Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Personalwechsel bei Schalke 04: Sogar auf das Chaos vorbereitet
> Nach dem Abgang von Sportdirektor Rouven Schröder und der Verpflichtung
> von Trainer Thomas Reis will Schalke zeigen, dass man die Kontrolle hat.
Bild: Schalkes neuer Trainer Thomas Reis soll das Ruder herumreißen
So ein kleiner persönlicher Rückblick kann beim Einstieg in eine neue
Aufgabe hilfreich sein. Thomas Reis setzte diesen Gedanken bei seinem
frisch angetretenen Engagement beim FC Schalke 04 so beherzt um, dass er
sich nicht nur – betont selbstbewusst – für seine Mitte September
unfreiwillig beendete [1][letzte Tätigkeit in Bochum] lobte. Sondern er
blätterte in seiner Vita noch ein ganzes Stück weiter zurück, landete in
der eigenen Profikarriere – aus der er dann zu berichten wusste: „Ich habe
als Spieler mit Bochum schon hier gespielt, und es ging immer ums
Prestige.“ So weit, so erwartbar. Doch dann fügte Reis noch hinzu: „Das
Ganze ist mehr als eine Nummer größer.“
Die unterschiedliche Strahlkraft der beiden Revierklubs, die aktuell
einträchtig ganz unten im Bundesliga-Tableau stehen, war seitens des neuen
S04-Trainers somit geklärt. Nun geht es um die nahe Zukunft – und die
reicht gerade bei den Gelsenkirchenern momentan bis zum 12. November. Dann
empfangen die Königsblauen die Bayern zu ihrer letzten Partie vor der
langen WM- und Winterpause. Anschließend wird Inventur gemacht – um zu
sehen, wie groß die Anstrengungen ausfallen müssen, um den direkten
Wiederabstieg zu verhindern.
„Wichtig ist, dass man lernt, wieder stolz zu sein, diese Farben zu
tragen“, sagt Thomas Reis. Dies wolle er mit der Mannschaft jetzt angehen –
denn von dem unbändigen Stolz, den die Gelsenkirchener im Frühjahr, [2][als
Zweitligameister] umgehend in die erste Fußball-Klasse zurückgekehrt,
verspürten, ist kaum etwas übrig. Zu schwach, zu harmlos, zu nichtssagend
waren die Auftritte, die das Team unter dem im Sommer verpflichteten
Cheftrainer Frank Kramer aneinanderreihten.
Kramer, im April erst beim späteren Absteiger Bielefeld entlassen, musste
vor zehn Tagen, nach dem desaströsen 1:5 im Pokal in Hoffenheim, gehen. Nun
hat der Bochumer Aufstiegstrainer Reis sein sportliches Erbe angetreten.
Die Herausforderung, den Klassenerhalt zu schaffen, sei „ohne Frage ein
große“, sagt der 49-Jährige dazu mit großem Realitätssinn, erläutert aber
zugleich: „Mut zum Risiko gehört dazu.“
## „Schalke brennt nicht“
Der Mut und vor allem die Kraft, dieses anspruchsvolle Unterfangen weiter
zu begleiten, haben Rouven Schröder gerade verlassen. Am Tag vor Reis’
Einstellung auf Schalke quittierte der gebürtige Sauerländer dort seinen
Job als Sportdirektor. Eine sehr ungewöhnliche Konstellation – weswegen
sich Sportvorstand Peter Knäbel am Donnerstag auch mit der Feststellung
konfrontiert sah, auf dem Berger Feld habe tags zuvor [3][mal wieder das
Chaos regiert].
Dem trat Knäbel, der kommissarisch einen Großteil von Schröders Aufgaben
übernimmt, entgegen: „Alle sagen, Schalke brennt. Aber Schalke brennt nicht
– weil wir vorbereitet waren.“ Vorbereitet auch auf den Abmarsch von
Schröder. Der frühere Mainzer Manager war nach seinem Einstieg bei S04 im
Sommer 2021 dafür gefeiert worden, mit sehr überschaubaren finanziellen
Mitteln einen Kader zusammengezimmert zu haben, mit dem postwendend der
Wiederaufstieg gelang.
