# taz.de -- Diplomatie im Ukraine-Krieg: Israel in politischer Zwickmühle | |
> Wegen iranischer Drohnenangriffe fordern Beobachter Waffenlieferungen | |
> durch Israel. Dort ist man skeptisch, auch wegen der Abhängigkeit von | |
> Russland. | |
Bild: Drohne vor dem Abschuss über Kiew | |
TEL AVIV taz | „Wir sind natürlich der Meinung, dass die Beziehungen | |
zwischen Russland und dem Iran nicht nur für Israel, sondern auch für die | |
Ukraine, Europa und die ganze Welt ein ernstes Problem darstellen“, sagte | |
der [1][israelische Ministerpräsident Yair Lapid] am vergangenen Donnerstag | |
gegenüber dem unabhängigen russischsprachigen Sender RTVi. | |
Seitdem sich vergangene Woche die Hinweise häuften, dass Israels Erzfeind | |
Iran aktiv aufseiten Russlands am Krieg beteiligt ist, entbrennt die | |
Debatte in Israel über Waffenlieferungen erneut. Iran soll Russland mit | |
[2][sogenannten Killerdrohnen] versorgen und ballistische Raketen schicken. | |
Israel könnte mit seinen hochentwickelten Abwehrsystemen der Ukraine | |
wichtige Hilfe leisten. Doch Lieferungen von Abwehrsystemen schiebt | |
Verteidigungsminister Benny Gantz nach wie vor einen Riegel vor und | |
verärgert damit Kiew. Stattdessen stellte er den Ukrainer*innen ein | |
Frühwarnsystem in Aussicht: „Israels Politik besteht darin, die Ukraine mit | |
humanitärer Hilfe zu unterstützen – und mit der Lieferung lebensrettender, | |
defensiver Ausrüstung“, sagte Gantz am vergangenen Mittwoch gegenüber | |
Abgesandten der EU. Humanitäre Hilfe ja, Waffen nein, lautet seit | |
Kriegsbeginn zwischen Russland und der Ukraine vor acht Monaten das Credo | |
Israels. | |
Israel findet sich seit der russischen Invasion in der Ukraine in einer | |
Zwickmühle wieder. Einerseits positioniert sich Israel auf der Seite der | |
Ukraine und verurteilt die Invasion. Gleichzeitig ist Jerusalem darauf | |
bedacht, die Beziehungen zu Moskau nicht zu beschädigen. Dabei geht es | |
nicht nur um die große Popularität, die Putin unter vielen Israelis | |
genießt, sondern auch um sicherheitspolitische Erwägungen vor der Haustür. | |
Denn Russland kontrolliert den Luftraum über Syrien und erlaubt dort der | |
israelischen Luftwaffe, Angriffe gegen die von dem Iran aufgebaute | |
Hisbollah durchzuführen. | |
Vorbehalte gegen Waffenlieferungen | |
Stimmen, die sich für ein stärkeres Auftreten aufseiten der Ukraine | |
aussprechen, mehren sich jedoch. „Es gibt keinen Zweifel mehr, wo Israel in | |
diesem blutigen Konflikt stehen sollte“, twitterte Diaspora-Minister | |
Nachman Shai vor einer Woche und stellte damit die Position der Regierung | |
infrage: „Es ist an der Zeit, dass auch die Ukraine militärische Hilfe | |
erhält, so wie es die USA und die Nato-Länder tun.“ Auch der Militärexperte | |
Amos Yadlin spricht sich dafür aus, dass Israel sich mehr für die Ukraine | |
einsetzt und sich so auch eindeutig aufseiten der Nato und der USA gegen | |
den Iran positioniert. | |
Yadlin wie auch andere Militärexperten äußern jedoch Vorbehalte, [3][den | |
Abwehrschirm Iron Dome] zu liefern, wie der ukrainische Präsident Wolodimir | |
Selenski gefordert hatte. Israel habe selber keine ausreichende Anzahl. | |
Hinzu komme, dass die Bedienung des Systems geheim sei und somit | |
