# taz.de -- Reform des EU-Stabilitätspakts: Doch keine „Atombombe“ | |
> Die EU-Kommission schlägt minimale Änderungen am Euro-Stabilitätspakt | |
> vor. Mit monatelanger Verzögerung hat Brüssel die Reform am Mittwoch | |
> vorgelegt. | |
Bild: EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentilone am 9. November in Brüssel | |
BRÜSSEL taz | Vor dem Hintergrund wachsender Schulden, steigender Zinsen | |
und einer drohenden Rezession setzt die EU-Kommission auf mehr | |
Budgetdisziplin in der Eurozone. Dies geht aus einem Vorschlag zur Reform | |
des [1][Stabilitätspakts] hervor, den die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit | |
monatelanger Verzögerung vorgelegt hat. Ursprünglich sollte die Reform der | |
umstrittenen europäischen Schuldenregeln, die seit Beginn der | |
Coronapandemie 2020 ausgesetzt sind, schon in diesem Frühjahr beginnen. | |
Doch Deutschland stand auf der Bremse. Damals hatte Frankreich den | |
EU-Vorsitz inne und wollte die Regeln am liebsten ganz abschaffen. | |
Von der erhofften großen Reform bleibt im Kommissionsvorschlag nicht viel | |
übrig. An den im Maastricht-Vertrag von 1992 verankerten Grundregeln – die | |
Neuverschuldung wird auf 3 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt, der | |
Schuldenstand auf 60 Prozent – wird weiter nicht gerüttelt. | |
Neu ist, dass eine Regel zum Schuldenabbau wegfällt. Sie sah vor, dass | |
klamme Länder wie [2][Italien oder Griechenland] den Schuldenstand binnen | |
zwanzig Jahren auf 60 Prozent senken müssen. Diese Regel wurde allerdings | |
nie eingehalten, denn dies wäre nur mit harten Kürzungen und utopischen | |
Budgetüberschüssen möglich. | |
An ihre Stelle sollen nun individuelle „Pfade“ zum Abbau der Schulden | |
rücken, die Brüssel mit den Problemländern vereinbart. Diese sollen künftig | |
vier Jahre Zeit erhalten, um einen nachhaltigen Schuldenabbau einzuleiten. | |
Diese Frist kann auf sieben Jahre verlängert werden, wenn die Regierung | |
sich den Brüsseler Vorgaben fügt. | |
## Deutschland muss nichts befürchten | |
Die Kommission schlägt zudem vor, Verstöße konsequenter zu ahnden. Schon | |
kleine Abweichungen vom Entschuldungspfad sollen bestraft werden. | |
Allerdings soll es keine „Atombombe“ mehr geben – also sehr hohe | |
Geldstrafen – sondern „smarte Sanktionen“, so ein EU-Beamter. Man werde | |
sich an den Millionenstrafen bei Vertragsverletzungen zum Beispiel gegen | |
Umweltrecht orientieren, hieß es. | |
Kaum Änderungen gibt es bei wirtschaftlichen Ungleichgewichten, wie sie | |
Deutschland wegen seines Leistungsbilanzüberschusses seit Jahren aufweist. | |
Man plane „keine Revolution“, sagte der EU-Beamte. Allerdings wolle man | |
künftig mehr die Gesamtlage betrachten und weniger einzelne Länder. | |
Deutschland muss also nichts befürchten. | |
Der EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis schlägt eine „Blaupause für | |
eine einfachere und effizientere ökonomische Governance“ vor. Die | |
Kommission wolle sowohl „das Wachstum fördern als auch die | |
Schuldentragfähigkeit sichern“, erklärte sein Kollege Paolo Gentiloni, | |
„Ziele, die sich miteinander ergänzen“. | |
Im Europaparlament stießen die Vorschläge auf ein geteiltes Echo. Die | |
Kommission erkenne zwar an, dass ein „massiver Investitionsbedarf“ bestehe, | |
so der wirtschaftspolitische Sprecher der Europa-SPD, Joachim Schuster. | |
„Sie gibt allerdings keine Antwort auf die Frage, wie diese dringend | |
notwendigen Investitionen finanziert werden sollen.“ | |
Der CSU-Politiker Markus Ferber warf der Kommission „Scheitern“ vor: | |
Brüssel habe die Regeln nie konsequent durchgesetzt. Zudem schaffe Berlin | |
mit dem neuen Schattenhaushalt [3][von 200 Milliarden Euro für den | |
„Doppelwumms“] einen „problematischen Präzedenzfall“. Die Vorschläge … | |
vom Parlament und den 27 EU-Staaten angenommen werden. Bis zum Frühjahr | |
2023 wird eine Einigung angestrebt. | |
9 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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