Der nächste Umbruch vor dieser Saison, in einem wirtschaftlich ebenfalls
engen Korsett, glückte dann weniger gut. Passend war daher der Kommentar,
mit dem sich Schröder, dessen Vertrag auf Schalke ruht, Mitte der Woche
verabschiedete. „Gemeinsam haben wir 18 höchst intensive Monate erlebt“,
erklärte der 47-Jährige.
Um auf Schalke arbeiten zu dürfen, beteiligte sich Übungsleiter Reis nun
sogar selbst finanziell an dem Auflösungsvertrag mit dem VfL Bochum. Und
mit der Partie gegen Freiburg, frischgebackener Gruppensieger in der Europa
League, beginnt für ihn und sein Ensemble am Sonntag eine Miniserie von
vier Spielen – nach der dann gezielt Nabelschau betrieben werden soll. Mal
wieder.
Kurz vor seinem Abschied sprach Rouven Schröder von einer „für unseren
Verein wegweisenden Rückrunde“. Wie der Kader des derzeitigen
Liga-Schlusslichts bei Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der zweiten
Januarhälfte aussieht, steht aktuell in den Sternen. „Wir gucken, was
möglich ist und werden versuchen, uns im Winter zu verbessern“, kündigt
Knäbel an. Bis es so weit ist, pocht der neue Coach aber erst einmal auf
den Faktor Stolz. „Jetzt schon über Bedarf im Winter zu reden, fände ich
dem Team gegenüber unfair“, betont Thomas Reis – und macht den Schalkern
verbal schon mal Beine: „Jeder hat nun ein paar Spiele Zeit zu zeigen, dass
man mehr drauf hat.“
29 Oct 2022
## LINKS
[1] /VfL-Bochum-schafft-Klassenerhalt/!5847609
[2] /Schalke-04-ist-wieder-erstklassig/!5850962
[3] /Trainerentlassung-bei-Schalke-04/!5712861
## AUTOREN
Andreas Morbach
## TAGS
Schalke 04
Trainer
Abstiegskampf
TSG Hoffenheim
Schalke 04
Kolumne Kulturbeutel
Nordrhein-Westfalen-Wahl 2022
Schalke 04
Schalke 04
## ARTIKEL ZUM THEMA
Misserfolg in der Männer-Bundesliga: Vier Farben Blau
In der Fußball-Bundesliga schwächeln die Vereine mit blauen Farben seit
Ewigkeiten. Was steckt dahinter?
Schalke in der Männer-Bundesliga: Brüllen gegen den Abstieg
Beim 2:1-Heimerfolg der Schalker gegen Stuttgart entfaltet das Publikum
seine besondere Wucht. Sie befördern beim Tabellenletzten neue
Willenskraft.
Kreative Fußballfans: Kunst und Verbrechen
Bei Schalke gibt es Kunst zu sehen – schöner, als es die Polizei erlaubt.
Andernorts ist gar nichts erlaubt, nicht einmal das betreten der Stadt.
Schalke 04 als Fußballkosmos: Ganz großes Drama
Noch ein Text über den Schalker Fußballkosmos? Klar, es kann gar nicht
genug davon geben. So wie die Fans nie genug haben können von ihrem Klub.
Schalke 04 ist wieder erstklassig: Eine Herzensgeschichte
Schalke 04 gelingt nicht nur der direkte Wiederaufstieg, sondern auch die
Neuaufstellung eines rundum heruntergewirtschafteten Vereins.
Schalke 04 und sein russischer Sponsor: Schauriger Partner
Schalke 04 wirbt wegen des Kriegs in der Ukraine nicht mehr für den
russischen Staatskonzern Gazprom. Und bezahlt für Fehler aus der
Vergangenheit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.