der internationalen Öffentlichkeit“, | |
wenn Scholz gleichzeitig Geld für neue Gasfelder in Afrika bereitstellen | |
wolle, die die Klimakrise anheizen, sagte der geschäftsführende Vorstand | |
von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, am Rande der UN-Klimakonferenz | |
in Ägypten. Wenn der Kanzler sein Bekenntnis in Scharm al-Scheich ernst | |
meine, dürfe kein einziger Euro deutscher Steuergelder mehr in neue | |
Gasfelder fließen. „Daran wird sich Kanzler Scholz persönlich messen lassen | |
müssen.“ | |
Viviane Raddatz vom WWF Deutschland erklärte, Scholz distanziere sich zwar | |
von einer „Renaissance“ fossiler Energien – doch habe Deutschland diese | |
Entwicklung mit Bemühungen um neue Gasquellen zum großen Teil selbst | |
ausgelöst. Auch der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph | |
Bals, sagte, an seinem Versprechen zum Ausstieg aus den fossilen Energien | |
müsse sich Scholz ab jetzt messen lassen. „Er muss den Weg frei machen für | |
einen Prüfprozess, der genau dies sicherstellt.“ Der kurzfristig notwendige | |
Ersatz von russischem Gas müsse so organisiert werden, dass er mit den | |
Klimazielen vereinbar sei. | |
Danach sieht es aber nach Einschätzung der Wissenschaft nicht aus: Nur zwei | |
Tage vor dem Start der Beratungen in Ägypten hatte der unabhängige | |
[3][Expertenrat die deutschen Klimaschutzbemühungen als unzureichend | |
abgewatscht] – auch wenn die um Nüchternheit bemühten Fachleute das nie so | |
formulieren würden. Ihr Fazit: Es ist unwahrscheinlich, dass Deutschland | |
sein Ziel, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 65 Prozent | |
im Vergleich zu 1990 zu senken, noch schaffen kann. | |
Kritik übten die Umweltorganisationen auch an Scholz' Ankündigung, 170 | |
Millionen Euro für einen neuen Schutzschirm für Klimarisiken zur Verfügung | |
zu stellen. Finanziert wird dies aus den jährlichen Mitteln für den Kampf | |
gegen den Klimawandel, die bis 2025 von 5,3 auf 6 Milliarden Euro steigen | |
sollen. Dazu sagte WWF-Expertin Raddatz: Die Aufstockung auf 6 Milliarden | |
Euro bis 2025 habe bei der letzten COP in Schottland schon Amtsvorgängerin | |
Angela Merkel angekündigt. „Damit blieben neue Signale von Bundeskanzler | |
Scholz aus, die positive Bewegung in die Verhandlungen in Scharm al-Scheich | |
hätten bringen können.“ | |
Von Germanwatch hieß es dagegen, Deutschland etabliere sich mit den | |
angekündigten 170 Millionen Euro für einen globalen Schutzschirm gegen | |
Schäden und Verluste als Vorreiter unter den Industrieländern. Damit sei | |
ein guter Anfang gemacht. „Mit Blick auf die tatsächlichen Schäden und | |
Verluste durch die Klimakrise ist die Summe allerdings nur ein Tropfen auf | |
den heißen Stein.“ | |
## Dutzende von Staatschefs bei der Klimakonferenz | |
Am Dienstag setzen auf der Weltklimakonferenz die Vertreter von rund 200 | |
Staaten ihre Beratungen über einen verstärkten Kampf gegen die Erderwärmung | |
fort. Scholz nimmt am Vormittag an mehreren hochrangig besetzten Runden | |
teil. Dabei geht es unter anderem um ein geplantes Schutzschild gegen | |
Klimarisiken und den von ihm angestoßenen „Klimaclub“, in dem Staaten sich | |
auf Ziele und Standards für klimafreundlicheres Wirtschaften verständigen | |
sollen. Zudem plant der Kanzler bilaterale Gespräche mit Staats- und | |
Regierungschefs von Ägypten, Pakistan, Kolumbien, Kenia und Tadschikistan. | |
Vor dem Plenum reden am zweiten und letzten Tags des Gipfelsegments zudem | |
erneut Dutzende Staats- und Regierungschefs, unter anderem aus Pakistan, | |
Polen, Südafrika sowie Portugal und der Europäischen Union. Vom | |
ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, dessen Land einen | |
Angriffskrieg Russlands abwehrt, wird eine Videobotschaft erwartet. Der | |
Gipfel dauert bis Ende kommender Woche. Vor Ort am Roten Meer sind 45.000 | |
Teilnehmer registriert. | |
8 Nov 2022 | |
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