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# taz.de -- Neue Kampagne gegen sexuelle Gewalt: Und wenn es kein Fremder ist?
> Häufig findet sexueller Missbrauch an Kindern im engeren Umfeld statt.
> Eine Kampagne des Familienministeriums will dafür sensibilisieren.
Bild: Bundesministerin Lisa Paus (l.) und Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte…
Berlin taz | In einer [1][Schulklasse sitzen durchschnittlich ein bis zwei
Schüler:innen], die sexuelle Gewalt erfahren oder erfahren haben. Und
das ist lediglich das sogenannte Hellfeld. Dunkelfeldstudien kommen zu dem
Ergebnis, dass schätzungsweise jede:r siebte bis achte Erwachsene in
Deutschland in der eigenen Kindheit oder Jugend Opfer sexueller Gewalt
wurde.
Dringend nötige Präventionsarbeit werde jedoch oft durch gravierendes
Unwissen und Ignoranz gegenüber den Umständen sexuellen Missbrauchs
verhindert, erklärte [2][die Unabhängige Beauftragte für Fragen des
sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus], am Donnerstag in Berlin.
Gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) stellte Claus eine
neue Kampagne zur Aufklärung über sexuelle Gewalt an Kindern und
Jugendlichen vor.
Die [3][Aktion] mit dem Titel „Schieb den Gedanken nicht weg!“ soll darauf
aufmerksam machen, „dass Missbrauch in den meisten Fällen im vertrauten
Umfeld der Kinder vorkommt“, so Paus. Kerstin Claus und ihre Arbeitsstelle
gehen davon aus, dass drei Viertel aller Missbrauchsfälle bei
Heranwachsenden in der eigenen Familie und im sogenannten sozialen Nahfeld
– etwa Schulen, Sportvereinen oder Einrichtungen der Kinder- und
Jugendhilfe – stattfinden. Und doch halten es 85 Prozent der Befragten
einer [4][Forsa-Umfrage] für „unwahrscheinlich oder ausgeschlossen, dass
sexuelle Gewalt in ihrer eigenen Familie passiert oder passieren kann“.
Claus warnt: „Wir sind alle Meister:innen darin, den Gedanken, dass der
Tatort das engste Umfeld ist, [5][wegzuschieben] und lassen schutzsuchende
Kinder und Jugendliche somit in letzter Instanz im Stich.“ Ändern soll das
die Aufklärungskampagne, die am Freitag anlässlich des Europäischen Tags
zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt
startet.
## Motiv des gemütlichen Kinderzimmers
Die Gestaltung der Plakate und Broschüren spielt mit dem Motiv des
gemütlichen Kinderzimmers. Der typische Satz der Eltern, Kinder sollen
Fremden nicht die Tür öffnen oder mit ihnen nach Hause gehen, wird mit der
Frage gekontert: Und wenn es kein Fremder ist oder die Gefahr schon drinnen
ist?
Der Betroffenenrat, ein Gremium der Unabhängigen Beauftragten, könne sich
mit dem Slogan der Kampagne identifizieren, sagte Ratsmitglied [6][Angela
Marquardt]: „Wenn du Missbrauch vermutest, suche dir Hilfe, kompetente
Ansprechpartner und entwickle selbst Handlungskompetenzen, aber schau nicht
weg“, appellierte Marquardt gegenüber der taz.
Die Kampagne soll nun diese Kompetenzen in der Zivilgesellschaft stärken.
[7][Das Hilfe-Telefon soll bekannter werden], eine bundesweite
Koordinationsstelle soll Aufklärungsmaterial verwalten und Kommunen darin
unterstützen, Beratungsstellen auf- und auszubauen.
Außerdem soll das Amt der Unabhängigen Beauftragten gesetzlich verankert
werden, um eine kontinuierliche Debatte über und [8][verbesserte
Erforschung] von Missbrauchsfällen in Deutschland zu fördern. Claus räumte
jedoch ein, dass die Kampagne das strukturelle und immer wieder auftretende
Problem des Behördenversagens – wie etwa im riesigen
[9][Missbrauchskomplex] in Lügde in NRW – nicht lösen kann.
17 Nov 2022
## LINKS
[1] https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/Content/pdf/Zahlen_und_Fakten/2…
[2] /Kerstin-Claus-ueber-Schutz-vor-Missbrauch/!5860723
[3] https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/startseite
[4] https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/Content/pdf/Zahlen_und_Fakten/U…
[5] /Zahlen-zu-Kindesmissbrauch/!5660648
[6] /Betroffenenrat-gegen-Missbrauch/!5687909
[7] https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/hilfe-telefon
[8] /Sexualisierte-Gewalt-gegen-Kinder/!5855477
[9] /Neuer-Podcast-ueber-Missbrauch/!5865753
## AUTOREN
Tatjana Söding
## TAGS
Sexualisierte Gewalt
Kinderschutz
Familienministerium
Lisa Paus
Kinderpornografie
Kindergrundsicherung
Justizminister
sexueller Missbrauch
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