Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Günstiger öffentlicher Nahverkehr: Ein Bärendienst für den Klim…
> Das 9-Euro-Ticket hatte viele Fans, bald kann man für 49 Euro im Monat
> den Nahverkehr nutzen. Doch für die Verkehrswende braucht es andere
> Maßnahmen.
Bild: Die einen feiern das 9-Euro-Ticket, die anderen kritisieren das Konzept, …
Es leben nicht nur arme Menschen in Deutschland. Zum Glück geht es den
meisten gut. Diese Tatsache wird jedoch schnell vergessen, sobald es um das
eigene Lieblingsprojekt geht. Dann scheint es nur noch Benachteiligte zu
geben, die dringend staatlich gefördert werden müssen. Diese seltsame Logik
zeigt sich auch beim Nahverkehr. Im Sommer gab es das 9-Euro-Ticket,
demnächst soll ein 49-Euro-Ticket folgen.
Bis heute wird geschwärmt, dass das 9-Euro-Ticket [1][die „soziale
Teilhabe“ ermöglicht hätte], weil alle BürgerInnen für billig Geld Busse
und Bahnen besteigen konnten. Um Missverständnisse zu vermeiden: Es ist
richtig, Arme zu subventionieren, damit auch sie ins Grüne fahren können.
Aber im Sommer waren nicht nur Bedürftige unterwegs, denn insgesamt wurden
in 3 Monaten 52 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft.
Immerhin einen guten Grund gab es für den 9-Euro-Unsinn: Noch blöder war
nämlich der „Tankrabatt“, der alle Autofahrer subventionierte – wobei die
Besitzer von spritfressenden Luxuskarossen besonders sparten. Es war also
nur gerecht, dass auch die ÖPNV-FahrerInnen vom Regierungswahnsinn
profitierten.
Doch die 9-Euro-Fans bringen noch ein zweites Argument vor: [2][Sie
behaupten, dass der Billig-Fahrschein einen Beitrag zum Klimaschutz
geleistet hätte], weil AutofahrerInnen auf Bahn und Bus umgestiegen wären.
Richtig ist, dass viele Züge so überfüllt waren, dass Eltern mit
Kinderwagen leider keinen Platz mehr fanden und auf dem Bahnsteig
zurückblieben. Radfahrer konnten Ähnliches erleben. Aber für die
Überfüllung sorgten nicht nur einstige Autofahrer – sondern auch klassische
Bahnfahrer, die nun noch mehr Bahn fuhren, um ihr 9-Euro-Ticket
auszunutzen.
Jetzt soll also das 49-Euro-Ticket kommen. Den Staat wird es pro Jahr
mindestens drei Milliarden Euro kosten, aber diese Riesensumme ist
angeblich gut angelegt – um zumindest einige AutofahrerInnen in Busse und
Bahnen umzulenken. Dieses Lockangebot dürfte funktionieren. Trotzdem ist es
kein Klimaschutz, sondern behindert ihn sogar.
Das fatale Signal ist nämlich: Klimaschutz ist nur zumutbar, wenn er billig
ist. Leider ist das Gegenteil wahr. Es wird sehr teuer, die gesamte
Wirtschaft auf Ökostrom umzustellen. Auch der Nahverkehr ist nicht umsonst
zu haben; Bahnen und Busse benötigen Personal, Energie und Infrastruktur.
Zudem dürfte der Autoverkehr gar nicht abnehmen, nur weil einige
Pkw-Pendler in die Bahn umsteigen. Wenn die Straßen leerer werden und
weniger Staus drohen, könnten viele Nochautofahrer verleitet sein,
Extratouren zu planen. Dieser Bumerangeffekt ist altbekannt.
Das 49-Euro-Ticket krankt an dem Irrglauben, es würde reichen, den
BürgerInnen „Angebote“ zu machen, damit der Klimaschutz vorankommt. Wahr
ist jedoch das Umgekehrte: Man muss das Autofahren erschweren, indem es
beispielsweise kaum noch öffentliche Parkplätze gibt. Dann steigen die
Pkw-Nutzer automatisch um. [3][Freiburg hat es vorgemach]t: Dort kostet es
jetzt bis zu 480 Euro im Jahr, sein Auto abzustellen. Natürlich sollten
Bahnen und Busse attraktiv sein. Aber dieser Service kostet. Hilfen darf
nur erhalten, wer wirklich arm ist – und nicht, wer sich künstlich arm
rechnet.
12 Nov 2022
## LINKS
[1] /Das-49-Euro-Ticket-kommt/!5889162
[2] /Auslaufendes-9-Euro-Ticket/!5874560
[3] https://www.freiburger-nachrichten.ch/wie-viel-soll-ein-parkplatz-in-der-st…
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Verkehrswende
Schwerpunkt Klimawandel
Zukunft
9-Euro-Ticket
Kolumne Cash & Crash
ÖPNV
Kolumne Cash & Crash
Verkehrswende
9-Euro-Ticket
9-Euro-Ticket
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wohnungsnot und Klimaschutz: Neubau ist keine Lösung
Wer eine neue Bleibe sucht, ist oft verzweifelt. Trotzdem: Es gibt in
Deutschland nicht zu wenig Wohnraum. Er ist nur falsch verteilt.
Bundesweites 49-Euro-Ticket: Drei Milliarden sind nicht genug
Bund und Länder sollen die Ausgaben für das 49-Euro-Ticket übernehmen,
fordert der Fahrgastverband. Es ist unklar, ob das bereitgestellte Geld
reicht.
Einigung auf 49-Euro-Ticket: Mobilität für alle ist machbar
Die neue Flatrate macht den ÖPNV für viele Menschen attraktiver. Damit das
so bleibt, müssen jetzt die Kommunen mit eigenen Angeboten nachlegen.
Das 49-Euro-Ticket kommt: Gleiches Spaß-Recht für alle
Kritiker*innen von vergünstigten Tickets beklagen, diese würden nur für
Freizeitspaß genutzt werden. Na und?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.