| # taz.de -- Datenweitergabe an die Polizei: Verfassungsschützer teilen ungern | |
| > Der Verfassungsschutz dürfte sich über die Entscheidung des | |
| > Bundesverfassungsgerichts freuen. Er teilt Informationen ohnehin lieber | |
| > weniger als mehr. | |
| Bild: Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Chorweiler | |
| Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist keine deutliche Rüge für | |
| den Geheimdienst, wie die Linken-Abgeordnete Martina Renner glaubt. Das | |
| Karlsruher Gericht hat nicht die Praxis der Verfassungsschutzbehörden | |
| kritisiert, sondern den Bundestag als Gesetzgeber. Das Gesetz sehe eine | |
| unverhältnismäßig weitgehende Übermittlungspflicht von | |
| Verfassungsschutzdaten an die Polizei vor, so der Karlsruher Beschluss. Ob | |
| und wie der Verfassungsschutz (VS) diese Übermittlungspflicht umgesetzt | |
| hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens. | |
| Karlsruhe hat nun nicht mehr verlangt als die Beachtung des | |
| Verhältnismäßigkeitsprinzips. Bei der Übermittlung von heimlich gewonnenen | |
| VS-Daten an die Polizei muss eine konkrete Gefahr bestehen oder ein | |
| konkreter Verdacht auf eine bereits begangene schwere | |
| Staatsschutz-Straftat. | |
| Beim Verfassungsschutz werden die Richter damit wohl offene Türen | |
| einrennen. Geheimdienstler teilen ihre Informationen eh nicht gerne und | |
| verstecken sich dabei nur zu bereitwillig hinter dem Datenschutz und | |
| verfassungsgerichtlichen Vorgaben. | |
| So war auch das Versagen der Sicherheitsbehörden gegen den [1][NSU-Terror] | |
| kein Ausdruck heimlicher Kumpanei mit den Nazis, sondern eher Folge von | |
| mangelhafter Auswertung und Weitergabe vorhandener Erkenntnisse. Oft war | |
| der Schutz der Vertraulichkeit von Spitzeln wichtiger als die Nutzung der | |
| gelieferten Informationen. | |
| Dies zeigt: Der [2][Datenaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei | |
| i]st im Prinzip nichts Anrüchiges. Wer für die organisatorische Trennung | |
| von Polizei und Geheimdienst ist, muss auch sicherstellen, dass | |
| Informationen fließen können. Im Interesse der potenziellen Terroropfer | |
| muss die Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsorganen sogar eher noch | |
| verbessert als erschwert werden. | |
| Dass die bisherige Praxis nicht unbedingt exzessiv ist, zeigte auch der | |
| Fall des Klägers im Karlsruher Verfahren. Entgegen seiner Vermutung war der | |
| ehemalige NSU-Helfer Carsten S. gar nicht in der 2012 eingerichteten | |
| Rechtsextremismusdatei gespeichert – weil er schon 2001 aus der Szene | |
| ausgestiegen war. | |
| 4 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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