| # taz.de -- Azubis in Berlin: Die Leere in der Lehre | |
| > Ausbildungsplätze sind rar in Berlin: Nur 17 Prozent der Betriebe bilden | |
| > aus. Groß ist der Andrang auf alle Berufe, die mit Klimaschutz zu tun | |
| > haben. | |
| Bild: Hat immer was zu essen, aber auch harte Arbeitszeiten: Köche in der Gast… | |
| Berlin taz | Wer in Berlin einen Ausbildungsplatz sucht, hat es mitunter | |
| nicht leicht: Abgesehen von den hohen Mietkosten, die mit einer | |
| Ausbildungsvergütung von im Schnitt gerade mal 990 Euro oft nicht zu | |
| finanzieren sind, kommen in der Hauptstadt auf jede freie Stelle im Schnitt | |
| 1,4 Bewerber*innen. Im Ausbildungsjahr 21/22 blieben daher [1][trotz eines | |
| Plus an Plätzen mehr als 3.000 junge Menschen ohne Lehrstelle]. | |
| Die Chefin der hiesigen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, | |
| Ramona Schröder, warb bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag dann | |
| auch für einen Blick ins Umland, wo es 2.000 offene Lehrstellen gibt: „Die | |
| Vielzahl der Brandenburger Ausbildungsplätze steht auch Bewerberinnen und | |
| Bewerbern aus Berlin zur Verfügung. Die Anbindung mit den Verkehrsmitteln | |
| verbessert sich stetig.“ | |
| Ob das stimmt, darüber lässt sich sicher streiten; unstrittig ist, dass die | |
| Zahl der Ausbildungsplätze gesteigert werden muss, um dem sich | |
| verschärfenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So liegt die | |
| Ausbildungsquote in Berlin deutlich unter dem Bundesdurchschnitt: Nur 17 | |
| Prozent der Betriebe bilden überhaupt aus, bundesweit sind es 28 Prozent. | |
| „Wir können nicht hinnehmen, dass so viele junge Menschen ohne berufliche | |
| Perspektive bleiben“, so die Senatorin für Arbeit und Soziales, Katja | |
| Kipping (Linke), am Donnerstag. | |
| Wie mehr Ausbildungsplätze in Berlin geschaffen werden können, darüber gibt | |
| es unterschiedliche Vorstellungen. Rot-Grün-Rot will künftig mit einer | |
| Ausbildungsplatzumlage Betriebe unterstützen, die überproportional | |
| ausbilden, und diejenigen zur Kasse bitten, die dies zu wenig oder gar | |
| nicht tun. | |
| Bei den Unternehmen kommt das naturgemäß gar nicht gut an: Als ein „teures | |
| Bürokratiemonster“, das die Dinge nicht verbessert, bezeichnet Thoralf | |
| Marks von den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg (UVB) das Vorhaben. | |
| Für den Vizepräsidenten der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK), | |
| Stefan Spieker, werden durch die Umlage Unternehmen bestraft, „die heute | |
| schon ausbilden wollen, aber keine Bewerber finden“. | |
| Denn trotz des Überangebots an Ausbildungswilligen blieben zwischen Oktober | |
| 2021 und Ende September 2022 rund 1.500 Ausbildungsstellen unbesetzt. Die | |
| Schuld dafür sehen die Unternehmensverbände vor allem bei den jungen | |
| Menschen selbst: So konstatiert die IHK eine „hohe Ausbildungsbereitschaft | |
| bei den Betrieben“ auf der einen, und eine „mangelnde Ausbildungsfähigkeit | |
| der Jugendlichen“ auf der anderen Seite. „Das Hauptproblem, in Berlin ist | |
| die Schulqualität“, weist auch UVB-Funktionär Marks jegliche Verantwortung | |
| von sich. | |
| Doch die Betriebe tragen auch Mitschuld daran, dass so viele | |
| Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben: Das zeigt die hohe Abbrecherquote von | |
| 35 Prozent. Die Gründe dafür, so die stellvertretende DGB-Vorsitzende Nele | |
| Techen, würden neben falschen Vorstellungen von der Ausbildungsstelle vor | |
| allem in der Qualität der Ausbildung liegen. Geringe Löhne und viele | |
| Überstunden sind für junge Menschen eben nicht sonderlich attraktiv. Dass | |
| in Berlin bei sinkender Tendenz nur 14 Prozent aller Unternehmen | |
| tarifgebunden sind – bundesweit sind es 25 –, dürfte die Sache nicht besser | |
| machen. | |
| ## Niemand will ins Hotel | |
| Besonders unbeliebt sind bei den Jugendlichen nach wie vor die Bereiche | |
| Gastronomie und Hotellerie, also Branchen mit hoher Arbeitsbelastung und | |
| niedriger Entlohnung. Alles was mit IT und der Veranstaltungsbranche zu tun | |
| hat, steht laut Schröder hingegen hoch im Kurs. | |
| Das Handwerk profitiert derweil von dem steigenden Bewusstsein junger Leute | |
| für mehr Klimaschutz. So würden die meisten Ausbildungsverträge in | |
| Bereichen abgeschlossen, die etwas mit der Energiewende zu tun haben, etwa | |
| in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. „Wer Klimaretter werden will, | |
| ist im Handwerk gut aufgehoben“, so Jürgen Wittke von der Handwerkskammer | |
| Berlin. „Wir setzen die Energiewende in die Realität um.“ | |
| 3 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
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