israelische Soldat*innen vor Ort sein müssten. Außerdem besteht die | |
Sorge, dass das System in die Hände Russlands oder des Iran gelange. | |
Allerdings, betont Yadlin, würden einfachere Flugabwehrsysteme gegen die | |
langsam und tief fliegenden iranischen Drohnen greifen. Diese könnte Israel | |
in Yadlins Augen liefern. | |
Am 1. November wird in Israel ein neues Parlament gewählt. Eine | |
grundlegende Änderung des israelischen Kurses vor diesem Datum ist | |
unwahrscheinlich. Die beiden Opponenten Benjamin Netanjahu und Yair Lapid | |
haben beide angekündigt, die Frage im Falle eines Wahlsieges erneut zu | |
überprüfen. | |
25 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-in-Israel/!5885290 | |
[2] /Aktuelle-Lage-in-der-Ukraine/!5888413 | |
[3] /Kauf-von-Luftabwehrsystem/!5841732 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Israel | |
Schwerpunkt Iran | |
GNS | |
Israel | |
Kriminalität | |
Schwerpunkt Iran | |
IS-Terror | |
Frauenmord | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Israel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Israelischer Raketenangriff auf Syrien: Explosionen nach Mitternacht | |
Bis zu 15 Menschen kommen bei einem israelischen Raketenangriff in Damaskus | |
ums Leben. Ziel sollen Einrichtungen der Hisbollah geweseh sein. | |
Kriegswaffen in Händen Krimineller: Sturmgewehre auch in Finnland | |
Waffenlieferungen für die Ukraine sind laut Helsinkis Polizei bei | |
skandinavischen Kriminellen gelandet. Doch die Ermittler geben sich gut | |
vorbereitet. | |
Unterstützung der Proteste in Iran: Solidarität zwischen Feinden | |
In Tel Aviv haben sich am Wochenende etwa hundert Menschen versammelt, um | |
ihre Solidarität mit den Menschen in Iran zu bekunden. | |
Proteste und Terror in Iran: Tote bei Anschlag in Schiras | |
40 Tage nach dem Tod von Jina Mahsa demonstrierten am Mittwoch tausende | |
Menschen. Bei einem mutmaßlichen Terroranschlag starben 15 Menschen. | |
Proteste in Iran: Ende der 40-tägigen Trauer um Amini | |
In Iran dauert die Trauerzeit traditionell 40 Tage. Die sind nun seit dem | |
Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini vergangen. Es wird mit heftigen | |
Protesten gerechnet. | |
Gewalt im Westjordanland: Rumoren in der Höhle des Löwen | |
Die Gewaltspirale im Westjordanland dreht sich weiter. Die israelische | |
Armee sollte die Razzien aussetzen – und Abbas endlich handeln. | |
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Geflüchtete, bleibt im Winter fern! | |
Die ukrainische Regierung ruft geflüchtete Landsleute dazu auf, im Winter | |
im Ausland zu bleiben. Es gebe vielfach kaum Strom, keine Heizung, kein | |
Wasser. | |
Umweltschäden in der Ukraine: Die Natur schreit | |
Ein Nationalpark ist verwüstet, im Asowschen Meer sterben Delfine wegen | |
verschmutzter Gewässer. Wie der Krieg in der Ukraine die Natur zerstört. | |
Iranische Kamikazedrohnen: Steuerbare Sprengsätze | |
In Kiew haben Kamikazedrohnen für Chaos gesorgt. Relativ billig und | |
effektiv werden solche in Iran produziert. Die USA drohen darum mit | |
Sanktionen. | |
Israels Blick auf den Ukraine-Krieg: Diplomatische Zwickmühle | |
Außenpolitisch ist Israel sowohl von Russland als auch von den USA | |
abhängig. Auf Moskaus Angriffskrieg reagiert das Land deshalb | |
unentschlossen. |